Wolle auf Spinnrocken binden

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 00:10

Ist doch gar nicht böse gemeint. Kein Grund sauer zu reagieren.
Vor und Nachteile sind sehr wohl wichtig, weniger für mich , aber für die Menschen damals.
Jeder Arbeitsschritt war gut durchdacht und hatte Gründe.

Bei möglichst korrekt stösst Du allein schon was das Material betrifft an Grenzen.
Keine in D lebende Schafrasse ist noch so wie im Mittelalter.
Und es gab ausgewiesene Flachsgebiete völlig ohne Schafzucht.


Dir gehts doch um D oder willst Du den Balkan darstellen?



Ich finde das ein interessantes Thema, eine konstruktive Diskussion ist im übrigen viel angenehmer ;-)

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von jojo » 28.10.2012, 00:21

Wir haben eine alte Dame bei uns im Haus, die mir erzählte, als Sie erfuhr das ich spinne, das Sie das früher auch gemacht hat.
Sie hat mit einer Spindel und einem Rocken Wolle versponnen, laut Iherer Aussage.
Jetzt müht sie sich mit einer von meinen Spindeln ab und hat noch Schwierigkeiten die Wolle in der Hand zu halten.
Sie stammt aus Siebenbürgen.
Und ich kann mir nicht vorstellen wie das mit einem Röcken gehen soll.
Lieben Gruß, jojo



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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 00:28

Gibts da eigentlich auch Bild-Material aus den Alpenländern?
Alle mir bekannten Videos,Bilder Postkarten usw sind eher östlich angesiedelt.
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von stuart63 » 28.10.2012, 07:01

Danke fürs verlinken shorty, das kannte ich nocht gar nicht.
Mich würde auch interessieren, wie man die Fasern am Wocken "drapiert". Ich überlege schon die ganze Zeit mir das Video von Norman Kennedy zu kaufen, der ist ja ein sehr interessanter Erzähler.
Sein Dialekt ist gewöhnungsbedürftig, aber man hört sich ein.

LG Katja

PS: Mit Flachs spinnen habe ich nichts am Hut.........

http://www.interweavestore.com/Spinning ... ThemeID=23
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von schafgarbe » 28.10.2012, 08:31

shorty hat geschrieben:
Vermutlich ist es schlicht so, der Anteil an Bekleidungstextilien hat im Mittelalter nur nen Bruchteil ausgemacht, deshalb ist der Wollanteil meiner Meinung nach geringer.
Für Tisch und Bettwäsche war mengenmäßig viel mehr Meter zu spinnen als für den Wollpullover.
Viele alte Abbildungen lassen schon allein aufgrund der Struktur auf Flachs schliessen.
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Auch wenn das gar nichts mit Wocken zu tun hat: im Wikingerschiffmuseum in Roskilde wird experimentelle Archeologie betrieben. Dort war auch zu sehen, wie mit Spindeln das Garn für die Segel gesponnen wurde. Auf der Webseite habe ich noch mal nachgelesen, es würden pro Segel ca. 200 kg Wolle oder Flachs benötigt. Wenn man Fettwolle genommen hätte, dann hätte das doch auch eine natürliche Imprägnierung bedeuted, sicher ein Vorteil bei Segeln? Das wäre aber doch eine grosse Menge fein zu verspinnender Wolle.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 08:41

Das wäre bestimmt interessant, wobei ich ja Flachs aufbinden schon kann.
In der Art geht aber Wolle auf keinen Fall.
Langflachs hat ja Stapellängen von nem halben Meter und drüber, das ist ein mehrlagig hauchdünn ausgelegter Fächer mit sogar umgeklappten Enden auf einem Rundstab.
Bei Flachs ist diese mühsame Prozedur halt notwendig um den Flachs gut abspinnen zu können.
Noch anmerken möchte ich , dass die Frau aus Rumänien die in Treuchtlingen gesponnen hat, da Kardenband abgesponnen hat.
Das kann ich mir ja noch recht praktikabel vorstellen, ist aber fürs MA sicherlich kein Maß.


Mich wundert halt , dass ich in keinem Museum usw bisher einen Wollwockenkorb entdeckt habe. Auch keine Abbildungen aus D eines solchen
Das macht mich einfach stutzig. Muss ja nun gar nicht aufs Mittelalter bezogen sein, sondern allgemeiner gefasst.
Flachsspindeln sind aber doch zu finden und auch Wirtel aus deutlich älterer Zeit.

Und was treibt man in einem solchen Fall mit Rollags ?


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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Galina » 28.10.2012, 11:28

Hallo ! Ich will auch endlich mit einem Wocken spinnen : ich sehe da einen Vorteil in dem man gleich eine grössere Menge zur Hand hat und man muss sich nicht so verrenken bei ausziehen . Mag sein , dass ich da was falsch mache , aber bei mir ist das Arm mit Wollvorrat ständig in Schulterhöhe . Und nach 'halbem Tag am Stück spinnen habe ich immer Muskelkater...
Meine Grossmutter hatte auch mit Wocken gesponnen .Genau wie hier ( http://www.youtube.com/watch?v=pFSdZdHCh40 )
Es war Wolle , kein Flachs und es war kardiert .
Ich denke dass es doch Sinn hat ( oder zumindest hatte ) die Wolle am Wocken zu befestigen .
Vielleicht hatten die Frauen damit wirklich ein Vorteil und wir erkennen den jetzt nicht mehr oder es war mehr aus Gewohnheit von Flachsspinnen - warum was neues erfinden , wenn auch so geht ?

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 11:39

Galina hat geschrieben: Vielleicht hatten die Frauen damit wirklich ein Vorteil und wir erkennen den jetzt nicht mehr oder es war mehr aus Gewohnheit von Flachsspinnen - warum was neues erfinden , wenn auch so geht ?
Genau deshalb hab ich nach Vorteilen gefragt.;-)

Denke mir einfach, die Leute haben es sich damals nicht unnötig schwer gemacht, und wenn man denn nen Wollwocken hatte, war das bestimmt nicht grundlos.
Zu Deiner Oma, diese kam vermutlich nicht aus D, oder?
Interessiert mich einfach deshalb , weil ich hier noch nie jemand hab so spinnen sehen, und Darstellung ja letztlich auch immer an ne Region gebunden ist.
Mein Oma hat auch gesponnen, aber nur am Rad.
Das Spindelspinnen war hier wesentlich weniger lange üblich wie in Rumänien oder auch aktuell noch in den Anden usw.
Auch in GBR gibts schon ewig diese schönen großen Woll-Räder.
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Galina » 28.10.2012, 11:46

shorty hat geschrieben: Zu Deiner Oma, diese kam vermutlich nicht aus D, oder?
Nein , wir kommen aus Orenburg-Gegend :)) !

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 11:50

schafgarbe hat geschrieben: Auch wenn das gar nichts mit Wocken zu tun hat: im Wikingerschiffmuseum in Roskilde wird experimentelle Archeologie betrieben. Dort war auch zu sehen, wie mit Spindeln das Garn für die Segel gesponnen wurde. Auf der Webseite habe ich noch mal nachgelesen, es würden pro Segel ca. 200 kg Wolle oder Flachs benötigt. Wenn man Fettwolle genommen hätte, dann hätte das doch auch eine natürliche Imprägnierung bedeuted, sicher ein Vorteil bei Segeln? Das wäre aber doch eine grosse Menge fein zu verspinnender Wolle.
Soweit ich weiss waren das Wollsegel, glaub ich in Schweden gelesen zu haben.
Schwierig ist halt, dass das regional sehr unterschiedlich war.
In D z.B. gabs um den Bodensee ein reines Flachsanbaugebiet,ohne Schafzucht.
D war Flachsexporteur Nr. 1 im 12. und 13. Jahrhundert..
Es wurde gar nicht in allen anderen Ländern Flachs angebaut.
Der Flachs hatte früher eine große wirtschaftliche Bedeutung auch für die Hanse z.B. oder Städte wie Augsburg usw.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 11:51

Galina hat geschrieben:
shorty hat geschrieben: Zu Deiner Oma, diese kam vermutlich nicht aus D, oder?
Nein , wir kommen aus Orenburg-Gegend :)) !
Dachte ich mir schon ;-) wollt mich nur nochmal vergewissern, weil das eben ins Bild passt, traditionell mit den östlichen Ländern.
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von FrauHollunder » 28.10.2012, 12:30

Die Alte Dame ist ja bei uns im Spinnkreis.
Ich werde sie beim nächten Spinntreffen fragen ob sie einmal Schritt für Schritt zeigt wie sie Ihre Wolle auf einen Stock bindet. Sie spinnt auch mit einer kleinen sehr leichten Spindel DIREKT aus dem Wollvorrad. Sieht sehr schwer aus ist aber auch Praktisch.
Ob ich ein Video machen kann? Meine Digicam kann welche Machen...wie die Qualität wird...bitte nicht fragen ich versuch es mal.
PS die dame geht ist um die 80 und das Spinnen in Bulgarien gelernt (ehml. Vertriebene)
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Klara » 28.10.2012, 14:19

Also was man wann wo in Deutschland wie gemacht hat - dazu halte ich mich mangels Informationen raus.

Aber Hentschel hat in seinem Buch ein serbisches Mädchen (aufgenommen 1938), das gezupfte Wolle beim Gehen mit einer in der Hand gehaltenen Spindel vom Rocken abspinnt. Vorteile sehe ich da genügend: Man hat seinen Wollvorrat dabei, ohne dass er in einer Tasche zusammengequetscht wird und die Tasche ist frei für was anderes (die Brotzeit, z. B.). Es hängen sich weder die Wollfusseln in die Tasche noch die Brotbrösel in die Wolle (Plastiktüten gab's ja noch nicht).

Auch in Frankreich hat zur Spindel immer auch ein Rocken gehört - so sehr, dass man sagte "elle file sa quenouille" (z. b. bei Perrault in La belle au bois dormant - und laut Patricia Baines, Spinning Wheels, Spinners and Spinning) - sie spinnt ihren Rocken - für Spindelspinnen. Weshalb noch heute Franzosen meinen, dass die Spindel "quenouille" hiesse (statt fuseau). Nebenbei: neulich hat mir jemand gesagt, dass sie in einem Buch gelesen habe, dass die französische Spindel - ohne Wirtel - auch als Fallspindel betrieben worden sei. Glaube ich allerdings erst, wenn's mir jemand vormacht...

Ciao, Klara

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 14:29

Ja das Bild kenn ich, nur eben leider nichts vergleichbares von hier.

Mich würd halt interessieren, warum nicht.

Vielleicht funzt das mit der französischen Spindel erst wenn ein wenig Wolle drauf ist, die dann als Wirtel fungiert, mmh Grübel.
Beherrsche das leider auch nicht gut genug.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Galina » 28.10.2012, 14:39

@ Klara - hier : http://www.youtube.com/watch?v=1C4HhFV00oo macht die so ähnlich .

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