an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Selbstbau von Handarbeitsgeräten

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von shorty » 27.08.2011, 18:24

Ich glaub ist wie bei Thomas, wir reden aneinander vorbei.
Da gehts nicht um glatt oder weniger glatt ;-) Es gibt auch schöne Industriewollen, von Isager z.B.

Ich versuchs mal mit nem anderen Beispiel

Ist wie wenn man Fischstäbchen mit nem frischen Fisch vom Fischer direkt abgeholt vergleicht.
Fisch ist beides, zubereitet ebenso,satt macht auch beides, ist trotzdem nicht das gleiche :-)

Nachtrag
Ach ja um das noch zu vervollständigen, Befürworter wirst Du für beide Sorten Fisch finden ;-)
Jetzt sind wir aber schon ganz schön OT :O
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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von kaha » 27.08.2011, 18:56

shorty hat geschrieben:Ich glaub ist wie bei Thomas, wir reden aneinander vorbei.
Da gehts nicht um glatt oder weniger glatt ;-) Es gibt auch schöne Industriewollen, von Isager z.B.
Ist mir schon klar, dass es nicht nur darum geht, es war halt hier angesprochen, also habe ich es aufgegriffen.
Ist wie wenn man Fischstäbchen mit nem frischen Fisch vom Fischer direkt abgeholt vergleicht.
Fisch ist beides, zubereitet ebenso,satt macht auch beides, ist trotzdem nicht das gleiche :-)
Und genau diese Übertragung auf Wolle würde ich nicht bestätigen. Industrieell gefertiges Wollgarn ist nicht automatisch so weit vom fangfrischen Fisch weg wie Fischstäbchen, das wäre ja eher Vergleich Rohwolle, Industriegarn. Fie Zubereitungsstufen von Fisch beim Fischer und Fischstäbchen sind recht unterschiedlich. Wäre vllt interessant selbstgemachte Fischstäbchen mit den gekauften zu vergleichen. :)

Ich seh's mit der Wolle ähnlich wie mit dem Gemüse:
Ein Gericht (=Pulli, Tuch etc) aus TK-Gemüse aus dem Geschäft (=industr. hergestelltes Garn) schmeckt nicht automatisch weniger gemüsig oder frisch als eines aus Gemüse aus dem eigenen Garten (=Wolle, die man selbst als Rohwolle erhalten und entsprechend verarbeitet hat) - und erst recht nicht als eines aus Gemüse vom Händler (=Wolle aus gekauftem Kardenband/Kammzug).
Und im fertigen Gericht hängt es nochmal ziemlich vom Rezept ab, wie sehr man diese Unterschiede überhaupt rauszuschmecken vermag.
Und es liegt in der Natur der Dinge, dass eine Gemüsemischung weniger charakteristisch nach Bohnen schmeckt als Bohnen pur. ;)
Beim Gemüse hat man allerdings den Vorteil, auch leicht an Einzelgemüse zu kommen, was bei Wolle zugegebener Maßen schwierig ist.

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von thomas_f » 29.08.2011, 10:19

So langsam krieg ich Hunger. Von Sarah Wiener gibt es übrigens eine Videoanleitung für Do-it-yourself-Fischstäbchen.

- Die Doktorarbeit über die kanariengelbe Wolle (Danke Karin!) habe ich noch nicht durch, sie ist aber sehr interessant, vor allem da, wo sie die industriellen Waschvorgänge streift. Auch sie sagt schließlich, dass das Bleichen gefährlich sein kann, je nachdem, mit welchen Chemikalien man rangeht: Wasserstoffperoxid könne bspw. die Fasern angreifen. Die einzelnen Waschgänge dauern nur 3 Minuten, das entspricht etwa dem Rezept von Amos. Die Wolle wird zwischen den Gängen nicht geschleudert, sondern gequetscht. Es werden Detergentien und Basen (zum Verseifen des Fetts) verwendet. Erwähnt wird auch der Einsatz von Enzymen, nicht nur zum Bleichen, auch zum Waschen, die evtl. umwelt- und wollschonendere Methoden (niedrigere Temperaturen) ermöglichen würden. Wie gesagt, ich bin noch nicht durch.

- Um in eurem Bild zu bleiben: Nicht weit von hier, in Reken, stellt Iglo in großem Maßstab Tiefkühlkost her. Unter den Bauern der Umgebung gilt die Qualitätskontrolle dort als das heftigste, was man sich antun kann, es wird aber auch entsprechend bezahlt und zuverlässig abgenommen. Spinat ist da spätestens 6 Stunden nach der Ernte tiefgefroren. So frisch und so fehlerfrei bekommt das ein Kleingärtner nur in Ausnahmefällen hin. (Deshalb muss ich ja noch lange nicht das vorgewürzte "Fertig"-zeug kaufen.)

Wenn eine industrielle Spinnerei oder Weberei einen großen Posten Wolle wegschmeißen muss, weil andauernd der Faden reißt (oder wasauchimmer), dann ist das ein Schaden, den die sich nicht oft leisten können. Ich bin mir sicher, dass die Methoden des Wollewaschens auch in diesem Sinne gründlich optimiert werden, und nicht bloß auf Zeit und Geld auf Kosten der Qualität.

Unser Thema war ja eigentlich das Waschen, nicht die weitere Verarbeitung. Dass man aus bester und bestgewaschener Wolle scheußliche Sachen machen kann, ist schon klar. Umgekehrt ists deutlich schwieriger ;) All das Mischen, Kardieren, Kämmen, Färben und Ausrüsten hat ja nicht direkt mit dem Waschvorgang zu tun. Anders das Zupfen/Wolfen, das evtl. nach der industriellen Wäsche nötig ist, und der "Ersatz" des Wollfetts durch ein dünneres und homogeneres Öl. Nach den Videos scheint mir, dass eine Ursache für das Anfilzen der Wolle in der Quetscherei liegt, und dass die hier diskutierten Schleuder-Lösungen in dieser Hinsicht schonender sein dürften.

Wir bleiben am Ball ;)

Beste Grüße -- Thomas

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von Fiall » 29.08.2011, 10:29

thomas_f hat geschrieben:Wir bleiben am Ball ;)
Und wir lesen weiter mit! :)
GLG,

Veronika

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von thomas_f » 29.08.2011, 11:42

Seite 96 von Giehls Doktorarbeit ist aufschlussreich:
5.3 Durchführung der Rohwollwäsche im Labormaßstab

Die im Labor durchgeführte Rohwollwäsche wurde dem Rohwollwaschverfahren der Bremer Wollkämmerei nachgestellt. Sie bestand aus 5 Bädern, wobei es sich bei den ersten 3 Bädern um Waschbäder und den letzten beiden um Spülbäder handelte. Den Waschbädern wurde das ebenfalls von der BWK zur Verfügung gestellte nichtionische (n.i.) Tensid zugesetzt. Das Flottenverhältnis betrug 1:100. Die in Tab. 15 angegebenen Prozentwerte beziehen sich auf die Flotte. Nach jedem Bad wurde die Wolle kurz (ca. 30 s) geschleudert.

Tab. 15. Bedingungen der im Labor durchgeführten Rohwollwäsche
-------------------------------------------------------
1. Waschbad -- 55°C -- 0,1 % v/v n.i. Tensid -- 3 Minuten

2. Waschbad -- 50°C -- 0,2 % v/v n.i. Tensid + 0,25 % w/v Na2CO3 -- 3 Minuten

3. Waschbad -- 50°C -- 0,15 % v/v n.i. Tensid + 0,15 % w/v Na2CO3 -- 3 Minuten

1. Spülbad -- 45°C -- 3 Minuten

2. Spülbad -- 33°C -- 3 Minuten
Kommentare bitte! Zu warm, zu kalt, zu hektisch, zu basisch? ;) Welche Mengen sind das in Waschsoda umgerechnet?

Was könnte ein geeignetes nicht-ionisches Tensid sein? Vielleicht ein Alkylpolyglycosid, rein aus nachwachsenden Rohstoffen und vollständig biologisch abbaubar? Damit käme unsere "Handspülmittelfraktion" bzw. "Spüli + Soda" dem industriellen Prozess ziemlich nah (s. Wikipedia unter "Nutzung")?

Und: Wo in diesem Prozess verfilzt oder verklumpt die Wolle so, dass sie nur mit roher Gewalt weitertzuverarbeiten wäre (wie über die industruielle Wäsche berichtet wurde)?

Beste Grüße -- Thomas

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von shorty » 29.08.2011, 11:48

Ich kann nur zur Temperatur und zur Dauer was sagen.
Erstere passt, bzw. lässt sich evlt noch ganz gut mit der händischen Kleinmengen Variante vergleichen.
Auch wenn ich das 1. Bad kalt mache.

Die Dauer erscheint mir arg kurz.
Verklebte Spitzen weichen niemals in 3 Minuten auf.

Was das filzen betrifft, nicht jede Wolle lässt sich gut ausschleudern, feinste Merino filzt ja schon vom "begrabbeln" :-) Ich tippe auf zuviel Bewegung, sicher bin ich mir aber nicht ;-)
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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von thomas_f » 29.08.2011, 12:13

Die Dauer erscheint mir arg kurz.
Verklebte Spitzen weichen niemals in 3 Minuten auf.
OK, es sind ja auch zusammen 3 x 3 = 9 Minuten, plus 3 Schleudergänge à 30 Sekunden, Abtropfenlassen und Umpacken ... Das kommt ca. auf eine Viertelstunde Einwirkzeit insgesamt, bevor es ins erste Spülbad geht.
Was das filzen betrifft, nicht jede Wolle lässt sich gut ausschleudern, feinste Merino filzt ja schon vom "begrabbeln" :-) Ich tippe auf zuviel Bewegung, sicher bin ich mir aber nicht ;-)
Das wäre aber nicht spezifisch für den industriellen Prozess, gell? ;)

Beste Grüße -- Thomas

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von shorty » 29.08.2011, 12:24

Ich mach auch drei Waschgänge , meistens zumindest.
Bei mir dauert der erste Gang aber schon mindestens 3 - 5 Stunden ;-)Manchmal auch 2 Tage ;-)
In 15 Minuten weicht da nichts stark verdrecktes auf, meiner Meinung nach.

Nein ist nicht spezifisch für Industrie, bedenken muss man allerdings dass der Hauptanteil der industriell verarbeiteten Wolle wohl eher Feinwollrassen sein werden.

Wie gesagt, für mich ist das eh weniger relevant, ich möchte mich gar nicht an den industriellen Prozess annähern ;-) ganz im Gegenteil, denn genau der Unterschied macht für mich den Wert des Hangesponnenen und -gewaschenen aus.
Ein gutes Beispiel ist da übrigens das Buch a fine Fleece.
Da sind Modelle jeweils einmal in Kaufwolle und einmal in Handgesponnen abgebildet.

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von Fiall » 29.08.2011, 12:52

Stimme Shorty da zu. Teilweise ist auch nach zwei Tagen einweichen nix arg verkrustetes aufgeweicht, weswegen ich mittlerweile wieder kürzer wasche und verbliebene verkrustete Spitzen mit der Flickkarde bearbeite. Da bleibt dann vielleicht noch etwas Schmutz zurück, aber die Wolle wird eh noch mal gebadet nach dem Spinnen, also seh ich das nicht so eng.

Ich dachte aber in der Industrie würden dem Wasser Chemikalien zugesetzt, die auch Einstreu zersetzen? Das gehört z.b zu den Sachen, die auch die Wolle angreifen. Schätzungsweise sind die Waschzeiten von daher so kurz?
GLG,

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von Skudde » 29.08.2011, 13:08

thomas_f hat geschrieben: Was könnte ein geeignetes nicht-ionisches Tensid sein? Vielleicht ein Alkylpolyglycosid, rein aus nachwachsenden Rohstoffen und vollständig biologisch abbaubar? Damit käme unsere "Handspülmittelfraktion" bzw. "Spüli + Soda" dem industriellen Prozess ziemlich nah (s. Wikipedia unter "Nutzung")?

Beste Grüße -- Thomas
Danach klingt Spüli und Soda wirklich gut! Interessant finde ich den ersten Waschgang ohne Soda. Gerade bei hartem Wasser ist Fettreduktion vor dem Sodaeinsatz vermutlich sinnvoll wegen der Kalkseifeplocken. Muß ich mir merken, falls ich mal wieder mit Leitungswasser wasche!
Zu nicht-ionischen Tensiden habe ich beim Googlen gerade gefunden: Waschnüsse und Seifenkraut. Seifenkraut wächst wie wild und läßt sich zumindest als sehr ökologisch und nachwachsend anpreisen.....

Ansonsten scheint mir das Verfahren der Bremer Wollkämmerei auch eher schonend. Ist das was aktuelles oder schon "historisch"?

Ich lese hier auf jeden Fall weiter gespannt mit und werde irgendwann mal Seifenkrautwurzeln ausprobieren - das muß ich eh mal eindämmen!

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von thomas_f » 29.08.2011, 13:37

2 Tage bei 50°C? Oder in kaltem Wasser? Klares Wasser oder mit Spüli oder...?

In dem in dieser Arbeit beschriebenen Prozess werden ausschließlich nichtionische Tenside (unbekannter Zusammensetzung ?( ) und Natronlauge eingesetzt. Die Autorin experimentiert auf dieser Grundlage mit verschiedenen Bleichmitteln, die im ersten Spülgang (Gang 4) zugesetzt werden. Sie beschreibt, dass die wirksamsten Bleichmittel gleichzeitig auch die Fasern angreifen und zeigt dazu auch interessante Aufnahmen unterm Rasterelektronenmikroskop.
Wie gesagt, für mich ist das eh weniger relevant, ich möchte mich gar nicht an den industriellen Prozess annähern ;-) ganz im Gegenteil, denn genau der Unterschied macht für mich den Wert des Hangesponnenen und -gewaschenen aus.
Auch wenn du dich absichtlich vom industriellen Prozess entfernen willst, musst du wissen, wie er abläuft, sonst könntest du dich ihm ja versehentlich nähern ;)
Da sind Modelle jeweils einmal in Kaufwolle und einmal in Handgesponnen abgebildet.
Fürs Protokoll: Ich finde die allermeiste Wolle, die ich in Wollgeschäften gesehen und befingert habe, potthässlich, nicht nachahmenswert und oft noch nicht einmal billig. Wer damit arbeitet, ist selber schuld. Ich weigere mich (bis zum Beleg des Gegenteils) zu glauben, dass das am unterschiedlichen Waschen liegt. Bleichen, Färben, Kardieren, Kämmen, Ausrüsten, Walken, Spinnen, Zwirnen usw. gehören für mein Verständnis nicht zum Waschen. Mich eint mit der Industrie ein Interesse daran, die Wolle möglichst schonend möglichst fettfrei und sauber zu kriegen. Sonst erstmal nix! Möglichst weiß muss es bei mir nicht sein, weshalb ich mir das Bleichen sparen kann. An der Stelle muss(?) die Industrie anscheinend einen Kompromiss eingehen und eine gewisse Schädigung der Faser in Kauf nehmen. Auch die Superwash-Umweltsauerei muss ich nicht nachahmen, obwohl ich die Waschmaschine eigentlich für eine recht segensreiche Erfindung halte.

Irina, das Verfahren ist inzwischen leider historisch, da die BWK 2008 zugemacht hat. Die Doktorarbeit ist von 2003, da dürfte das also wohl aktuell gewesen sein. Ich nehme aber an, dass Wolle anderswo auf der Welt nicht großartig anders gewaschen wird. Die "bösen" Verfahren wie Bleichen und Carbonisieren gibt es auch, die sind aber anscheinend optional.

Beste Grüße -- Thomas

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von shorty » 29.08.2011, 14:08

2 Tage in klarem kaltem Wasser.
Kann auch gut sein, dass der 2. Wachgang mit Spüli mal einen ganzen Tag steht.

Du hast im Grunde schon recht. Mir reicht es allerdings meine eigene Wolle mit Industriewolle zu vergleichen, dass die es anders machen ist offensichtlich ;-) Ich brauch bei meiner Waschmethode für mich rein persönlich nicht verändern, ich werd mich da versehentlich gewiss nicht annähern ;-)Ich bin da deutlich pragmatischer als Du :-)

Also nochmals zum Waschen.
Ich hab ja gewaschene Locken in Wales gefühlt vor Wolfen und Kardiergang, wenn ich da mit meiner Wolle vergleiche ist da schon ein Unterschied, und das liegt nicht an der Schafrasse.
Auch die Wollocken von Eischer sind bekanntlich nichts für unsere Kardiermaschinen und das ist nicht nur mal eine Charge gewesen.
Die Wolle ist "strohtrocken", nicht umsonst, wird z.B.in Wales mit Emulsion eingesprüht.Und das ist ja noch eher nur zum Vorführen was im Kleinen.

Das mit dem schonend stell ich eben im Gegensatz zu Dir teilweise bei der Industrie schwer in Frage.
Wer mit Chemikalien arbeitet um dem "Gemüse" in der Wolle her zu werden, hat für mich schon weitestgehend verspielt in diese Richtung.

Mal noch nen anderen Ansatz, habt ihr schon mal miteinkalkuliert, dass bei der Industrie evlt ganz andere Hygienevorschriften herrschen ?
Könnte mir vorstellen, dass da ein Unterschied ist.Nur mal so als Gedanke.

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von Fiall » 29.08.2011, 14:15

Ohne Bleichen gibt es vermutlich keine homogenen Färbebergebnisse. Und Superwash ist schätzungsweise unumgänglich. Ich höre den Aufschrei der Massen, wenn sie ihre Wollsachen plötzlich nicht mehr bedenkenlos in die Maschine packen könnten. ;-)

Ich würde aber nicht davon ausgehen, dass Wolle generell so verarbeitet wird, wie das in Bremen der Fall war. Ich vermute mal, dass vieles auch im Wollsektor im Ausland verarbeitet wird und wer weiß, was die dort alles verwenden. Und wenn man es dann mal in Erfahrung bringen könnte und publik machen würde, sagen die Auftraggeber: Ups, davon wussten wir ja gar nix.

Du hast aber natürlich recht. Potthässliche Wolle ist zwar Geschmacksache, kann aber auch vom Handspinner bei schonendster Verarbeitung produziert werden. ;-) Was mich stört bei Kaufwolle ist, dass ich eher selten nen Strang Bergschaf-, Gotland-, Wensleydalewolle und wie sie da alle heißen im Laden kaufen könnte und auch bei der Bekleidung bin ich überwiegend auf "Schurwolle" beschränkt oder sogar bloß schnöde "Wolle", wenn ich Pech hab.

Grade am Wochenende hab ich mit einer Freundin über das Thema gesprochen, die mit Wollverarbeitung so gar nix am Hut hat und sie meinte interessanterweise, dass das erklären würde, warum sie manchmal Wollpullis in der Hand hat, die sie total kratzig findet, während andere total kuschlig sind, obwohl die Pullis gleich deklariert sind. Für mich ein klarer Qualitätsmangel.

Ich wunder mich aber grade, wie wir von der Wollwaschmaschine auf die Qualität von Industriewolle und gar Tiefkühlkost gekommen sind? Ist zwar spannend, aber eigentlich sind wir vom Thema doch ein klitzekleines bisschen abgewichen. ;-) Frag mich, ob man das nicht trennen sollte?
GLG,

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von thomas_f » 29.08.2011, 15:07

Wir haben die Kurve ja noch gekriegt ;) Wollwaschmaschinen werden in der Industrie ja durchaus benutzt. :)

Da die Bremer weltweit unter den größten ihrer Art waren, gehe ich mal davon aus, dass die an vorderster Front mitgespielt haben. Ich bin mir sicher, dass die auch gebleicht haben und karbonisiert, superwashausgerüstet und weiß der Uhu was noch. Geblieben und in Betrieb ist tatsächlich noch der Teil der Kämmerei, in dem in großem Maßstab flüssigen Problemabfällen das Wasser entzogen und der restliche Driet verbrannt wird. Zur Freude der Nachbarschaft ?( (Quelle: Wikipedia)

Was Dr. Giehl da nachgebaut hat, ist nur der Teil des Prozesses, in dem es um das eigentliche Waschen der Wolle geht, d.h. Fett, Wachs und damit verklebten Dreck rausmachen, also um den Teil des Prozesses, der mich fürs Träumen von einer etwaigen kleinen Wollwaschmaschine interessiert.
shorty hat geschrieben:Die Wolle ist "strohtrocken", nicht umsonst, wird z.B.in Wales mit Emulsion eingesprüht.
Nicht nur dort. Das tun die sorgfältigen Hand-Wollkämmerinnen in den Youtube-Videos mit ihren einzelnen Löckchen auch; Alden Amos (eher ein Naturbursche) empfiehlt es, ebenso wie der Textilingenieur Peter Teal. In dem ersten Video weiter oben in diesem Thread wird das gemacht und auch in den Videos über verschiedene andere Mini-Mill-Betreiber. Ich bin da etwas mehr Pi x Daumen (habe ich hier im Forum gelernt ;) ) und tröpfele sparsam etwas Olivenöl über die Flocken, das verteilt sich während des Kämmens. Das Strohtrockene ist keine Schädigung der Faser, wenn ich das richtig verstehe. Es ist nur eine effektive Entfernung von Fett, Wachs, Schweiß und Dreck. Das stattdessen hinzugefügte Spinnöl ist dünnflüssiger als das Fett in der Rohwolle und macht die Fasern geschmeidiger und besser zu verarbeiten, insbesondere beim Kämmen. Und spinnen tun die sich dann fast von selbst ;)
Potthässliche Wolle ist zwar Geschmacksache, kann aber auch vom Handspinner bei schonendster Verarbeitung produziert werden. ;-)
Oh ja, da hast du in beiden Punkten recht! :D

Beste Grüße -- Thomas

Muss jetzt mal was anderes tun als Träumen -- bis morgen :wink:

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Re: an die Tüftler und Ingieneure: Wollwaschmaschine?

Beitrag von shorty » 29.08.2011, 15:48

Zur Tiefkühlsache, ich bekenne mich schuldig, sollte nur nen Vergleich arstellen ;-)Sorry Fiall

Ich weiss schon , dass Teal und Amos sowie viele andere die mit Wollkämmen arbeiten Emulsion hinzufügen.
Aber da wird was vermischt ;-)
Bei dem von mir beschriebenen Vorgang handelt es sich nicht um Kammzug und Handkämmen sondern um Kardiermaschinen.Ich hab noch nie fürs kardieren Emulsion verwenden müssen. Und der dort gesehene Wolf war auch nicht gerade zimperlich mit den Fasern.
Erklärt evlt auch den von Klara schon mehrfach angesprochenen Unterschied zwischen Vlies von der eigenen Trommelkarde und Industriellem Vlies. Grund könnten auch die vermehrten kurzen Fasern sein, evlt durch zu starke chemische oder mechanische Beanspruchung .
Ich finde es gibt da gefühlsmässig einen Unterschied zwischen relativ fettfrei und spröde, brüchig.
Bei letzterem ist eindeutig die Haarstruktur geschädigt.
Ich vergleich das mal mit menschlichem Haar, ist ja nicht so unähnlich.
Wenn dass mal aufgrund von mechanischen Einwirkungen und oder Hitze, Sonne usw. zu stark in Mitleidenschaft gezogen wird, ist das eigentlich irreparabel.( Thema Spliss)
Das Haar bricht ab, ist stumpf, da nützt meiner Meinung nach auch keine Emulsion, die sowieso im abschliessenden Waschgang wieder draussen ist.
Diese erleichtert nur das arbeiten, sonst nichts.Ich kann mir nicht vorstellen, dass Emulsion in den geschädigten Haarkern eindringt und diesen repariert.

Karin
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