Mittelalterliche Spinnerzunft

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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anjulele
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von anjulele » 20.05.2014, 21:28

Mit den Disteln ist sicherlich nicht kardiert worden. Ordentlich gezupfte Locken brauchen nicht kardiert werden, sondern können gleich gesponnen oder auch gekämmt werden. Wir heute haben ganz andere Ansprüche und auch Möglichkeiten zur Verarbeitung. Vor allem fehlt den allermeisten von uns (ich schliesse mich da nicht aus) Fähigkeiten und die Ausdauer mit der früher selbstverständlich gearbeitet wurde. Selbstverständlich, weil nur gründliches Vor- und Verarbeiten Voraussetzung für brauchbare Kleidung und andere Stoffe sind.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Spinnliesel » 21.05.2014, 05:54

Kardendistelköpfe könnte ich im Herbst ernten. Wer welche haben möchte bitte per privater Nachricht melden. Dann könnet ihr ja ausprobieren, ob und was damit geht.

Viele Grüße
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Zauberin » 21.05.2014, 18:02

Hallo zusammen
anjulele hat geschrieben:Vor allem fehlt den allermeisten von uns (ich schliesse mich da nicht aus) Fähigkeiten und die Ausdauer mit der früher selbstverständlich gearbeitet wurde. Selbstverständlich, weil nur gründliches Vor- und Verarbeiten Voraussetzung für brauchbare Kleidung und andere Stoffe sind.
Stimmt, heute muss vieles schnell gehen. Man muss immer irgendwo hin rennen, hat Termine, der Bus fährt sonst ohne dich ab, die Kinder kommen zu spät in den Kindergarten oder in die Schule - schnell schnell sonst bist du zu spät!

Meistens haben ja auch die Kinder mit geholfen - kardieren, Wolle zupfen, sortieren ist die Arbeit der Kinder gewesen. Wenn sie genug fingerfertig waren haben die Mädchen spinnen gelernt, die Buben haben im Handwerksbetrieb vom Vater angefangen zu helfen.

Und, wer hat jetzt Interesse bei unserer mittelalterlichen Spinner-Zunft mit zu machen? Oder kennt ihr jemanden der vielleicht Interesse hat?

Einen schönen Abend!

Eure Zauberin
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 21.05.2014, 19:20

anjulele hat geschrieben:Mit den Disteln ist sicherlich nicht kardiert worden. Ordentlich gezupfte Locken brauchen nicht kardiert werden, sondern können gleich gesponnen oder auch gekämmt werden.
Mit Disteln kannst du aber aufrauhen, und das wurde auch gemacht. An mehr Info bin ich noch dran.

Zu den Handkarden gibt es im Spätmittelalter (ab 14. Jahrhundert) Folgendes: Die Griffe waren aus Holz, auf die ein mit metallenen Drahtstiften versehener Lederbelag genagelt. Wer hätte das gedacht :) Im Grunde alles wie heute auch, nur halt kein Gummikardenbelag, sondern einer aus Leder.

Bilder dazu im (bitte ergoogeln): Luterell Psalter (im Übringen ein ganz wundervolles Buch mit spannender Hintergrundgeschichte), das buch, was ich weiter oben schon verlinkt hatte und noch einige mehr. Einfach mal in den Bilddatenbanken der Archive stöbern; mit den richtigen Stichworten findet man da ganz viel.

Es gibt so viele Werkzeuge, die sich im Laufe der Jahrhunderte fast nicht verändert haben.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von shorty » 22.05.2014, 08:39

Zu den Disteln ist schon reichlich geschrieben worden, damit wurde eher weniger Kardiert... sondern aufgerauht..gibt auch sehr gute Bilder und Berichte hier dazu...
Aber was ich evlt noch richtig stellen möchte, die Qualität eines mit Spindelrad gesponnenen Fadens ist nicht per se schlechter.... das ist einfach eine andere Art Garn da andere Spinntechnik...
..damit hat man nur die Neuerung meines Wissens etwas verzögert ;-) Spindelräder können sehr gut ausgereift und sehr effektiv sein !
noch was eingefallen was das Wolle vorbereiten betrifft... viele Wollen wurden nicht kardiert sondern gekämmt...

übrigens zählte Spinnen nicht zum Handwerk ...

Viele Themen die Du anschneidest wurden hier schon vielfach sehr gut beleuchtet...
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 22.05.2014, 15:11

Ich habe Abbildungen zu Handkarden aus dem britischen Raum gefunden, wo das Teil mit Distel bestueckt war. Also noch nicht ganz abschreiben bitte, ich schreib dazu mehr, sobald ich nen richtigen PC vor mir habe.

Shorty das Garn scheint aber damals schlechter gewesen zu sein, es gab schliesslich auch Schauen usw bevor weiterverkauft und weiterverarbeitet werden durfte. Und umsonst stellt man die Benutzung eines Geraetes nicht unter Strafe. Da zaehlen schon mehr Dinge zu als pure Neuerungszurueckhaltung.

Inwiefern war Spinnen kein Handwerk?

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von shorty » 22.05.2014, 15:39

Weils kein Handwerk war, nicht wie Weber Färber .... es gehört zum Alltag.
Jeder hat es ausgeübt der halbwegs noch das Feingefühl hatte...es gehörte eher zu den alltäglichen Hausarbeiten...
Ist nicht meine eigene persönliche Meinugn sondern Tatsache, man konnte das Spinnen als Handwerk/Beruf wie Schneiderei usw nicht erlernen


Na ja... die Erde war ja bekanntlich auch mal ne Scheibe und jeder der anderes erzählte zog bekanntlich Ärger auf sich ;-) schmunzel.....

es wurde damals übrigens auch schon "geschummelt" mit Garnstrecken und versch. Ellenlängen usw

Es ist schlicht so Spindelräder sind effektiver als reine Handspindeln eben für bestimmte Garne... damit hätten relativ viele Leute die sich kein solches Gerät anschaffen konnten aus finanziellen Gründen schnell keine Arbeit mehr gehabt, übrigens mit ein Grund, warum sich Handspindeln sehr lange gehalten haben in nichtindustriellen Gebieten ..kostengünstig mit relativ wenig Aufwand in großer Zahl herstellbar...

Sieht man auch schön dran, wie schnell die Spindel und auch das Spinnrad weg war, sobalds Spinnmaschinen für die Industrie gab......

Die Garnqualität war meines Erachtens nicht der Hauptgrund...Was das unter Strafe stellen angeht.. damals gabs vermutlich auch ansonsten allerlei was strafbar war, über das wir uns heute wundern würden...

Hier übrigens Bilder von der "Aufrauhmaschine"...

hier ein link zu Karden mit den "Kletten"
http://www.ravelry.com/discuss/spinnern ... 36/1-25#12
http://www.nuernberger-hausbuecher.de/7 ... -317-166-v
http://members.aon.at/heimatvereinkatsd ... e_6_3.html
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 22.05.2014, 18:16

shorty hat geschrieben:Weils kein Handwerk war, nicht wie Weber Färber .... es gehört zum Alltag.
Jeder hat es ausgeübt der halbwegs noch das Feingefühl hatte...es gehörte eher zu den alltäglichen Hausarbeiten...
Ist nicht meine eigene persönliche Meinugn sondern Tatsache, man konnte das Spinnen als Handwerk/Beruf wie Schneiderei usw nicht erlernen
Achso, ja das stimmt. Gut, die haben das dann verkauft. Dennoch haben auch die Weber und Färber das Garn nicht abgenommen, wenn es ungleichmäßig gesponnen war. Denn die hatten daraus feines Tuch herzustellen, was wiederum Tuchschauen unterlag.

shorty hat geschrieben:es wurde damals übrigens auch schon "geschummelt" mit Garnstrecken und versch. Ellenlängen usw
Kein Wunder, wenn jede Stadt andere Maßeinheiten und Münzsysteme hat ;)

shorty hat geschrieben:Die Garnqualität war meines Erachtens nicht der Hauptgrund...Was das unter Strafe stellen angeht.. damals gabs vermutlich auch ansonsten allerlei was strafbar war, über das wir uns heute wundern würden...
Wobei wir aber auch wieder nur von dem ausgehen können, was aufgeschrieben wurde. "Ich denke" ist dann schon wieder ab von dem. Ich muss halt immer grinsen, wenn jemand sagt "och, fleckig gefärbter Stoff ist doch authentisch". Nein, ist er nicht, denn auch hier gabs ein hohes Maß an Qualität zu halten, sonst war man weg vom Fenster. Immer in Bezug auf den Handel, denn das ist es, was mich z.b. interessiert.

Ich habe gerade geschaut, mein Handkardendistelnachweis ist aus dem frühen 19. JH.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Amalie » 23.05.2014, 10:15

Vielleicht ist das hier eine?
http://www.botanicalgarden.ubc.ca/potd/ ... ativus.php

Wobei man auch bei diesem Instrument nicht weiß, ob es nicht eher zum aufrauhen von Stoff gedacht ist. Der Text auf obiger Seite deutet eher Richtung aufrauhen.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von shorty » 23.05.2014, 12:20

Wers schon mal versucht hat wird feststellen, dass sich mit den Kardendisteln nicht wirklich gut kardieren lässt im üblichen Sinne, das ist schon eher zum aufrauhen. zudem wurde Wolle wie gesagt sehr häufig gekämmt...oder eben gleich aus der Flocke gesponnen
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 23.05.2014, 17:25

Wobei ich immer noch der Meinung bin: will man das Ganze historisch korrekt zeigen, gilt es herauszufinden, ob es einen halbwegs klaren Nachweis dafür gibt, dass damit "nur" aufgerauht wurde. Mit einem "weils (heute) so besser geht" würde ich mich nicht zufrieden geben und es lediglich als eigene Vermutung ausgeben. Ist aber nicht meine Baustelle, ich gehöre in die Färberei :)) Daher hier noch schnell ein Link, den ich interessant finde *klick*. Vielleicht finde ich ja noch was definitives raus, ein paar wirklich gute Darsteller rund um Wollverarbeitung treffe ich ab und zu.

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von shorty » 23.05.2014, 17:42

ohne Frage ;-) schmunzel :-)

interessantes gibts dazu auch hier unter Kardendistel :
http://www.kruenitz1.uni-trier.de/

wenn auch evlt für ne andere Epoche
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 23.05.2014, 19:28

Super, danke; den habe ich mir mal abgespeichert!

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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von shorty » 23.05.2014, 19:43

Noch was eingefallen zu dem Thema.. nach etwas grübeln.... evtl kann mans auch von ner anderne Seite angehen..
Im Mittelalter dürften so gut wie alle Rassen mischwollig gewesen sein.. was ganz stark fürs kämmen spricht
Für feine Tuche ist es denke ich unerlässlich Unterwolle und Grannenhaare zu trennen
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Re: Mittelalterliche Spinnerzunft

Beitrag von Schlompfine » 23.05.2014, 20:19

Da kann ich mal jemanden fragen, der kennt sich mit den Rassen ganz gut aus.

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