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von thomas_f » 16.04.2012, 16:38
Ich habe ein ganz ähnliches Schippertje von Hans van Ee (Lowlands Legacy) gekauft, und spinne auch sonst meist zweifädig. Ein bisschen technischer Hintergrund:
Harter und weicher Einzug. Je fester du die Antriebsschnur spannst -- das machst du mit der besagten Schraube, mit der du den Flügel etwas rauf- oder runterschraubst --, desto unnachgiebiger und härter wird der Einzug. Das willst du eigentlich aber nicht, du möchtest ihn nur gerade so hart, dass das Garn sauber auf die Spule wandert, wenn du es dem Rad überlässt, bzw. so weich, dass das Rad dir das Garn nicht aus der Hand rupft, wenn es noch nicht fertig verdreht ist. Je voller die Spule wird, desto weicher wird der Einzug (Hebelgesetze), du musst also ab und zu mal nachjustieren, damit noch sauber aufgewickelt wird.
Drall, Einzugsgeschwindigkeit und Auszugsgeschwindigkeit Wieviel Drall pro cm Garn entstehen, ist keine Frage der Radeinstellung sondern es liegt "in deiner Hand": ziehst du die Fasern schneller aus und überlässt du dem Rad das Garn schneller, kann es schneller aufwickeln und es macht nicht so viele Umdrehungen Drall pro eingezogenem/aufgewickeltem cm Garn. Ziehst du langsamer aus, hältst also das Garn gegen den weichen Einzug mehr zurück, bekommst du entsprechend mehr Drall auf jeden cm Garn.
Schnellster Einzug Eine Besonderheit beim zweifädigen Rad ist, dass es das Garn nicht "endlos" schnell einziehen kann. Wieviel Garn es pro Flügelumdrehung maximal auf die Spule wickeln kann, hängt von zwei Größen ab:
1. von dem Größenverhältnis der beiden Wirtel (Spule und Flügel): Je größer der Unterschied, desto schneller kann das Rad aufwickeln.
2. davon, wie voll die Spule ist: je voller die Spule bzw. je dicker der Spulenkern ist, desto schneller kann das Rad einziehen (= aufwickeln).
Und es wickelt natürlich maximal nur so viel auf, wie du ihm gibst (s.o., Auszugsgeschwindigkeit).
Zum Effekt "zu viel Drall" kommt es also aus eimem oder mehreren dieser Gründe:
- zu langsam ausgezogen
- zu ungleichmäßig schnell ausgezogen (man kann bei diesem Rad eine Ausziehpause nur bedingt durch schnelles Einziehenlassen wieder ausgleichen)
- Einzug zu weich eingestellt oder Störung im Garnverlauf -- um ein Häkchen gewickelt, rauhe Stelle am Einzugsröhrchen
- zu dickes Garn: die Schippertjes waren oft für relativ dünnes Garn gedacht. Dünnes Garn braucht viel mehr Drall pro cm Garnlänge als dickes. Daher ist der Unterschied zwischen den Durchmessern von Spulen- und Flügelwirtel meist nicht sehr groß. Deutlich dickeres Garn (oder z.B. beim Verzwirnen), das gerade noch durchs Loch geht, wird dann viel zu arg verdrallt.
Zum Vergleich: Das flügelgebremste Rad kann so "schnell" einziehen, dass kein bisschen Drall ins Garn kommt -- man könnte damit bspw. fertiges Garn von einer Spule auf eine andere wickeln, ohne dass das Garn sich verändert. Beim spulengebremsten Rad kommt immer wenigstens eine Umdrehung Drall pro Spulenumfang ins Garn. Bei unseren zweifädigen Rädern bekommst du geschätzt(!) mindestens 5 bis 10 Dralldrehungen pro Spulenumfang ins Garn.
Zum Treten:
Dass das Rad sich nicht in die falsche Richtung dreht, ist Übungssache, wie avignon schon beschrieb: Man muss mal ohne Garn und Fasern ein paar Viertelstündchen üben, und ein Gefühl fürs Rad bekommen: Wie langsam kann ich treten, ohne dass das Rad stehenbleibt, wo liegt meine Wohlfühlgeschwindigkeit, wie starte ich es am besten, wie halte ich es am besten an usw. Wenn es dabei knarzt und reibt, ruft es nach ein bisschen Öl, Fett oder Paraffin (Teelicht o.ä.). Je leichter das Rad läuft, desto langsamer und gleichmäßiger kann ich treten. Je langsamer ich treten kann, desto besser kann ich mich auf das Spinnen konzentrieren.
Die Schippertjes mit ihrem relativ kleinen Schwungrad und dem Einzeltritt muss man mit einer etwas größeren Geschwindigkeit treten, damit sie "rund" laufen, als ein Rad mit großem Schwungrad und/oder Doppeltritt. Dabei brauchts dann auch eine entsprechend größere Geschwindigkeit beim Ausziehen der Fasern bzw. beim Rädchenfüttern. Das kann man schön üben, indem man mal versucht, aus einem Knäuel Kaufwolle den Zwirndrall herauszuspinnen. Wenn die Spule voll ist, kann man ihn auf eine zweite Spule wieder hineinspinnen. Das erspart einem zum Üben den Kampf mit dem Faserbündel und man hat Ruhe zum Beobachten dessen, was da mit dem Garn passiert.
Viel Freude mit euren hübschen Rädchen + beste Grüße -- Thomas