Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

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Moderator: Claudi

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Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Chantilly » 18.07.2011, 18:37

Ich brauche nochmal eure Hilfe!
Da ich noch nicht soviel Spinnerfahrung habe, weiß ich nicht, ob ich mich auf mein Gefühl verlassen kann ?(
Ich wollte mich daher so ein bißchen nach den Grundlagen richten, und habe ein Stück Merino- Seidenkammzug mit einem Antriebsverhältnis von 11:1 recht dünn versponnen, und mit dem gleichen Antrieb verzwirnt.
Ich habe immer pro Tritt = 1 Radumdrehung ca. 2,5cm Fasern ausgezogen.
So hatte ich das im Buch verstanden.
Mein Garn allerdings ist total hart und drahtig geworden, obwohl ich ja laut Angabe im Buch noch härter hätte spinnen können.
Was mache ich falsch? ;(
Wenn ich nach meinem Gefühl spinne, würde das Antriebsverhältis das ich wähle, laut Buch eher für dickes fluffiges Streichgarn sein :eek:
Liebe Grüße
Petra

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von fischerin » 18.07.2011, 18:40

Hast Du daran gedacht, beim Zwirnen in die Gegenrichtung zu drehen?

LG Heike

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Chantilly » 18.07.2011, 18:55

Ja Heike, das hab`ich :l

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von fischerin » 18.07.2011, 18:57

Kannst Du mal ein Bild machen??

LG Heike

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Chantilly » 18.07.2011, 19:03

Ähäm, ich werd`s mal probieren.
Ich habe hier noch nie Fotos hochgeladen.
Mal sehen, ob ich es hinkriege.

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von anjulele » 18.07.2011, 19:07

Ich hab noch nie mitgezählt, wieviele Umdrehungen ich bei was für einem Antriebsverhältnis und so und so langen Faserauszug habe...

Einen Merino-Seidenkammzug würde ich einem Anfänger nicht gerade empfehlen

Du scheinst ja mit dem Rad soweit zurecht zu kommen, dass du einen zu festen Faden erhälst. Langsam treten und die Fasern zuführen. Das hat ja schon gut geklappt. Verlass dich ruhig auf dein Gefühl! Dann merkst du, wie das Garn gesponnen werden will. Wenn das Garn zu fluffig wird, zieh die Bremse etwas an. Oder den Antriebsriemen. dann wird das Garn fester und es zieht auch schneller auf die Spule.

LG
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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Asherra » 18.07.2011, 19:55

Wie dünn ist "relativ dünn"?
Bei ca. 11 twist/inch in der Single darf das schon 20WPI und dünner sein. Sonst wird's schnell Paketschnur. Merino ist da auch noch eine der zickigeren Fasern, weil es so pappt und sich nicht leicht locker und fluffig ausziehen läßt wird der Faden massiv und schon sind überall Schweineschwänzchen im Garn.
Allerdings ist Merino-Seide super leicht ganz, ganz, ganz dünn zu spinnen. Das hält noch bombenfest wenn du auf 40WPI und dünner spinnst. Dann schluckt es auch brav Drall und bliebt gezwirnt trotzdem weich.

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von shorty » 18.07.2011, 19:56

Mir gehts wie Anjulele, ich hab noch nie mitgezählt.
Mhh müsste ich mal testen, wobei das ja nicht nur mit der Fadendicke sondern auch mit der Stapellägne zu tun hat, und auch auf die Faserart an sich ankommt.

Muss ich erstmal drüber brüten.
Klara ist in solchen Dinge doch sehr gut, oder Kaha.
Ich mach mir das viel einfacher , ich spinne ein bißerl,zieh eine Strecke von ich sag mal 15 - 20 cm des Gesponnenen zurück und lass es sich verzwirbeln.
Dabei sieht man schon recht gut, wie das fertige Garn in etwa wird.

Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von thomas_f » 18.07.2011, 20:09

Ich habe immer pro Tritt = 1 Radumdrehung ca. 2,5cm Fasern ausgezogen.
So hatte ich das im Buch verstanden.
Mein Garn allerdings ist total hart und drahtig geworden, obwohl ich ja laut Angabe im Buch noch härter hätte spinnen können.
Was mache ich falsch? ;(
Wenn ich nach meinem Gefühl spinne, würde das Antriebsverhältis das ich wähle, laut Buch eher für dickes fluffiges Streichgarn sein :eek:
OK, ich auch noch, jeder mit seinen Worten:

Erstmal: Wenn es dir zu hart ist, dann möchtest du entweder schneller ausziehen oder langsamer verdrehen, egal was das Buch sagt. Falls dein Rad eine kleinere (langsamere) Untersetzung zulässt, versuchs mit der; ansonsten brauchst du mehr cm Auszug pro Tritt (=Schwungradumdrehung).

Eine Quelle des Missverständnisses kann die Garndicke sein, von der du ja nur "recht dünn" schreibst. Die Dicke des Garns entsteht aus den Eigenschaften der Faser, aus der Menge der Faser, die du pro cm ausziehst, und daraus, wie stark die Fasern beim Spinnen zusammengedrückt werden.

Rein geometrisch gilt dabei: Dünnes Garn braucht mehr Umdrehungen pro ausgezogenem cm als dickes, um die gleiche Weichheit/Härte zu erreichen. Du kannst dir das anhand des Winkels vorstellen. Stell dir vor, du schaust dir ein Garn an, bei dem die Fasern in einem 45°-Winkel zur allgemeinen Garnrichtung laufen. Nun denk dir ein doppelt so dickes Garn, bei dem die Fasern im selben Winkel liegen. Stell dir nun bei beiden einen "roten Faden" in dem verdrehten Faserbündel vor, der den Weg der Fasern beschreibt. Beim dicken Garn kommt der nur halb so häufig auf der Vorderseite vorbei wie beim dünnen. Andersrum gesagt: Wenn du beide Garne aus dem gleichen Ausgangsmaterial gleich weich haben willst, musst du beim doppelt so dicken auch doppelt so viel ausziehen pro Flügelumdrehung. Zwischen einem halben und einem Millimeter Garndicke liegen keine Welten (oder nur ganz kleine ;) ), der Unterschied zwischen 2,5 und 5 cm Auszug erscheint uns hingegen riesig.

À propos Streichgarn/Kammzug: Im Kammzug liegen die Fasern immer viel paralleler als im Kardenband. Fluffiges Streichgarn entsteht eher aus letzterem, glatteres und evtl. härteres Kammgarn aus dem Kammzug, daher der Name :D . Um Kammzug fluffiger zu spinnen kannst du ihn kardieren oder versuchen, ihn aus der Falte zu spinnen. Wobei, ich persönlich bin ja eher Kammgarnfan und würde ein schönes glattes Garn anstreben, das dem Ausgangsmaterial entspricht. (Habe auch viel zu wenig Ahnung vom Kardieren :O )

Hoffe, das hilft noch ein wenig! :)

Beste Grüße -- Thomas

Nebenbei, aus Neugierde: welches Buch?

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Klara » 18.07.2011, 20:45

Ja, das interessiert mich auch: Welches Buch? Nach Mabel Ross (The Essentiels of Yarn Design for Handspinners) ergibt ein 11 tpi Single ein mittleres Strickgarn (der Weichheit nach - stricken möchte ich das nicht) bei 60 (!) wpi (wraps per inch - Wicklungen pro 2,54 cm). Das fällt für mich unter sehr sehr dünn (und was macht man damit?).

Falls dein Single 30 wpi gehabt haben sollte (würde ich immer noch "ziemlich dünn" nennen), führen 11 tpi zu "hartem Drall".

Das war die Theorie. Jetzt zur Praxis: Bücher sind interessant und nützlich, und wenn man sie kauft kurbelt das die Wirtschaft an, aber im Endeffekt ist dein Gefühl genau der richtige Massstab für dein Garn. Wenn dir das Garn, das du nach Buch produzierst, zu hart ist, ignorier' das Buch. Zum Verhältnis Auszug/Treten/Übersetzer haben meine Vorredner ja schon alles Wichtige gesagt.

Übrigens: Du hast ein Louet mit Übersetzung 1:11? Wie sieht das Teil denn aus? Denn die üblichen Louets (S10 und Variationen) gingen ja alle nur bis 1:8....

Ciao, Klara

Chantilly
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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Chantilly » 18.07.2011, 20:59

Wow, man danke für so tolle Erklärungen! :D
Also erstmal Thomas und Klara das Buch ist das Ashford- Spinnbuch (die deutsche Ausgabe).
Und... ich habe es noch nicht nachgetragen, aber ich habe jetzt auch noch eine Majacraft Rose :O
Thomas du hast mir das wirklich so toll erklärt, dass selbst ich es verstanden habe, und das soll schon was heißen :))
Also mein fertig gezwirntes Garn hat 20wpi, und der Singlefaden hat 30 Grad.
Ich habe das mit einem kommerziellen Garn verglichen, und zwar das Malabrigo Lace, das hat sogar 45 Grad ( ist ein Singlegarn aus Merino) und ist ganz fluffig weich.
Foto geht im Moment leider nicht, meine Tochter ist auf Tour und hat den Fotoapparat mitgenommen.
Vielleicht versuche ich es wirklich mal nach Gefühl.
Aber es ist ein interessantes Thema!

LG Petra

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von thomas_f » 18.07.2011, 21:54

Noch ein Gedanke dazu: Wenn die Idee beim Zwirnen ist, den Drall des Spinnens zu neutralisieren ...

Angenommen, das gesponnene Single ist 0,5mm dick. Wie dick wird dann das verzwirnte Garn? OK, die Antwort 1 mm wäre zu einfach, aber doch schonmal ein Richtwert. Dann wäre ein Zwirn mit demselben Drall/Einzug-Verhältnis wie beim Spinnen der Singles doch hoffnungslos zu arg gedrallt, oder?

Falls du also bei den Singles noch halbwegs zufrieden warst und erst das Zwirnen das Garn zu hart gemacht hat, könntest du das Garn entgegen der Zwirnrichtung nochmal schnell ins Rad laufen lassen um etwas von dem Drall wieder rauszunehmen.

Das heimliche Motto des Forums: Versuch macht kluch. :))

Beste Grüße -- Thomas

Adsharta
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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Adsharta » 18.07.2011, 22:27

Falls du also bei den Singles noch halbwegs zufrieden warst und erst das Zwirnen das Garn zu hart gemacht hat, könntest du das Garn entgegen der Zwirnrichtung nochmal schnell ins Rad laufen lassen um etwas von dem Drall wieder rauszunehmen.
Klappt leider nicht immer, ich hatte in meinen Anfängen sehr kurzfaseriges Suffolk, das blieb auch nach erneuten Drehen in die Zwirnrichtung steinhart.
Kommt wahrscheinlich auch auf die Faser an.
lg Adsharta

Klara
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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Klara » 19.07.2011, 13:37

Adsharta hat geschrieben:
Falls du also bei den Singles noch halbwegs zufrieden warst und erst das Zwirnen das Garn zu hart gemacht hat, könntest du das Garn entgegen der Zwirnrichtung nochmal schnell ins Rad laufen lassen um etwas von dem Drall wieder rauszunehmen.
Klappt leider nicht immer, ich hatte in meinen Anfängen sehr kurzfaseriges Suffolk, das blieb auch nach erneuten Drehen in die Zwirnrichtung steinhart.
Kommt wahrscheinlich auch auf die Faser an.
lg Adsharta
Wenn du wirklich noch mal in die Zwirnrichtung gedreht hast, ist das logisch - da kommt ja noch mehr Drall rein. Thomas schrieb entgegen der Zwirnrichtung - also Drall rausnehmen.

Wobei ich mich ja wirklich frage, wie ihr immer harte Garne schafft - bei mir wird's nie hart. Oder ist das wieder Definitionssache - wie hart ist hart? (Schade, dass man übers Internet keine Faser- und Garnproben verschicken kann. Wann wird das endlich was mit dem beamen?). Ich muss mich jedenfalls immer bemühen, auch genug Drall in jede Richtung reinzukriegen - schliesslich soll das Garn - und das, was draus gemacht wird - ja auch was aushalten.

Ciao, Klara

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Re: Antriebsverhältnis und Länge des Faserauszugs

Beitrag von Adsharta » 19.07.2011, 14:53

Also mein Suffolk war wirklich hart. Ich weiß nicht, lag vielleicht am Louet, auf dem ich damals gesponnen habe oder an den extrem kurzen Fasern. Ich habe das sogar zu einem Tuch verstrickt und brrrr. Hebe ich als Erinnerung auf, aber tragen sicher nicht. Ist mir aber nie wieder passiert.
Zwirnrichtung - hmm und ich habe immer geglaubt, nochmals in die Zwirnrichtung drehen, ich hatte den Eindruck ,daß nach wie vor zuviel Drall drinnen war, weil ich dummerweise auch sehr locker verzwirnt habe.
lg Adsharta

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