Sigrid, woher hast du, dass lange Fasern weniger Drall brauchen als kurze? Und woher stammt die Tabelle - die kenne ich noch gar nicht (dabei dachte ich, ich hätte alles zum Thema

)?
Ich hab's von Mabel Ross her so im Kopf: Um sich gleich hart oder weich anzufühlen, braucht ein dickes Garn weniger Drall als ein dünnes. Wo ich für ein festes dünnes Garn vielleicht 4 Drehungen pro cm brauche (ich schreib' mal irgendwas, weil ich keine Lust habe, gerade Fadenproben aufzudröseln), braucht ein dickes, genauso festes Garn vielleicht nur 2 Drehunge/cm. Wie ich diesen Drall jetzt ins Garn kriege, ist mir überlassen: Mit Übersetzung 1:12 (fürs dicke) oder 1:6 (fürs dünne) und 2 cm pro Tritt ausziehen, oder mit doppelter Übersetzung und 4 cm pro Tritt ausziehen, oder...
Das Prinzip gilt übrigens für Streichgarn genauso wie für Kammgarn - nur dass man beim langen Auszug mehr in Richtung 20 x treten für eine 60-cm Armlänge rechnen müsste, wenn man ein 4 U/cm Garn bei Übersetzung 1:12 haben wollte (verrechne ich mich da gerade? 20 x treten ist doch Wahnsinn, aber ich komme auf nichts anderes...). Wenn ich mich nicht verrechnet habe, weiss ich jetzt, warum der lange Auszug mehr für lockere Garne geeignet ist, und warum Spezialräder für langen Auszug Übersetzungen von 1:100 und höher haben...
Grundsätzlich ist das alles unabhängig von der Faserlänge. Nur dass es ein bisschen riskant ist, eine kurze Faser nur ein oder zwei mal mit ihren Nachbarn zu verdrehen, wenn ein stabiles Garn dabei rauskommen soll. So dass man im Allgemeinen sagt: kurze Fasern => dünnes Garn (mit viel Drall), lange Faser => dickes Garn (mit wenig Drall). Anne Field hat das zur Regel "spinning to the crimp" (soviel Umdrehungen/cm wie die Wolle Kräuselungen hat) vereinfacht. Als Anhaltspunkt ist das ganz brauchbar.
Aber mehr auch nicht: Ich wollte vorführen, dass eine kurzstaplige, kräuselige, feine Vendéen eben nicht sinnvoll zu dicker Wolle versponnen werden kann und bekam ein wunderschönes fluffiges Garn, das sich im Probestückchen (verzwirnt) auch durchaus stabil anfühlt. Das Muster hab' ich noch - irgendwann spinne ich mehr davon. Und eines meiner letzten Katastrophenvliese (schöne Farbe, schön weich aber mit massenweise extrem kurzen - 1 cm - Fasern) habe ich zu einem dicken Dochtgarn versponnen und gefilzt, damit es haltbar wird.
Für mich halte ich es so: Ich kenne die Regeln und die Übersetzungen meiner Spinnräder, habe etliche Tabellen und auch einen Taschenrechner und kenne den Trick mit der gestreiften Schürze (nee, haben tu' ich keine) - aber Tritte zählen tue ich trotzdem nicht (zumindest nicht beim Spinnen - beim Zwirnen schon am Anfang, bis ich im Rhythmus bin). Mein Problem, wenn ich wirklich gleichmässiges Garn will, ist nämlich nicht der Drall, sondern der Garndurchmesser. Und dafür haben weder Mabel Ross noch Ann Field noch Judith McKenzie McCuin noch Peter Teal eine Lösung (auch wenn's mit handgekämmter Wolle vermutlich einfacher geht).
Ausserdem kann ich nicht gleichzeitig zählen und dem Film folgen...
Ciao, Klara