thomas_f hat geschrieben:Hi Tanja,
unser Brunnenwasser ist entkalkt und enteisent, hat aber dennoch einen etwa neutralen pH-Wert. In den Papieren der Lanaset-Farben hatte ich gelesen, dass ein pH-Wert von 3,5 der beste für die Wolle sei. Ich weiß nicht, wie sauer der Regen hier bei uns ist, aber soo sauer wird die Wolle am Schaf auf der Weide ja wahrscheinlich auch nicht gewaschen. Was bedeutet das nun für die ideale Wollspülung nach dem Färben? Essigessenzsauer oder leitungswasser-weich-neutral?
Beste Grüße -- Thomas
Hallo, Thomas,
beim Färben braucht es den pH 3,5-4, damit die Farben sich mit der Oberfläche der Wollfasern verbinden. Dabei ist das, so wie ich das verstanden habe, eine Physisorption, keine chemische Reaktion. Dazu muß die Oberfläche der Wolle passend elektrisch geladen sein, also der pH unterhalb von 4,7-5 liegen (isoelektrischer Punkt von Wolle). Nach dem Färben spült man die Wolle natürlich mit normalem Wasser (hat typischerweise pH 5,5 durch das gelöste Kohlendioxid, Regenwasser hat heute typisch pH 5,0).
Ein anderes Thema ist das Bad am Ende eines Wasch- oder Färbevorgangs. Der pH beeinflusst die Struktur der Fasern. Laut meinen Recherchen ist es am besten, Wolle beim isoelektrischen Punkt (ph 4,7-5) zu waschen (Quelle Textil-Fachwörterbuch, Alois Kießling, Max Matthes, S. 190). Wahrscheinlich ist das auch für das Abschlussbad am besten.
Der Haken bei einem Bad mit Zitronensäure sind die Rückstände. Zitronensäure bildet Kristalle, die dann auf der Faser liegen können. Wenn die z.B. durch die Luftfeuchte angelöst werden, hat man feine Tröpfchen, die extrem sauer sein können, d.h. die Fasern lokal verätzen können. Das sind wahrscheinlich nur kleine Schäden,aber wenn man die Fasern länger lagert, kann das ein Problem sein. Fotos, die auf säurehaltiges Papier geklebt werden, verlieren mit der Zeit ihre Farben. Säurehaltige Papiere zersetzen sich im Laufe der Jahre, warum die Bibiothekare mit alten Sammlungsbeständen seit 1840 so ihre Not haben.
Wenn man also die Wahl hat, ist es, denke ich, ist es besser, das Risiko zu vermeiden, und die Wolle so zu behandeln dass sie maximal haltbar ist.
Bei der Diskussion am Anfang dieses Threads, Haltbarkeit gewaschener vs ungewaschener Rohwolle, spielt es sicherlich auch eine entscheidende Rolle, ob irgendwelche agressiven Rückstände des Waschmittels auf der Faser bleiben. Wenn man früher Soda benutzt hat, dann hatte man eine stark alkalische Lösung, was die Wolle sicher auch angegriffen hat. Wenn das Waschmittel dann nicht gründlich ausgewaschen wurde, dann konnten die Rückstände die Fasern langsam zersetzen.
Viele Grüße,
Tanja