E-Spinner zweifädig.

Selbstbau von Handarbeitsgeräten

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E-Spinner zweifädig.

Beitrag von DeJe » 05.01.2013, 22:01

Nach langem Schweigen von mir auch mal wieder ein Beitrag.

Der E-Spinner lag ja schon lange auf Eis. Zwischenzeitlich hatte ich doch etwas Zeit mich kundig zu machen und das Projekt ernsthaft in Angriff zu nehmen. Vorerst gibt es die Elektronik in Freiluftverdrahtung. ;)
Ein Gehäuse ist noch nicht entworfen. Das soll später aber mit dem Design zum Spinnrad passen...was derzeit absolut nicht der Fall ist.
P1044814.jpg
P1044813.jpg
P1044806.jpg
Und ein kurzes Video
In Betrieb

Wir haben bei unserem Spinnrad sowohl Vor- als auch Nachteile festgestellt. Zunächst, die gezeigten Drehzahlen entsprechen etwa einer 3:1 Untersetzung. Allerdings sind die Motoren im Video nach lange nicht auf Volllast. Bei 10 Volt (wie im Video) schaffen die Motoren ca. 6300 u/min, bei den später genutzten 12V sogar über 8000 u/min.
Auf dem Video sieht man, das die Leistung vollkommen ausreicht, sowohl fürs Starten als auch fürs Stoppen. Die Spule wurde mit ca. 250g Wolle betrieben, stellt also für den Test eine recht ansehnliche Trägheit zur Verfügung. :D Der Vorteil ist hier, das es keine sonstigen "Bremsen" gibt, weder am Flügel noch an der Spule.
Aber weiter zu den Nachteilen. Diese sind bedingt durch den Spinnkopf. Durch den "freien" Aufbau wirken sich schon kleine Unwuchten massiv auf das Laufverhalten aus. In Geschwindigkeiten, die Kerstin normalerweise selbst mit der 1:25er Übersetzung spinnt, passiert noch nix. Aber ab 4000 u/min fängt das Spinnrad/Flügel an zum Rüttler zu werden. :O Ohoh, da wird ein neuer Spinnkopf fällig...wann mach ich das denn noch?

Nichtsdestotrotz, selbst dieser improvisierte Aufbau funktioniert einwandfrei und hat Potential für mehr...
Andere Steuerung denkbar
Mein Töchterchen (studiert Informatik) hat schon einen Auftrag für Spracheingabe. 8)

Ab hier wird es etwas technisch, zum Aufbau.
Herz der "Anlage" ist ein ATMEGA32, gepaart mit UART, Interface zu einem Display und einfacher Matrix-Tastatur. Beide letztgenannten Dinge konnte ich aus der Bastelkiste nachnutzen. Der Motortreiber ist ein Eigenentwurf mit einem L6205, ein Dual-H-Bridge IC mit 2A Leistung pro Kanal. Dazu gesellen sich zwei Faulhaber 3540 als Antrieb. Beide Motoren werden mittels Hallsensoren überwacht und die Drehzahl aktiv geregelt. Die Software ist ebenfalls eine Eigenentwicklung und noch lange nicht fertig.

PS. Das "Klackern" in den Videos ist meine Kamera, wenn der Focus nachgestellt wird. X(
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Gruß,
DeJe

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von shorty » 05.01.2013, 22:49

Wow, bin begeistert was ihr so alles ausheckt !!!
Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von susisorglos » 05.01.2013, 22:52

Sieht vielversprechend aus! Bin schon gespannt auf mehr.

Susanne

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von thomas_f » 07.01.2013, 14:42

Super :D Und schön wieder von dir zu lesen :wink:

Wenn ich das richtig verstehe, arbeitet das Rad mit einem permanenten Zwangseinzug, der elektronisch eingestellt wird (aktive Drehzahlregelung)? Also Garn zurückhalten und dann einlaufen lassen ist nicht vorgesehen?

Könnte man das realisieren, indem man dem Spulenmotor sagt "Dreh die Spule nicht (viel) langsamer als die Flügeldrehzahl, nicht schneller als Flügeldrehzahl mal X, aber so schnell wie du mit einer bestimmten Stromstärke kannst"? Dass also beim Flügelmotor die Drehzahl, beim Spulenmotor die Leistung aktiv geregelt würde? (Wobei X dem Verhältnis zwischen Flügel- und Spulenwirteldurchmesser beim herkömmlichen zweifädigen Rad entspräche.)

Sehr spannend :) Messen die Hallsensoren die Drehzahl an den Motoren oder an den Wirteln?

Edit: An den Motoren, wie man auf dem Foto sieht ;)

Beste Grüße -- Thomas

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von DeJe » 07.01.2013, 19:05

Hallo Thomas,
Ja, der "Zwangseinzug" ist bei einem zweifädigen Spinnrad sozusagen vorgegeben (auch wenn mir Kerstin das nicht glaubt :D). Es sei denn, man arbeitet mit einem gewissen Schlupf...Dieser Schlupf ist derzeit auch bei meinem eAufbau vorhanden, die Antriebsscheiben sind einfach zu glatt um 100% genaue Drehzahlen zu garantieren. Hält man den Faden zu fest und dieser hält, rutschen die Antriebe einfach durch.

Aber grundsätzlich wären die angefragten "Features" per Software leicht realisierbar. Man könnte vielleicht eine Art Geber (z.B. Fußschalter) nutzen um dem Microprofessor den gewünschten Modus zu signalisieren (Drücken -> Einzug, kein Drücken -> 1:1 = kein Einzug). Das Drehzahlverhältnis (=Einzug) kann schon jetzt mit 8bit Auflösung (1..256) variabel und in Echtzeit gesetzt werden. 100 entspricht 1:1, 120 entsprechend 1:1,2 und 90 = 1:0,9.

Noch ein Wort zur Steuerung. Der IC hat keine Strom-/Spannungs-Rückmeldung, er regelt komplett autonom anhand des PWM-Tastverhältnis, aber je Motor einzeln. Dadurch ist es trotzdem möglich, Flügel und Spule unterschiedlich anzusteuern. Ich regele nur das Tastverhältnis der PWM, der IC setzt das in mehr/weniger Leistung um. Also ja, sowohl Flügel als auch Spule werden unabhängig aktiv geregelt. Obige Anforderung würde man realisieren, indem man beim Regelkreis für die Spule eine größere und verschobene Differenz zur Solldrehzahl erlaubt, z.B. -20% bis + 0% oder so. ;)

Ja, die Drehzahl wird derzeit an den Motoren gemessen. Eine Drehzahlabnahme direkt an Flügel/Spule ist aber recht einfach realisierbar. Man braucht lediglich je 2 Magnete und muß die Sensoren entsprechend positionieren.

Gruß,
DeJe
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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von Beyenburgerin » 07.01.2013, 20:52

Hallo DeJe,

ein tolles Teil hast du da gebaut. Die Sprachsteuerung wird sicherlich interessant, besser als zwei Zahlen einzugeben, für jeden Motor eine. Oder kann man direkt das Verhältnis der Motoren zueinander eingeben? Denn das ändert sich ja, je voller die Spule wird.

Und Kerstin, wie gefällt dir das E-spinnen?. Das kann süchtig machen, oder?

LG Brigitte
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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von thomas_f » 08.01.2013, 10:04

Ja, der "Zwangseinzug" ist bei einem zweifädigen Spinnrad sozusagen vorgegeben (auch wenn mir Kerstin das nicht glaubt :D). Es sei denn, man arbeitet mit einem gewissen Schlupf...
Neenee, manchmal haben unsere Frauen doch recht :D Alle mir bekannten Autoritäten (darunter Fannin, Teal, Amos, Bryant und nun auch Kerstin ;) ) sind sich einig, dass der Schlupf zum zweifädigen Rad unbedingt dazugehört. Erst durch ihn bekommt der Handspinner die Freiheit, das Garn nach Wunsch zu gestalten und ganz leicht und einfach und ohne Umbau, Knopfdrücken oder Zuruf, sogar ohne groß drüber nachzudenken, die Geschwindigkeitsdifferenz Flügel--Spule den aktuellen Bedüfnissen anzupassen, indem er einfach den Faden zurückhält oder ihn mit der gewünschten Geschwindigkeit dem Rad überlässt. (Die meisten zweifädigen Räder sind so konstruiert, dass dieser Schlupf vorwiegend auf dem Spulenwirtel stattfindet und der Flügel sich mit konstanter Geschwindigkeit dreht.)

Wie man in deinem Video sieht, kann man auch mit fester Drehzahldifferenz = Zwangseinzug spinnen, aber wollen tu ichs für meinen Teil nicht. Ähnlich wie beim gebremsten Rad stelle ich bei meinen zweifädigen die Spannung immer so zart ein, dass das Garn gerade noch sauber auf die Spule gewickelt wird.
Aber grundsätzlich wären die angefragten "Features" per Software leicht realisierbar. Man könnte vielleicht eine Art Geber (z.B. Fußschalter) nutzen um dem Microprofessor den gewünschten Modus zu signalisieren (Drücken -> Einzug, kein Drücken -> 1:1 = kein Einzug). Das Drehzahlverhältnis (=Einzug) kann schon jetzt mit 8bit Auflösung (1..256) variabel und in Echtzeit gesetzt werden. 100 entspricht 1:1, 120 entsprechend 1:1,2 und 90 = 1:0,9.
Naja, das wäre eben nicht das "angefragte Feature". Vom Spinner aus betrachtet könnte man die Anfrage so formulieren: "Bitte liebes Rad, zieh mir nur so kräftig am Faden wie nötig, damit du ihn sauber aufwickeln kannst, sobald ich ihn dir überlasse. Und dann sollst du ihn recht tüchtig schnell aufwickeln, damit du ihn mir unterdessen nicht zu arg verdrillst."

Selbst eine denkbare Zwirnmaschine würde ich so bauen, dass die Einzugsgeschwindigkeit nicht durch eine feste Geschwindigkeitsdifferenz Flügel--Spule reguliert wird. Ich würde vor dem Einzug eine Art Mini-Wringmaschine aus zwei Walzen installieren, die die Fäden mit zur Flügeldrehzahl passender Geschwindigkeit transportiert. Damit wäre auch der erhebliche Einfluss des wachsenden Spulendurchmessers ausgeglichen, den weder ich noch die Elektronik "während der Fahrt" leicht einschätzen oder messen können.

Beste Grüße -- Thomas

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von DeJe » 09.01.2013, 18:51

thomas_f hat geschrieben:Neenee, manchmal haben unsere Frauen doch recht :D Alle mir bekannten Autoritäten (darunter Fannin, Teal, Amos, Bryant und nun auch Kerstin ;) ) sind sich einig, dass der Schlupf zum zweifädigen Rad unbedingt dazugehört.
Pah, Autoritäten! :D
Im Ernst, es könnte schon stimmen. Da Kerstin ja sowieso so spinnt und sich nicht umstimmen läßt, sind wir beide zufrieden. Ich als Theoretiker und sie in der Praxis. :totlach:
thomas_f hat geschrieben:Naja, das wäre eben nicht das "angefragte Feature". Vom Spinner aus betrachtet könnte man die Anfrage so formulieren: "Bitte liebes Rad, zieh mir nur so kräftig am Faden wie nötig, damit du ihn sauber aufwickeln kannst, sobald ich ihn dir überlasse. Und dann sollst du ihn recht tüchtig schnell aufwickeln, damit du ihn mir unterdessen nicht zu arg verdrillst."
Der Schaltervorschlag ist natürlich nicht praktikabel. Der geweitete Regelbereich ist es aber durchaus und sogar sehr einfach zu realisieren.
Vielleicht kam "Zwangseinzug" etwas zu hart rüber. Das System verhält sich genauso wie mit dem normalen Antrieb, also mit etwa genauso viel Schlupf. Man kann das im Video erahnen, die Drehzahl der Spule schwankt deutlich mehr als die des Flügel.
Beyenburgerin hat geschrieben:Die Sprachsteuerung wird sicherlich interessant, besser als zwei Zahlen einzugeben, für jeden Motor eine. Oder kann man direkt das Verhältnis der Motoren zueinander eingeben? Denn das ändert sich ja, je voller die Spule wird.
Für die Drehzahlen gibt man nur eine Zahl für den Flügel ein, die Drehzahl für die Spule wird automatisch berechnet. Allerdings wird das Verhältnis nicht automatisch angepasst je voller die Spule wird. Man kann natürlich manuell jederzeit andere Verhältnisse eingeben. Mir ist noch keine praktikable Lösung eingefallen, die Änderung bei voller Spule automatisch zu kompensieren.
Gruß,
DeJe

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von thomas_f » 10.01.2013, 09:45

Mir ist noch keine praktikable Lösung eingefallen, die Änderung bei voller Spule automatisch zu kompensieren.
Beim klassischen zweifädigen Rad wird bei wachsendem Garnpaket der Schlupf angepasst, sprich: die Antriebsschnurspannung wird erhöht um die Einzugskraft nachzustellen. Das entspricht dem Bremse-Nachstellen beim einfädigen Rad. Die Drehzahldifferenz zu verringern bringt da nicht viel, da sowieso nur im Schlupfbereich gearbeitet wird. Selbst beim Einlaufenlassen des Garns soll man idealerweise nicht die rechnerisch maximale (schlupflose) Einzugsgeschwindigkeit erreichen, denn an dem Punkt fälllt die Einzugskraft auf Null, man bekommt das Gefühl, das Garn "reinschieben" zu wollen, es verzwirnt sich in der Luft, wickelt sich um Häkchen usw. Wenn bei vollerer Spule rechnerisch eine höhere Einzugsgeschwindigkeit möglich wäre, ist das vielleicht ganz nett, aber für das Spinnverhalten des Rads nicht besonders relevant und die Drehzahldifferenz muss deswegen nicht unbedingt reduziert werden.

Die entscheidende Größe für den Spinner ist die Einzugskraft, die max. Einzugsgeschwindigkeit nur insofern, als dass er sie nicht erreichen will.

Beste Grüße -- Thomas

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von DeJe » 17.01.2013, 19:11

Thomas, ich glaube du siehst das zu schwarz/weiß. ;)
Die Drehzahldifferenz zu verringern bringt da nicht viel,
Das hast du flasch verstanden. Da wird nix verringert, es wird nur (in gewissen Grenzen) nicht versucht die Solldrehzahl zu erreichen.

Der Antrieb durch die 2 Motoren ersetzt nur den gleichwertigen Antrieb durch das Schwungrad. Schlupf, Spannung der Schnur, ... usw. bleiben erhalten. Der Antrieb wird ja nicht durch Zahnriemen ersetzt welche in der Tat keinen Schlupf zulassen. Im Moment ist es sogar so (und bleibt wahrscheinlich auch so), das der Schlupf eher größer als beim "normalen" Antrieb ist.

Nun, der umfassende Test steht natürlich noch aus. Aber die ersten Tests sind sehr vielversprechend, das Spinnrad spinnt auch mit e-Antrieb einwandfrei. :D

PS: ich konnte jetzt noch zwei identische Motoren für billig Geld bei ibee ergattern! :gut:
Gruß,
DeJe

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von thomas_f » 18.01.2013, 12:00

Die Drehzahldifferenz zu verringern bringt da nicht viel,
Das hast du flasch verstanden. Da wird nix verringert, es wird nur (in gewissen Grenzen) nicht versucht die Solldrehzahl zu erreichen.
Das verstehe ich nicht. An beiden Motoren? Was versprichst du dir davon? Wenn nur an einem Motor, dann verringerst du eben doch die Drehzahldifferenz (= theoretisch maximal erreichbare Einzugsgeschwindigkeit in Garnlänge pro Flügelumdrehung), steigerst aber dabei nicht die Kraft, mit der das Rad am Faden zieht? Da steh' ich jetzt ziemlich Ox vorm Berg. :eek:

Und, nee, schwarz-weiß ist nicht meine Absicht, ich versuche nur nachzuvollziehen, was (für mich zumindest) ein optimales Verhalten eines zweifädigen Rades wäre, und wie bzw. ob man sich dem mit Motörchen und Elektronik und einem cleveren Algorithmus annähern könnte. Da bin ich damals (übrigens mit den gleichen zwei Motörchen, die du benutzt) nicht wirklich weitergekommen und stelle hier meine ungelösten Fragen, die mich seinerzeit zum spulengebremsten E-Spinner haben umschwenken lassen. Ich lasse mich gern eines besseren belehren, sogar von der Praxis! ;)

Mein Ideal wäre: Ein Spinnrad liefert (1.) eine konstante Flügeldrehzahl und (2.) zieht mit einer (relativ niedrigen) konstanten Kraft am werdenden Garn. Außerdem soll es das fertige Garn (3.) so schnell, wie es ihm vom Spinner überlassen wird und (4.) gleichmäßig und ohne Korkenzieherlöckchen auf die Spule wickeln können.

Im Einzelnen:

(1.) konstante Flügeldrehzahl Die Flügeldrehzahl ergibt sich aus Trittfrequenz bzw. Motordrehzahl, Übersetzung und Schlupf. Um sie konstant zu halten, d.h. unabhängig von der jeweiligen Lastsituation, sollte der Schlupf am Flügel und am Schwungrad gering sein, bzw. die wirkliche Flügeldrehzahl als Messwert für die Drehzahlregelung dienen.

(2.) konstante Einzugskraft Die Kraft des Einzugs ergibt sich aus den unterschiedlichen Durchmessern der Wirtel (bzw. den unterschiedlichen Drehzahlen der Motoren) in Verbindung mit dem Schlupf, der wegen (1.) hauptsächlich auf dem Spulenwirtel stattfinden sollte. Zum Schlupf zählt allerdings auch der Schlupf auf Flügelwirtel und Schwungrad bzw. dass ein Elektromotor unter Last langsamer wird, wenn nicht eine Drehzahlregelung das verhindert.

(3.) ausreichende Aufwickelgeschwindigkeit Die Obergrenze der Aufwickelgeschwindigkeit (aufgewickelte Garnlänge pro Flügelumdrehung) ergibt sich aus dem Verhältnis der Wirteldurchmesser zueinander (bzw. aus dem Verhältnis der (maximalen) Motordrehzahlen), aus dem Durchmesser des Spulenkerns bzw. des Garnpakets auf der Spule sowie aus dem Restschlupf, der für (4.) erforderlich ist.

(4.) ausreichende, gleichmäßige Spannung auch beim Aufwickeln Auch während des Aufwickelns ist eine Einzugskraft erforderlich, damit das Garn sich nicht mit sich selbst verzwirnt und die Reibung beim Aufwickeln überwunden werden kann (Einzugsloch, Umlenkung, Häkchen, evtl. WooLee-Winder-Antrieb, Spule auf Flügelachse). Daher muss m.E. auch beim Aufwickeln eine Schlupfsituation gegeben sein. Ohne sie wäre eine zuverlässig ausreichende, aber nicht zu starke, halbwegs konstante Einzugskraft beim Einziehen und Aufwickeln nicht zu erreichen. Das Aufwickeln passiert ja nicht mit mechanisch determinierter konstanter Geschwindigkeit, sondern die Geschwindigkeit wird von den Spinnerhänden vorgegeben.

All das lässt sich mit einem Schwungrad oder einem oder zwei Motörchen anscheinend erstmal relativ komfortabel bauen. Aber es gibt ein paar Parameter, die sich im Gebrauch eines Spinnrads ändern.

(I) Es sollen unterschiedliche Garne gesponnen werden. Dazu braucht es eine unterschiedliche Einzugskraft. Ein dickeres und/oder ein festeres Garn braucht mehr Einzugskraft als ein dünneres und/oder ein weniger gedrehtes.

(II) Es soll in unterschiedlichen Methoden gesponnen werden: Kurzer Auszug vs. gaanz langer Auszug. Dazu brauchts eine unterschiedlich große Obergrenze der Einzugsgeschwindigkeit. Höher schadet nie, solange die Einzugskraft davon nicht berührt ist.

(III) Die Spule füllt sich. Bei voller Spule ist -- ceteris paribus -- bei einem üblichen Spinnrad die Einzugskraft nur noch ein Viertel der Einzugskraft bei leerer Spule.

(IV) Der fortgeschrittene Spinner möchte dasselbe Garn mit derselben Methode in der Hälfte der Zeit spinnen, der Anfänger möchte lieber Zeitlupe.

Nicht jedes Spinnrad kann all diese Parameter gleich weit verändern. An jedem Spinnrad muss man (III) die Einzugskraft, die bei wachsendem Spulendurchmesser schwindet, nachstellen können. Bei (I) der Art der Garne und (II) der Art des Auszugs gibt es bauartbedingt Grenzen: Ein kleines Einzugsloch erlaubt keine dicken Garne; eine kleine Spule macht das Spinnen dicker Garne unsinnig. Die Differenz der Wirteldurchmesser (II) hat beim pedalierten Spinnrad technische Grenzen, jenseits derer man auf spulengebremsten Betrieb umrüsten wollen würde. (IV) Die Änderung der gewünschten allgemeinen Spinngeschwindigkeit: Beim Tretrad könnte eine Steigerung erreicht werden durch schnelleres Treten, größeres Schwungrad oder kleinere Flügel- und Spulenwirtel. Die Grenzen liegen für E-Spinner normalerweise sehr viel weiter als für Treträder, daher braucht (IV) hier nicht zu interessieren.

Der Knackpunkt liegt wirklich bei (III), dem Nachstellen der Einzugskraft, einer Übung, die alle pedalierten Flügelräder manuell super beherrschen, die zu elektrifizieren aber m.E. nicht ganz einfach ist.

Nutzenüberlegungen:

Ein zweifädiges Spinnrad nutzt dem Pedalierer, weil es (anscheinend, s. anderen Thread) leichter zu treten ist. Dafür hat es engere Grenzen bei anderen Parametern.

Ein evtl. geringerer Stromverbrauch beim zweimotorigen Antrieb ist für den E-Spinner eine cura posterior. ('zeihung: eine nachrangige Sorge. :O ) Es ist kein Problem, einen einzelnen, etwas stärkeren Motor einzubauen und mit dem eine Spulenbremse samt WooLee-Winder zu betreiben. Alle obigen Bedingungen wären leicht erfüllt, m.E. viel einfacher als bei einer zweimotorigen Lösung, und mit dem Zusatznutzen einer viel höheren Obergrenze der Einzugsgeschwindigkeit.

Zugegeben, die Spulenbremse wäre noch altmodisch-manuell nachzustellen. Ob sich das sinnvoll elektronisch regeln ließe? Vielleicht nach der Fadenspannung geregelt, gemessen an einem etwas federnd aufgehängten Spinnkopf? Oder: könnte man nach der so gemessenen Fadenspannung auch den zweiten E-Motor beim zweimotorig-zweifädigen Antrieb regeln? Huch, das wär was! Ist aber erstmal natürlich bloß so 'ne Idee ...

Beste Grüße -- Thomas

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von DeJe » 18.01.2013, 21:46

Ich glaube, du gehst von vollkommen flaschen Gegebenheiten aus und nimmst die Microprozessor-Steuerung (und deren Möglichkeiten) komplett aus der Betrachtung. ;)

Nur als Beispiel: Derzeit wird bei 3000 upm von diesem Teil 50 mal die Drehzahl gemessen, berechnet und nachgestellt. An beiden Motoren. Und er langweilt sich bei dieser Frequenz (50Hz) 99% der Zeit, sprich, hat nix zu tun.
Also Ja, beide Motoren werden/können vollkommen unabhängig voneinander gesteuert werden: sprich Drehzahl, Kennkurve(Kraft), Nachstellung (Schlupf), Drehzahldifferenz zum anderen Motor, ... und das alles in Echtzeit. :D
Das verstehe ich nicht. An beiden Motoren? Was versprichst du dir davon? Wenn nur an einem Motor, dann verringerst du eben doch die Drehzahldifferenz (= theoretisch maximal erreichbare Einzugsgeschwindigkeit in Garnlänge pro Flügelumdrehung), steigerst aber dabei nicht die Kraft, mit der das Rad am Faden zieht? Da steh' ich jetzt ziemlich Ox vorm Berg. :eek:
Nein, nicht an beiden Motoren! Der Flügelmotor hat seine vorgegebe Drehzahl, z.B. 3000upm. Diese wird mit einer Differenz von sagen wir +- 60 upm eingehalten. Der Spulenmotor hat aber eine andere Kennlinie. Er arbeitet zwar bei einer Übersetzung von z.B. 1:1.2 mit 3600 upm. Allerdings ist der Regelkreis aufgeweitet auf min. 3000 - max. 3700 upm und wird in diesem Bereich nicht aktiv geregelt. Damit gibt es einen "elektronischen" Schlupf. ;)

Überlege noch mal nach...beim "normalen" Zweifädigen passiert durch den Schlupf derzeit genau das:
Wenn nur an einem Motor, dann verringerst du eben doch die Drehzahldifferenz (= theoretisch maximal erreichbare Einzugsgeschwindigkeit in Garnlänge pro Flügelumdrehung), steigerst aber dabei nicht die Kraft, mit der das Rad am Faden zieht?
Ich korrigiere mich...beim normalen Spinnrad wird mit vollerer Spule die Drehzahldifferenz (Einzugslänge) erhöht! Die Einzugskraft aber verringert. Genau deshalb muß man die Antriebsfadenspannung auch nach (fester) stellen bei voller werdender Spule. Das ist Mechanik, Hebelgesetze, Drehmoment...
Gruß,
DeJe

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von susisorglos » 18.01.2013, 21:51

Ich versteh kein Wort! :D
Aber tüftelt weiter, und lasst uns das Ergebnis sehen! :D

Susanne

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Re: E-Spinner zweifädig.

Beitrag von thomas_f » 20.01.2013, 15:54

Ah! Jetzt geht die Sonne auf! :]
Ich glaube, du gehst von vollkommen flaschen Gegebenheiten aus und nimmst die Microprozessor-Steuerung (und deren Möglichkeiten) komplett aus der Betrachtung. ;)
Dann bitte ich doch um Aufklärung! Elektronischer Schlupf per PWM in der Motorsteuerung? Doch kein bloßer "Zwangseinzug" plus mechanischem Riemenschlupf? Ich versuche mal zu beschreiben, was ich verstanden zu haben glaube :fear: :

Der Flügel ist "normal" drehzahlgeregelt: wenn er um x rpm langsamer als die Solldrehzahl wird, gibts mehr Saft, wird er um y rpm schneller, weniger. Die Solldrehzahl wird vom Benutzer vorgegeben. Soweit verstehe ich das und könnte das mit meinem Arduino plus Motortreiber-Board auch einfach nachvollziehen. Jetzt wirds bei mir wackelig:

Der Spulenmotor bekommt in einem gewissen Drehzahlbereich* eine Spannung, die nicht in dieser Form von einer einfachen Soll- und Ist-Drehzahl abhängig ist. Einerseits wird sie vom Benutzer beeinflusst, um die Einzugskraft zu regeln. Darüber hinaus wird sie in einer bestimmten (welcher?) Abhängigkeit von der gemessenen Flügel- und Spulendrehzahl bestimmt. Dadurch möchtest du erreichen, dass die Kraft, die am Faden zieht, von den aktuellen Geschwindigkeiten von Flügel und Spule unabhängig ist, eben genau wie beim zweifädig oder spulengebremst mechanisch geregelten Spinnrad.** Keine triviale Geschichte, oder?

*Drehzahlbereich: Wozu brauchst du die oberen und unteren Drehzahlgrenzen für den Spulenmotor? Man könnte vllt. eine Obergrenze so nutzen: Wenn die Spule mehr als xy schneller als der Flügel dreht, sofort alles ausschalten wg. Garnriss. Aber da schimpfen dann die Streichgarnspinner mit dem endlos langen Auszug, denen das Garn gar nicht schnell genug aufgewickelt werden kann ;) . Wenn die untere Grenze die Flügeldrehzahl ist, bedeutet das ja soviel wie "Das Garn soll man nicht rückwärts ziehen können." Wieso eigentlich nicht? Während des Spinnens verkürzt sich das entstehende Garn mit wachsendem Drall, und als Antwort darauf gibts auf einmal stärkeren Zug am Faden? Intuitiv läuft mir das gegen den Strich, aber die Praxis wirds zeigen.

**Beim flügelgebremsten Rad verhält sich die Einzugskraft etwas anders, da spielt der Luftwiderstand des Flügels eine Rolle, und der ist sehr geschwindigkeitsabhängig. Je nach Materialkombination von Holz oder Lack mit Brems- bzw. Antriebsschnur ist die Unabhängigkeit der Einzugskraft von der Geschwindigkeit auch bei den anderen Rädern nicht perfekt, nur perfekt genug ;) .
Überlege noch mal nach...beim "normalen" Zweifädigen passiert durch den Schlupf derzeit genau das:
Wenn nur an einem Motor, dann verringerst du eben doch die Drehzahldifferenz (= theoretisch maximal erreichbare Einzugsgeschwindigkeit in Garnlänge pro Flügelumdrehung), steigerst aber dabei nicht die Kraft, mit der das Rad am Faden zieht?
Ich korrigiere mich...beim normalen Spinnrad wird mit vollerer Spule die Drehzahldifferenz (Einzugslänge) erhöht! Die Einzugskraft aber verringert. Genau deshalb muß man die Antriebsfadenspannung auch nach (fester) stellen bei voller werdender Spule. Das ist Mechanik, Hebelgesetze, Drehmoment...
Ummm. Sag ich ja. Glaub' ich ;) . Oder? :fear:

Die Spule wird voller, währenddessen wirkt zunächst dieselbe Schlupfrutschantriebskraft wie zuvor über den immer noch gleich großen Wirtel auf eine immer dickere Spule, d.h. dieselbe Kraft muss einen längeren Hebel bewegen, während das Hebelende, über das sie einwirkt, gleich lang geblieben ist: der Radius des Spulenwirtels. Der theoretisch mögliche Weg (Einzug) pro Umdrehung wird größer und die tangential zur Garnpackung auf das Garn wirkende Aufwickelkraft wird in demselben Verhältnis geringer. Um das auszugleichen erhöht der Benutzer die Antriebsschnurspannung und damit die genannte Schlupfrutschantriebskraft ;) . Etwas richtiger: durch die nun erhöhte Reibung wirkt jetzt ein größerer Anteil der Antriebskraft auf den (gleichgroßgebliebenen) Spulenwirtel, was den verlängerten Hebel ausgleicht. Die rechnerisch maximal mögliche Drehzahldifferenz bleibt dabei gleich, denn Spulen- und Flügelwirtel schrumpfen oder quellen bei dem Vorgang nicht. ;)

Beste Grüße -- Thomas

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