Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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Feuerdrache
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Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Feuerdrache » 21.02.2012, 23:43

Viele von Euch kennen bestimmt die Geschichten um den Michel von Lönneberga im Smâland. Er ist ein geistiges Kind der Kinder- und Jugendbuchautorin Astrid Lindgren.

Michel wurde immer wieder wenn etwas schief gelaufen ist in den Schuppen eingesperrt. Dort hatte er viele Gelegenheiten wunderbare Holzfiguren zu schnitzen.
Mit anderen Worten... er machte aus einer negativen Situation immer etwas positives. Manchmal ging er freiwillig in den Schuppen wenn ihm alles zu viel wurde.

Ich habe dieses Prinzip in unserem gemeinsamen Hobby, dem Spinnen ausprobiert...

Ich spinne wenn ich mich freue.
Ich spinne wenn ich traurig bin.
Ich spinne wenn ich mich im Rahmen meiner Muße angemessen zurück ziehen möchte.
Ich spinne um meinen inneren Frieden zu kultivieren.
Ich spinne um mich seelisch zu entlasten.
Und wenn mich jemand in meinem Leben mal wieder existenziell kränkt, dann spinne ich erst recht mein Garn. Dies ist mein Weg um den Gefühlen um diese Kränkung eine sinnvolle und seelisch gesunde Form zu geben.

Die Farben meiner Fasern suche ich mir dabei je nach Stimmung, Lust und Laune aus.
Mal etwas buntes, mal etwas weiches, mal etwas griffig - rauhes.
In meiner Woll- und Faserkiste hat alles seinen Platz.
Jeder Faden könnte Euch eine eigene Geschichte erzählen, wenn er sprechen könnte. Und das ist auch gut so. :)
Die Garnmenge ist für mich dabei nicht wesentlich.

Und wenn er am Ende gezwirnt und weiter verarbeitet wurde, dann ist aus ihm ein Teil eines großen Ganzen geworden, daß sich bis in das kleinste Detail auseinander nehmen und interpretieren lässt oder einfach so annehmen lässt wie es wirklich ist.
Ich bin froh, daß dies einige Menschen diesen Schatz erkannt haben und ihn weiter geben. Sei es im freien Wort, in ihrem absichtlsosen Handeln oder auf ihre ganz besondere Art und Weise.

Danke dafür. :]

lg,

der Feuerdrache
----
PS: "Sing dudeldei, sing dudeldei...." ;)
... Die Musik des Rades ist Balsam für unsere Seele....
... Ich glaube, das Garn, das wir spinnen, ist in der Lage, die Risse in Kette und Schuß unseres Lebens zu flicken...
M. Gandhi

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Feuerdrache » 22.02.2012, 22:08

Habt ihr eine eigene Spinnphilosophie?

lg,

der Feuerdrache
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Filz-Engel
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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Filz-Engel » 23.02.2012, 06:10

Ja,
ich spinne, wenn ich Stress habe, um mich wieder runter zu fahren (schlägt bei mir auf dauer immer auf den Magen)
Ich spinne, wenn ich mich arg geärgert habe.
Ich spinne, damit ich einfach gelassener bin,
Ich spinne um etwas Kreatives mit den Händen zu tun.

Es stimmt, die Farben kommen je nachdem dran. Zur zeit habe ich mehr lust auf natürliche Farben, bin aber auch immer noch nach meinem Krankenhaus aufenthalt *nicht wirklich bei mir* wenn ihr wisst, was ich damit meine.

Hab zur zeit probleme mich in meine Rolle zu finden. Das spiegeln hier zur Zeit auch alle wieder ?(
Naja, daher mache ich auch zur zeit recht viel und oft etwas am Rädchen.
Jetzt habe Braunmelierte Wolle auf der Spule... Gefällt mir ganz gut, aber ich höre mich langsam nach was anderes suchen..

Und wenn man fertig ist, weiß man ganz genau, welche abschnitte man da durchlaufen hat. Und hat einen Anker.
*finde grad nicht so recht die richtigen Worte, aber vielleicht wisst ihr, was ich meine*
Liebe Grüße vom

Filz-engel


‎"Die gesündeste Turnübung ist das rechtzeitige Aufstehen vom Esstisch"

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Regina » 23.02.2012, 07:36

Ja,
Ich spinne, weil es mich freut :)
Liebe Grüße
Regina

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von quilty » 23.02.2012, 07:56

Ich spinne, weil es mir oft unheimlich gut tut, in die Farben und den schönen Wollflausch abzutauchen.
Neben Lesen, Musizieren, Sport, in die Natur gehen, Fotografieren und Malen, ist es DIE Methode für mich zum Abschalten.
LG Christine
Mit lieben Grüßen
Christine


Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.
(Albert Schweitzer)

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Arachnida » 28.02.2012, 14:19

Ich würde sagen ich spinne um eine innere Ausgeglichenheit zu erlangen die sich dann im Faden widerspiegelt.
Ich spinne um schöpferisch tätig zu sein
Ich spinne um im hier und jetzt zu verweilen
Ich spinne weil der Faden mir innere Ruhe gibt.
Ich spinne weil ein Spinnrad billiger ist als ein Psychotherapeut.
Mein neuer alter Blog: http://halessa.blogspot.com

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Klara » 28.02.2012, 17:51

Nein.

Ich spinne, um Garn zu haben, das dann weiterverarbeitet oder verkauft wird.

Ciao, Klara

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von sternzwerg » 28.02.2012, 17:54

Spinnen ist für mich momentan:

Kopf ausschalten, Fuss bewegen und ein Streicheln durch die Finger geniessen.

Beinahe Meditation

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von shorty » 28.02.2012, 18:27

Ist bei mir ganz unterschiedlich, mal aus diesem Grund, mal aus jenem.
Aber mittragend ist immer die Liebe zum Textilen.
Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Alienor » 28.02.2012, 19:00

Moin,
ich bin kein Prozeß-Spinner, ich will Ergebnisse. :D
Meist hab ich ja schon eine konkrete Vorstellung, was ich am Ende haben will - aktuell quäle ich mich mit Cheviot, was ein 2x2 Sockengarn werden soll, weil so schön haltbar, aber da ich dieses Mal nicht vorher gefärbt habe, langweilt mich das Weiß doch arg :O
Da es das erste Garn auf dem eSpinner ist, wollte ich nicht gleich meine Edelmischungen als Testobjekte nehmen, und nun muß ich da durch (die Jumbospule ist ja wirklich riesig, nach 2 Stunden hatte ich immer noch nicht den Boden bedeckt, aber der sliding hook ist genial :gut: ).
Mal sehen, vielleicht werden wir ja doch noch Freunde - richtig dünn spinnen geht jedenfalls sehr gut bisher, und dicker bis fingerdicke Singles geht auch.

Wenn ich genervt bin, brauche ich gar nicht anfangen mit Spinnen, dann reißt mir dauernd der Faden.
Dann brauch ich eher Bewegung, meist geh ich dann weben oder Locken flickern, oder auch Wolle waschen.
Danach bin ich wieder ausgeglichener und dann klappt's auch mit dem Faden wieder.

Ich liebe dieses ganze Handwerk mit all seinen Möglichkeiten, aber ich könnte das nie professionell machen und nach Zeitplan arbeiten, dafür hängen meine Fähigkeiten viel zu sehr von meinem emotionalen Zustand ab.
Wenn es mir gut geht, mache ich tolle Sachen, aber wenn ich irgendwie schlecht drauf bin, kommt auch nur Mist raus - dann sabotiere ich mich anscheinend unbewußt auch selbst, und verrechne mich bei den Farben/Fäden, oder kleckere, oder sonstwas geht schief.
Da beneide ich jede(n), der jederzeit alles machen kann.... :O

Woll/Faser-süchtig bin ich trotzdem....

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Dornspinnchen » 28.02.2012, 19:20

Lieber Feuerdrache,
ich finde mich in jedem Deiner Sätze wieder.
Muss nix ergänzt werden. Punkt.

Das zu lesen tat mir heute irrsinnig gut.

Liebe Grüße, Anne
Verknüpfen wir unsere gesponnenen Fäden und weben ein Netz um die Welt....

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Kattugla » 28.02.2012, 19:32

Um mal philosophisch-mythisch zu werden:

ich mag die Nornen. Urd, Skuld und Verdandi sind mir gefühlt sehr nah, das waren sie übrigens schon, bevor ich mit der Spinnerei (also der materiellen *g*) angefangen habe.
Urd steht für das Gewordene, das, was schon da ist, Verdandi steht für das Werdende, also das, was gerade entsteht und Skuld für das Werdensollende, also das, wofür erst der Samen gelegt ist. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Spinnen tun sie alle drei.

Beim genauen Drübernachdenken (wofür die Anregung heute zum genau richtigen Zeitpunkt kam) merke ich, dass ich sehr oft beim Spinnen das Gewordene passieren lasse, über die Vergangenheit nachdenke, mich vielleicht nochmal nachträglich ärgere. Der Faden ist dann meist einfarbig, landschafig und kriegt machmal zu viel Drall. Immer dann, wenn ich mit dem Spinnrad Tauziehen veranstalte.
Wie Verdandi zu spinnen ist bunt, das Garn besteht aus Fasergemischen und Farbtönen, die ich zwar unbewusst aussuche, mich aber bewusst von der Faser verleiten lasse, sie zu dem werden zu lassen, was sie will.
Skuld ist seltsamerweise bei mir beim Spinnen sehr selten präsent. Aber das lässt sich ja ändern, das Wyrd - das Schicksalsnetz, das gewoben wird - besteht schliesslich aus den Fäden aller drei Nornen.... Danke für die Erinnerung. :)
"Verlasse dich nie auf das Bier eines gottesfürchtigen Volkes!" (Quark)

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von italia » 28.02.2012, 20:51

Und ich spinne weil ich immer besser sein möchte bis ich auch
blind spinne ,ich meine Fernsehn schauen kann.
Grüße
italia

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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Arachnida » 29.02.2012, 06:40

@Kattluga

sehr schön erzählt!! :bussi:
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Re: Philosophie mit Spinnrad und Handspindel

Beitrag von Troll » 14.03.2012, 21:14

Spinnen ist für mich der Inbegriff vom Beginn meines neuen Lebens.
Nach einem Unfall vor etwas mehr als 2 Jahren konnte ich nur noch sehr wenig sehen, womit sich meine alten Strukturen (Studium, in jeder freien Minute lesen und viele andere selbstverständliche Dinge ) erledigt hatten.
Die erste Zeit war echt nicht so toll, zumal mir die Beschäftigungen, die ich noch konnte einfach keinen Spaß machten. Erst als ich mir - nach einem beeindruckenden Erstkontakt mit der Thematik - in den Kopf setzte, spinnen zu lernen, hatte ich wieder etwas zu tun, was nicht nur nützlich war oder mir die Zeit vertrieb - sondern auch Spaß machte!
Tja - mittlerweile führe ich ein tolles, stressige Leben, aber spinnen ist nach wie vor sowas wie Tee trinken, Schokolade essen, mit Ponys laufen - halt etwas, das einfach glücklich macht.

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