Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Selbstbau von Handarbeitsgeräten

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von Greifenritter » 20.09.2009, 07:14

Wow :eek:

Der bau war ja ein voller Erfolg!

Gratuliere!

CU
Danny
Mehr über mich und meine Hobbys findet Ihr auf Danny's Taverne, dort findet Ihr auch meine Spindelgalerie.

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DeJe
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Re: Ein Baubericht

Beitrag von DeJe » 20.09.2009, 10:24

Klar, ich bin natürlich froh das das Rad super funktioniert. Aber es gibt trotzdem noch genug zu tun...Schleifen und Lackieren. ;)

Aber vorerst weiter im Baubericht.
Gestell und Antriebsrad sind soweit fertig.
Heute geht es um das Thema Tritt. Ein schwieriges Thema, wie sich zeigen wird...

Zunächst die einfachen Arbeiten. Die Teile für den Tritt werden zusammengebaut. Die Tritte werden nicht mit Scharnieren befestigt, sondern bekommen 6mm-Wellen und Bundbuchsen aus Sinterbronze. Dazu werden 3 Lagerböcke benötigt. Das Bohren der Löcher erfordert wieder viel Sorgfalt, um einen einwandfreien Lauf zu gewährleisten.
Zunächst werden die Böcke gesägt, geschliffen und gebohrt und die Buchsen eingepaßt. Für die Mitte mußte ich die Buchsen kürzen, weil sie zu lang waren. Dann werden die Löcher (6mm) in den Tritten gebohrt, um die Wellen aufzunehmen.

Böcke zugeschnitten und gebohrt
Bild
Detail: mittlerer Lagerbock
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Zuletzt werden die Böcke zusammen mit den Tritten auf der vorderen Leiste verschraubt. Die Wellen werden in den Tritten mit Epoxi-Kleber verklebt. Die Wellen greifen ca. 2cm in die Trittbretter und ca. 8mm in die Lagerbuchsen. War doch einfach, oder? :D

Detail: Tritt mit Bundbuchse und Stahlwelle
Bild

Zu dieser Zeit hatten wir auch Kontakt zu Evi. Sie gab uns den Hinweise, die Lager für die Tritte etwa auf Höhe der Fußgelenke zu legen (Wiegetritt?), also die vordere Leiste nach innen zu verschieben. Meine Frau hat dann einen Tritttest gemacht und entschieden, das wir es so lassen wie es ist. Ihre Ziege wird genauso getreten und ihr gefällt es so.

Einen weiteren Hinweis zu Klebern, diesmal Epoxi. Diesen nutze ich für Verklebungen von Holz/Metall, Metall/Metall bzw. Kunststoff/Holz/Metall. Epoxidharz, oder 2K-Kleber, gibt es wie Sand am Meer. Ich habe noch eine Packung Greve Epoxi-Bond 5 (5 Minuten Fließzeit) da und nutze diesen. Wenn man neuen Kleber kaufen muß, würde ich wahrscheinlich Uhu endfest 300 nehmen. ;)

Hm, eigentlich wollte ich der "Trittmechanik" einen eigenen Post widmen, weil es wirklich kompliziert wird.
Aber ich packe das mal hier mit rein. Anfangs hatte ich angenommen, eine "Kurbelwelle" zu bauen, wäre kein Thema. Ist es auch nicht, diese aber stabil zu bekommen und dauerbelastbar aber schon.
Als Schenkellänge haben wir uns auf 4cm (Hub ist dann 8 cm) geeinigt. Das ist groß genug, um eine vernünftige Hebelwirkung zu erreichen und klein genug, um nicht zu viel Hub bei den Trittbrettern zu haben.

Erster Versuch, zusammengebaut
Bild
"Explosionszeichnung"
Bild

Man vermutet, klar, geht. Irrtum! Man unterschätzt die Kräfte, die da angreifen. Man würde mindestens an jedem Winkel eine Kontermutter benötigen und selbst dann jede Woche nachziehen. Bei den Test hat meine Frau diese Konstruktion nach 5 Minuten "aufgetreten". Nach fest kommt locker...und ich hatte die Muttern wirklich angezogen. ;) Selbst mit Splinten ging es nicht ohne permanentes Klacken.

Also mußte eine neue Konstruktion her. Ich habe mich auf Vierkante verlegt. Der Vorteil ist, das die Kräfte nicht durch den Druck der Muttern aufgenommen und weitergeleitet werden, sondern durch die Vierkantverbindung. Die Vierecklöcher in den Schenkeln sind mit 6mm vorgebohrt und dann viereckig gefeilt. Die Sicherungsschrauben sind M4 10mm lang und halten nur die Teile zuammen. Als Kernbohrung für die M4 Gewinde in der Welle habe ich 3,3mm genutzt. Beim Bohren oder Gewindeschneiden in Stahl unbedingt Schneid- und Bohröl benutzen. Das schont die Bohrer, das Material und das Ergebnis wird besser.

Neue Konstruktion, kurzer Schenkel, schon mit Epoxi verklebt
Bild
langer Schenkel
Bild

Auch wenn die jetzige Konstruktion deutlich besser funktioniert und zudem noch besser aussieht, ganz klackerfrei ist sie auch nicht. Deshalb werde ich die Schenkel am Schluß noch mit Epoxi zusammenkleben. Ich wollte das ganze zwar demontierbar halten, aber hier funktioniert das leider nicht. :(
Sollte jemand eine Idee haben, wie es besser funktionieren könnte, immer her damit. Schweißen fällt aber aus. ;)

Zu guter Letzt fehlen noch die Knechte. Diese sollten auch kugelgelagert werden. Ich habe also die Knechte aus Multiplex ausgesägt. Mit Hilfe meiner Bandsäge habe ich dann eine 3mm dicke und 6cm lange Platte am oberen Ende abgesägt. In die Knechte habe ich die Versenkung für die Kugellager (22mm) und die Wellendurchführung (10mm) gebohrt. Eine kleine Versenkung und die Durchführung wurde auch in den abgesägten Platten eingearbeitet.

Knecht, demontiert
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Platte und Knecht wird dann mit 2 kleinen Schrauben zusammengebaut und rundrum verschliffen. Das Kugellager ist so rumherum gut abgestützt. Probehalber wird jetzt der Antrieb inklusive Knechten komplett zusammengebaut und am Antriebsrad verschraubt. Die Verbindung mit den Trittbrettern wird über einen dicken Strick realisiert. Der Abstand der Knechtenden zum Trittbrett beträgt ca. 3cm. Die Trittbretter sollen nicht unten aufschlagen und als unterste Lage etwa waagerecht stehen, eher ganz leicht nach oben. Nach diesen Vorgaben habe ich dann die Knechte gekürzt und die Löcher gebohrt.

Antrieb montiert
Bild
Bild

Eine Sache gibt es noch zu beachten bzw. zu erklären. Die Trittbretter beschreiben beim Betrieb einen Bogen. Der Punkt der Aufhängung der Knechte "bewegt" sich dabei relativ gesehen axial zu den Kugellagern. Abhängig von Hub, Länge der Trittbretter, Länge der Knechte, "axiale Starre" der Kugellager, ... kommt es hier zu Spannungen. Deshalb kann man die Knechte nur mit relativ großem mechanischem Aufwand direkt mit den Trittbrettern verbinden. Denkbar wären vielleicht auch Schrägkugellager. Wie auch immer, bei unserem Rad hält sich die Spannung in Grenzen und wir lassen das jetzt erst einmal so.

Die Verbindung Tritt und Gestell fehlt noch. Dazu je links und rechts die Löcher gebohrt, 6mm Durchmesser und ca. 1cm tief. Dazu noch 2 Stifte 2cm lang von einer 6mm Stahlstange abgeschnitten und per Epoxi in die Außenteile eingeklebt.

Somit ist im unteren Teil alles fertig, mal abgesehen von Verschleifen und Lackieren. Es fehlen der Spinnkopf, Flügel, Spulen und Wirtel.
Gruß,
DeJe

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von kaha » 20.09.2009, 10:38

Uff, Du hast die Löcher viereckig gefeilt - krass... Wie lang hat das gedauert? Stell ich mir entsetzlich vor.
Wieso hast Du nicht nen Schweißpunkt draufgesetzt? Kein Schweißgerät da? An der Haltbarkeit sollte es da ja nicht mangeln.

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von DeJe » 20.09.2009, 10:59

Du irrst. Die Löcher ausfeilen ist nicht sehr aufwändig. 6mm Loch gebohrt (Vierkant hat Kantenlänge 6mm) und das dann zum Vierkant gefeilt. Sind also nur 4 kleine "Feilungen".

Richtig, ich habe kein Schweißgerät.
Gruß,
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Re: Ein Baubericht

Beitrag von kaha » 20.09.2009, 18:38

Du hast trotzdem meinen Respekt für's Feilen. :)
(Und dann isses auch noch wirklich 4-eckig, nicht irgendwie "kartoffelig".)

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von shorty » 20.09.2009, 18:50

Wahnsinnsleistung, da staun ich echt als Laie.
Toll , das Du das hier so ausführlich einstellst.
Ein bißerl nah am Rand finde ich allerdings die Löcher an den Tritten, wo Du das Seil mit den Knechten verbunden hast.Aber wie gesagt, so von Mechanik versteh ich nicht so viel, ich hätte halt Angst, dass das mit der Zeit ausreißt, da ist ja die ganze Kraft vom Treten drauf.

Von der Aufmachung erinnert mich die Knecht Doppeltritt Sache an die Ashford Variante.
http://www.ashford.co.nz/spinning/joy-dt.htm

Ich denke technisch leichter zu lösen für Eigenbauten wäre die 1 Knecht Version , wie das beim Lendrum gelöst ist.
http://www.woolery.com/Pages/lendrumfr.html
Auch wenn es für Dein Traumteil dafür schon zu spät ist :-)))



Sieht wirklich toll aus.
Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von DeJe » 20.09.2009, 21:01

Ich glaube wegen der Löcher in den Tritten muß man keine Angst haben. Man unterschätzt da die Festigkeit von 1,8cm Buchenholz. Ich würde wetten, das tritt Keiner kaputt, da reißen eher die Stricke. :D
Davon abgesehen, die Tritte sind schnell ausgesägt und genug Holz ist auch noch übrig...

Hm, in der Tat. Die Lendrum-Lösung wäre eine Alternative. Danke für den Tip, hatte ich noch nicht gesehen. Naja, jetzt bleibt es erstmal wie es ist. Wenn es nicht funktioniert, kann/muß Mann ja immer noch umbauen. ;)

Gruß,
DeJe
Gruß,
DeJe

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Re: Ein Baubericht

Beitrag von Sabine » 21.09.2009, 12:17

Aloha DeJe,

super Dein Baubericht!

Eine Anmerkung habe ich noch. Bei der Trittkonstruktion und vor allem der Verbindungsmethode der Tritte mit den Knechten machst ein Wiegetritt keinen Sinn.

Die zurückverlegten Tritte solle es ja ermöglichen das man durch Druck auf den hinteren Teil des Trittes den Knecht aufwärts bewegen kann. Bei der Verbindung mit Seilen geht dieser Druck ins leere und wenn man jemand ungeübten oder an Wiegetritte gewöhnten an das Rad läßt, kann es passieren das der Tritt dann von unten an den Knecht schlägt, wenn der Tritt dafür lang genug ist.

Ergo ein Wiegetritt bringt bloß etwas wenn die Tritt/Knecht Verbindung starr ist.

Wobei dergleichen bei einem Doppeltritt im Grunde sowieso nicht Notwendig ist.

In jedem Fall ist das ein super gelungener Eigenbau und wie es scheint spinnt er sich auch ganz hervorragend! :klatsch:
Alles liebe

Sabine

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von DeJe » 21.09.2009, 16:07

Hallo Sabine,
ein wirklicher Wiegetritt sollte es auch nicht werden. Nur gerade soweit vorgesetzt das das Fußgelenk über der Achse liegt, also max. 2cm oder 3cm. Also wegen ergonomischen Gründen, nicht um "hinten" auch treten zu können. Naja, aber egal, wir haben uns ja sowieso dagegen entschieden. ;)

Trotzdem vielen Dank für die Infos.

PS: Danke an den Mod für die Änderung der Überschrift. :)
Gruß,
DeJe

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von Sabine » 21.09.2009, 16:43

Aloha DeJe,

oh, dann habe ich das wohl nicht richtig verstanden. :O

Hauptsache es läuft und das ist ja wohl so. :gut:
Alles liebe

Sabine

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von DeJe » 21.09.2009, 16:49

Der Spinnkopf und die Welle stehen heute auf dem Plan.
Naja heute, tststs. ;)

Der Spinnkopfhalter und 3 4cm Scheiben wurden schon ausgesägt und grob verschliffen. Eine Scheibe und der Halter werden mit einer 14mm Bohrung versehen und verklebt. Bei den anderen 2 Scheiben wird je eine 5mm dicke Scheibe abgesägt (aufheben, die brauchen wir noch). Dann wird in den Scheiben die Aufnahme für die Kugellager gebohrt (22mm) und danach die Durchführung für die Welle, wieder mit 14mm. Beide Lager werden jetzt mit dem Spinnkopfhalter verklebt. Hier ist es sehr hilfreich, die 2 Kugellager sowie die Welle als Zentrierung zu nutzen. Wärend eine Person die Teile in Position hält, kann eine andere Person prüfen, ob sich die Welle leichtgängig drehen läßt. Hier ist es hilfreich, wenn der Holzkleber nicht ganz so schnell anzieht wie Uhu Coll, so das man noch korrigieren kann.

Spinnkopfhalter fertig mit eingelegtem Kugellager
Bild
Detail: Frontansicht
Bild

Wärend der Spinnkopfhalter klebt, können wir uns der Welle widmen. Zunächst wird sie in der benötigten Länge von 28cm abgeschnitten. Ein Ende erhält ein M8 Gewinde (2cm Länge reichen) für die spätere Aufnahme des Flügels. Innen werden die Kugellager vom Spinnkopfhalter bzw. den Aufnahmen abgestützt, so das sie nicht näher zusammenkönnen. Wir brauchen eine Fixierung der Welle, so das diese nicht in den Kugellagern hin und her rutscht. Dazu nutze ich 2 Nuten in der Welle und Sicherungs- bzw. Sprengringe.
Ich habe einen Plan. :D Dazu brauche ich Schraubstock, 2 Kugellager, die Welle, ein paar Sprengringe (8mm), Minibohrmaschine mit Trennscheibe.
Die Kugellager werden auf die Welle gesteckt und hinten/vorn mit den Sprengringen fixiert. Diese "Konstruktion" kommt dann in den Schraubstock. Nicht zu fest anziehen, die Welle muß sich leicht drehen lassen.

Die "Schraubstockdrehmaschine"
Bild

Zunächst wird die hintere Nut im Abstand von ca. 2-3mm zum Ende der Welle "gefräßt". Dazu die Trennscheibe (mit hohen Umdrehungen) leicht an die Welle legen. Also im Prinzip als würden wir die Welle teilen wollen, mit dem Unterschied, diese dreht sich mit! Trotzdem entsteht relativ schnell eine Nut. Eine Teife von ca. 1mm reicht vollkommen aus. Ich erwähne hier, das insbesondere für solche Arbeiten eine Schutzbrille nötig ist! In diese Nut kommen dann später die Sicherungsringe wie auf dem Bild zu sehen.

Fertige hintere Nut
Bild

Nun benötigen wir den Spinnkopfhalter. Probehalber wird ein Sicherungsring in die Nut eingebaut. Bitte auch hier eine Schutzbrille nutzen, die Dinger hopsen unkontrolliert durch die Gegend, wenn man abrutscht. Die Welle inklusive der Kugellager wird im Spinnkopfhalter eingesetzt. Beim vorderen Kugellager wird mit einem Bleistift die Position der 2ten Nut angezeichnet und diese wie oben "gefräßt". Den äußeren Sicherungsring jetzt auf die neue Nut transportieren. Das ist etwas kompliziert, wenn man kein Spezialwerkzeug hat. Aber nur Geduld, irgendwann klappt es schon. :D Dieser Sicherungsring muß auch nicht mehr entfernt werden.

Nuten fertig
Bild
Detail: vordere Nut
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Detail: vordere Nut mit Sicherungsring
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Fertig ist die Welle aber noch nicht. Man benötigt einen Mitnehmer für die Wirtel. Jetzt kommen die 2 oben abgetrennten Scheiben zum Einsatz. Der Mitnehmer wird sehr nah am inneren Lager am Spinnkopfflügel angebracht. Die Scheiben werden mittig mit 8mm durchbohrt. Zusätzlich erhalten sie noch je 2 Löcher die sich mit einem Radius von 1,5cm gegenüberliegen. Eine Scheibe erhält 5mm Löcher, die andere Scheibe 6mm Löcher. Das ist später für die Anbringung der Wirtel wichtig. Nun wird die Welle quer mit 3mm durchbohrt. Die Position muß man austesten, zusammen mit dem Spinnkopfhalter, den Scheiben, Kugellagern und der Welle. Die Scheiben sollen später nicht am Spinnkopfhalter schleifen.

Zusammengesteckter Mitnehmer
Bild

Wie man sehen kann, braucht man noch einen ca. 3cm langen Mitnehmerstab und eine Nut in einer der Scheiben. Wenn alles paßt, die Konstruktion montiert noch einmal testen und dann die 2 Scheiben mit Holzkleber verkleben. Epoxi ist hier nicht unbedingt notwendig.

Fertige komplette Welle
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Einzelteile Spinnkopfhalter
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Damit ist die Welle und der Spinnkopfhalter fast fertig. Der Rest wird zusammen mit den Spulen und Wirteln eingebaut.
Gruß,
DeJe

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von DeJe » 23.09.2009, 12:28

Die (vorerst) letzten Teile stehen auf dem Plan.
Spulen, der Flügel und die Wirtel.

Der Flügel wird im Ganzen ausgesägt und grob verschliffen. Als Aufnahme für die Welle habe ich mich für eine längere Sechskantmutter entschlossen. Diese wird mittig in den Flügel eingebaut. Zunächst wird dafür ein 8mm Loch gebohrt und dann sechseckig ausgefeilt.

Flügel ausgesägt
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Sechskant wird eingebaut, eingemessen
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Detail: Sechskant eingeklebt
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Detail: Einzug
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Der Einzug wird wie bei den Majacraft-Rädern ein Metalldraht 3mm. Es wird ein Winkel gebogen, 4cm Kantenlänge. die Stifte greifen später ca. 2,5cm in den Flügel, also bohren wir diese Löcher mit 3mm im Abstand von 4cm.
Die Haken sind aus dem Baumarkt, 30x2,6mm. Wir haben es etwas übertrieben und alle 1,5cm einen Haken vorgesehen, ist ganz schön eng. ;) Alle Haken befinden sich auf einer Ebene. Auf der je anderen Seite um 7,5mm versetzt. Dadurch werden 19 Haken, und Bohrungen, fällig. Zusätzlich sind noch 2 Haken als Fadenführung am vorderen Teil des Flügel angebaut.

Flügel komplett
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Der Flügel selbst (ohne Haken) ist ausgewuchtet. Dazu den Flügel auf die Welle schrauben und im Spinnkopfhalter oder unsere "Schraubstockdrehbank" frei schwingen lassen. Der Flügel muß in allen Positionen stehen bleiben. Mit Haken muß ich diese Arbeit noch machen. Aber das hebe ich mir auf bis zum endgültigen Verschleifen und Lackieren.

Nun wenden wir uns den Spulen zu. Diese sollten eine Menge Wolle aufnehmen. Die Innenlänge ohne Scheiben ist 15cm, der Flügel hat eine lichte Weite von 10cm. Wir hatten aus dem Baumarkt ein Stück Kabelrohr mit 2cm Durchmesser mitgenommen, kostet fast nix und macht einen stabilen Eindruck. Allerdings gestaltet sich dann die Konstruktion zu kompliziert. Man muß sowohl die Scheiben als auch die Bundbuchsen, die als Lager dienen und in den Scheiben sitzen, zentriert und gerade einkleben. Sehr aufwändig für 5 Spulen. ;)

Also haben wir uns auf die Suche nach Rohr mit einem Innendurchmesser von 12mm gemacht. Dieses soll die Buchsen aufnehmen. Danach können die Scheiben auf dem Rohr verklebt werden und haben keine tragende Rolle mehr. Fündig wurden wir im Auqarien- und Teichbedarf. Druckrohr aus PVC mit Innendurchmesser 13mm und außen 16mm.
Die Scheiben werden aus 9mm Multiplex ausgesägt und verschliffen. Ich habe den Außenrand rund geschliffen, muß man aber nicht. Jede Scheibe bekommt ein 16mm Loch und je 2 zusätzlich 5mm Bohrungen mit einem Radius von 1,5cm. Diese 5mm Bohrungen werden je auf der späteren Außenseite der Scheiben auf 6mm erweitert, ca. 4mm tief.

Die Spulenscheiben
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Das Rohr wird in 16,5cm Stücke geschnitten, 5 insgesammt. Zuerst habe ich in allen Kernen die Bundbuchsen eingeklebt und als Kontrolle ein Stück 8mm Stahlwelle genutzt. Da die Bundbuchsen nicht ganz korrekt in das Rohr passen, habe ich den Umfang mit etwas Papier auf 13mm gebracht (original 12mm). Das dient nur der Führung, da die Buchsen mit Epoxi eingeklebt werden. Die Kerne müssen sich mit den Buchsen leicht auf der Welle drehen lassen. Danach werden die Scheiben aufgeklebt, so das der Bund der Buchsen ca. 1mm übersteht. Auch hier habe ich die Welle genutzt, um zu kontrollieren, das die Scheiben nicht eiern.

Detail: Bundbuchse eingeklebt
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Spulenkerne fertig, Scheiben müssen geklebt werden
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Spule fertig
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Alle Wirtel werden aus 9mm Multiplex hergestellt, Größe ganz nach Wunsch bzw. Übersetzung. Also 1:5 rund 11cm, 1:7,5 rund 7cm. Die Spulenwirtel erhalten einen Rundschliff, die Antriebswirtel einen Keilschliff. Der Schliff wird wieder, wie beim Antriebsrad, mit der Minibohrmaschine hergestellt. Auch die Wirtel erhalten die 5mm Bohrungen.

Wirtel
Bild

Tja, soweit sind nun alle Teile, auch die mechanischen, fertig. Alle? Nein, nicht alle! :D
Die Preisfrage ist, wie werden die Wirtel angetrieben bzw. kommen auf die Spulen? Wie bestimmt richtig vermutet, kommen jetzt die 5mm Löcher ins Spiel. Die Antwort ist: Supermagnete!
Meine Frau hatte die verrückte Idee. Ausgelöst durch dieses Bild. Wir haben einige dieser Magnete hier. Durchmesser 5mm, Länge variabel mit 5mm und 8,5mm. Man glaubt nicht, was diese kleinen Dinger für eine Anzugskraft entwickeln. Lange Rede, kurzer Sinn. Die kleineren 5mm langen Magnete werden in die Spulen und in den Mitnehmer auf der Welle eingebaut. Die längeren Magnete kommen in die Wirtel. Hier lassen wir sie etwa 4mm überstehen, so das sie in die Spulen und den Mitnehmer greifen können. Damit ergibt sich ein simples Getriebe mit wechselbaren Wirteln sowohl was Antrieb als auch Spulen angeht. Beim Einbau muß man auf die Polarisierung achten. Es wäre nicht gut wenn sich Mitnehmer und Wirtel abstoßen. :D

Wirtel mit Mitnehmermagneten
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Spule
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Mitnehmer auf der Welle
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Ein ganz lustiger Nebeneffekt. Die Magnete bei Antrieb und Spulen sind entgegengesetzt gerichtet. Im Betrieb stoßen sie sich ab, so das die Spulen nicht am Antriebswirtel scheuern und immer vorn am Flügel laufen. Das sind zwar nur Millimeter, aber eine Geräuschquelle weniger. :D

Tja, nun bleibt mir das Verschleifen, lackieren, neuen Flügel bauen (mit Sliding Hook), Wirtel produzieren, Haspel basteln, Spulenhalter, ...

Noch ein paar Bilder vom kompletten Rad
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Bild
Probespinnen
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Es spinnt...
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...und zwirnt
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Gruß,
DeJe

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von shorty » 23.09.2009, 12:33

sieht super aus, echt klasse.
Ich freu mich , dass alles so gut geklappt hat.
karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von Tanja » 23.09.2009, 13:00

Und wann kann man es bestellen?
;)

Im Ernst, sieht klasse aus. Ein tolles Teil. Ich bin mal so mutig und frage, ob ihr vielleicht noch ein Video vom Spinnen einstellen wollt....
Liebe Grüße
Tanja

Ich stricke mit Brother 842 mit KR 850 und nähe/sticke mit einer Brother Innovis 950.

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Re: Ein Baubericht ... Spinnrad aus Buche

Beitrag von DeJe » 23.09.2009, 15:07

Tanja hat geschrieben:Und wann kann man es bestellen?
;)
Keine Chance. Du könntest höchstens Kerstin66 fragen ob sie es dir verkauft. ;)
Tanja hat geschrieben:Im Ernst, sieht klasse aus. Ein tolles Teil. Ich bin mal so mutig und frage, ob ihr vielleicht noch ein Video vom Spinnen einstellen wollt....
Danke, und Bitteschön

Das Video ist vom Anspinnen. Deshalb sollte meine Frau den 2ten Tritt noch nicht nutzen weil er noch nicht verklebt war. Es hätte zwar funktioniert aber etwas "geklackert". Aber wie man sieht geht es auch eintrittig einwandfrei. Die Übersetzung ist hier auch sehr langsam, etwa 1:5. Das waren die ersten fertigen Wirtel. :)
Gruß,
DeJe

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