Single-Garn

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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anjulele
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Re: Single-Garn

Beitrag von anjulele » 18.02.2011, 20:07

Wenn ich Single-Garn haben möchte, spinne ich die Wolle auf dem alten Louet mit dem ausgeleierten Lederriemen ohne Bremse. Singles spinne ich auch etwas dicker, als Garn, das ich zwirnen möchte.

Mir ist ja schon öfter mal aufgefallen, dass ich anders spinne und zwirne, als die meisten, die erst in den letzten Jahren Spinnen gelernt haben. Auch ich zwirne mit Schwung. Mit der rechten Hand halte ich ziemlich dicht am Einzugsloch den Drall ab. Zwischen den Fingern der linken Hand (bin Linkshänderin) laufen die einzelnen Fäden, die ich auch mit den Fingern der linken Hand reguliere. Den linken Arm mit den Garnen ziehe ich zurück, bis ich ca. 1,50 m länge habe. Dann lasse ich den Drall auf die Fasern und ich sehe, wie sehr sich die Fasern verdrehen. Ist der ok, gehe ich mit der linken Hand zum Einzugsloch und lasse das Garn auf die Spule laufen. Halte den Drall, ziehe die Garne nach hinten, lass den Drall auf das Garn. Dabei trete ich die ganze Zeit gleichmäßig. Weil nix gebremst wird, werde ich mit der Zeit und Fülle der Spule schneller. Die Garne sind entweder auf dem Spulenhalter des Louet, oder aber je ein Knäuel in einer Schüssel, Topf, Eimer, oder sonstwas - Hauptsache, es kommt nichts durcheinander. Das Ganze hat, wie auch beim Spinnen, einen Rythmus. (Und: Ja, wenn ich viel zwirne zwickt es auch schon mal in der Schulter... :O )

LG
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Re: Single-Garn

Beitrag von shorty » 18.02.2011, 20:21

anjulele hat geschrieben:
Mir ist ja schon öfter mal aufgefallen, dass ich anders spinne und zwirne, als die meisten, die erst in den letzten Jahren Spinnen gelernt haben.
LG
anjulele
Auch wenns etwas ab vom Thema ist, warum meinst Du ist das so?
Ich bin ja in mehreren Spinnkreisen aktiv und kann da eigentlich wenig Spinntechnik an der Spinndauer, bzw. dem Zeitpunkt des Erlernens festmachen.
Wir haben Spinner, die spinnen schon 40 Jahre und fast identisch mit Neulingen.
Dann widerum andere, welche ne völlig andere Handhaltung haben.
Von den 30 - 40 Spinnern so im Umkreis spinnen die meisten unterschiedlich , würde ich sagen.
Karin
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Re: Single-Garn

Beitrag von zwmaus » 18.02.2011, 21:48

Anna, kann es sein, daß sich die versch. Materialien beim baden unterschiedlich "verzogen" haben ?
Bzw. vielleicht ist der Wollfaden etwas eingegangen und der Nähfaden eher nicht ? Vielleicht hat sich dadurch die
Verzwirnung gelöst ?
Ist nur ne Idee.... :?:
lg
zwmaus

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Re: Single-Garn

Beitrag von anjulele » 18.02.2011, 21:50

Darüber hab ich schon vor einiger Zeit mal geschrieben.

Mir ist das vor ca 1 1/2 Jahren aufgefallen. Seitdem bin ich im Museum in der Spinngruppe. Es waren schon einige Frauen dort und die haben meist vor dem Spinnrad gesessen und "die Wolle in das Einzugsloch gestopft". Das ist jetzt nicht abfällig gemeint, aber doch ganz anders, als ich es mache. Ich habe ja erst lange mit der Spindel gesponnen (war mir damals sicher, dass ich mir nie ein Spinnrad leisten könnte - jedenfalls war eine Spindel erreichbarer). Als ich dann doch ans Rad gewechselt bin, wurde mir gesagt, dass ich am Rad den Faden genau so erst bilden muss und dann das Garn auf die Spule laufen lassen soll. Bei dem "Wettspinnen", das wir Ende 2009 im Museum hatten, waren einige ältere Frauen, die, noch vor meiner Zeit, auch bei der selben Spinnlehrerin gelernt haben. Die spinnen auch so, wie ich.

Oft kommen neue Frauen zu uns, die schon ein Rad haben und meist zeige ich ihnen, wie es funktioniert (dadurch hab ich schon so manches Rad ausprobieren können ;) ). Die meisten Frauen haben Wolle im Kardenband dabei. So bin ich dann auch in den Genuss gekommen. Damit hab ich dann eher Schwierigkeiten, weil ich damit nicht so spinnen kann, wie ich es gewohnt bin. Und sitzte auch "stopfend vor dem Loch" :O .
Auch mit Dopeltritt spinnt es sich wieder ganz anders. Doppeltritt mit Kardenband hab ich noch nicht gehabt.

Mir ist das mit dem unterschiedlichem Spinnen auch erst da in der Gruppe aufgefallen. Vielleicht haben deine Mitspinnerinnen den Neuen gezeigt, wie sie es machen. Dann "vererbt" sich das ja fast.

Kann auch nicht behaupten, dass das eine besser ist, als das andere. (Anfänger-) Schwierigkeiten hat man bei beiden Methoden. Und mit beiden Methoden wird schönes Garn hergestellt.

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Re: Single-Garn

Beitrag von shorty » 18.02.2011, 22:02

Ah ok ja stimmt , hattest Du ja schon mal geschrieben.
Wobei ich zu unserer Gruppe sagen muss, die meisten können schon spinnen, wenn sie hin kommen.
Sicher haben wir auch immer mal wieder Neuzugänge, wo sich quasi Handhaltung weitervererbt.

Karin
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Re: Single-Garn

Beitrag von Anna » 18.02.2011, 22:35

@zwmaus: Ja, das wäre eine Idee, aber unwahrscheinlich. Ich habe insgesamt drei Stränge von dem Garn. Bei dem dritten, den ich gestern auf Knäuel gewickelt habe, habe ich diesen Murks nicht festgestellt, die Stränge wurden aber alle gleich behandelt.
Inzwischen verstricke ich das Garn (auf der Maschine) und bin mir ziemlich sicher, dass ich erst mal nicht mehr so dünne Fäden spinnen werde.

Gruß von Anna
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Re: Single-Garn

Beitrag von Klara » 19.02.2011, 14:53

Anna, ich kann mir SO grosse Unterschiede in EINEM Zwirnvorgang nur durch geistige Abwesenheit erklären - selbst wenn das Spinnrad plötzlich haken sollte, würde man das ja merken. Wurde der Film plötzlich spannend oder wollte die Familie was? Oder, wenn die unverzwirnten Teile mehr gegen Ende sind, hattest du es satt und wolltest möglichst schnell fertigwerden?

Ich hatte in meinem orangen Laceweight-Shetland auch unterzwirnte Stellen und bin mir fast sicher, dass es daran lag, dass 568 m halt so ewig lang brauchen, bis sie verzwirnt sind. Irgendwann habe ich dann stellenweise nicht richtig aufgepasst und schon war's passiert. Deswegen würde ich empfehlen, bevor du das Spinnen und Verzwirnen aus Verzweiflung ganz aufgibst, noch mal gezielt zu üben: Kurze Stränge spinnen und verzwirnen, und konsequent zählen, und wenn's noch so langweilig ist.

Und ich habe zwar noch nie mit Nähfaden normal verzwirnt, aber ich denke mir, dass zwei gleichartige Singles wahrscheinlich leichter zu einem gleichmässigen Zwirn zu verarbeiten sind.

Last but not least: So einen Katastrophenstrang würde ich noch mal in Zwirnrichtung durch's Rad lassen, bis er überall massiv überzwirnt ist. Und dann mit sich selbst noch mal in Gegenrichtung zu einem Mehrstufenzwirn (cabled yarn) verzwirnen.

Ciao, Klara

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Re: Single-Garn

Beitrag von shorty » 19.02.2011, 14:57

Klara hat geschrieben: Und ich habe zwar noch nie mit Nähfaden normal verzwirnt, aber ich denke mir, dass zwei gleichartige Singles wahrscheinlich leichter zu einem gleichmässigen Zwirn zu verarbeiten sind.

Last but not least: So einen Katastrophenstrang würde ich noch mal in Zwirnrichtung durch's Rad lassen, bis er überall massiv überzwirnt ist. Und dann mit sich selbst noch mal in Gegenrichtung zu einem Mehrstufenzwirn (cabled yarn) verzwirnen.

Ciao, Klara

Hab schon mehrfach mit Nähseide verzwirnt.
Stimmt schon, leichter gleichmässig wirds mit zwei identischen Wollfäden.
Trotzdem sind solch große Unterschiede meiner Meinung nach nicht dem Nähfaden zuzuschreiben.

Dem Tip schliess ich mich an.
Karin
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Re: Single-Garn

Beitrag von Klara » 24.02.2011, 10:56

anjulele hat geschrieben:... dass ich am Rad den Faden genau so erst bilden muss und dann das Garn auf die Spule laufen lassen soll. ...
Wolle im Kardenband ... sitzte auch "stopfend vor dem Loch"
Klingt nach langem vs. kurzem Auszug (jetzt mal ohne Berücksichtigung des abgeklemmten - oder nicht - Dralls). Was vielseitige Spinner beides beherrschen - unabhängig davon, wann sie gelernt haben. Je mehr Techniken man beherrscht, desto mehr Fasern kann man problemlos verspinnen.

Aber eigentlich frage ich mich gerade, ob nicht alle alten Flügelspinnräder für kurzen Auszug gedacht sind. Ich habe gerade (d. h. über die letzte Woche verteilt) ca. 1 km Garn am Polonaise in der schnellsten Übersetzung versponnen, habe getreten so schnell es bequem ging - und die Hand fast in Zeitlupe bewegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der viel Garn produzieren muss (in manchen amerikanischen Staaten musste man teilweise seine Steuern in gesponnener Wolle zahlen) sich damit begnügt. Aber auch die amerikanischen alten "production wheels" haben kaum je mehr als 1:20 - trotz Riesen-Antriebsrädern. Mein altes schwedisches Rad hat 1:16 - langsamer als die Polonaise.

Während ein Wanderrad mit Miner's Head-Beschleunigung auf 1:200 kommt (ich will eins!). Und damit geht ja nur langer Auszug...

Was sagt Sigrid?

Ciao, Klara

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Re: Single-Garn

Beitrag von sisasarah » 24.02.2011, 14:38

Hmm ich glaube das mit "stopfend vorm Loch" der Abstand der vorderen Hand zum Einzugsloch und evtl. vllt auch die allgemeine Haltung vor dem Rad gemeint ist. Also dem Rad "auf die Pelle rücken" oder weiter weg davon sitzen?
Auch wenn die erste Hand (sehr) weit vom Einzugsloch weg ist, kann man im kurzen Auszug spinnen (mach ich teilweise so).
glg
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Re: Single-Garn

Beitrag von thomas_f » 24.02.2011, 16:05

Während ein Wanderrad mit Miner's Head-Beschleunigung auf 1:200 kommt (ich will eins!). Und damit geht ja nur langer Auszug...
Dem widerspricht Peter Teal, zumindest was das Wanderrad ohne Beschleunigungskopf angeht:

"... in my researches I have come across several references in textbooks which say that worsted yarns, because they required two-handed drafting, could not be spun on the Big Wheel ... My own experience does not substantiate this at all. I learnt my worsted spinning on a Big Wheel and found it an easy task not only to perform the drafting but to exercise a very accurate control of the twist." (S. 91)

Er führt weiter aus, dass seiner Ansicht nach die "cottage industry" aus der die Spinnerei der britischen Textilwirtschaft vor der Erfindung der Spinnmaschinen bestand, zum allergrößten Teil das Big Wheel und nicht das teure neumodische Flügelrad benutzte (ibid.).

Beste Grüße -- Thomas

Klara
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Re: Single-Garn

Beitrag von Klara » 24.02.2011, 16:21

Hast Recht, und ich glaub's ihm vorerst mal. Wanderrad konnte ich ja noch nicht ausprobieren.

Mit der Faltcharkha geht's jedenfalls nicht - weil da das Rad nicht alleine weiterdreht - und mein kleines aufrechtes Spindelrad hat auch nicht genug Schwungmasse. Ich muss glatt mal schauen, ob ich nicht irgendwo ein altes Wagenrad (möglichst noch mit Eisenbereifung) finde, das noch nicht als Blumenständer dient...

Ciao, Klara

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Re: Single-Garn

Beitrag von thomas_f » 24.02.2011, 18:28

weil da das Rad nicht alleine weiterdreht
Das ist der springende Punkt.
Ich muss glatt mal schauen, ob ich nicht irgendwo ein altes Wagenrad (möglichst noch mit Eisenbereifung) finde, das noch nicht als Blumenständer dient...
Oha, das gibt dicke Oberarme. Ich denke manchmal an ein Rad vom alten Hollandrad mit schwerer Stahlfelge. Das Weiterdrehen hängt von der Masse, ihrer Verteilung auf dem Rad und der Reibung ab. Letztere dem alten Wagenrad abzugewöhnen stelle ich mir recht aufwendig vor ;)

Beste Grüße -- Thomas

Klara
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Re: Single-Garn

Beitrag von Klara » 25.02.2011, 13:03

Ich hab's mal mit der Felge von 'nem 27-Zoll-Sportrad probiert (keine Ahnung, was das für eine Legierung ist), und damit geht's nicht besonders (gab auch nur so 1:27 als Übersetzung, einen kleineren Wirtel habe ich nicht hingebracht). Hmm, oder vielleicht müsste man die Spindel auch kugellagern? Oder eine Kurbel an die Radachse bauen, wie bei den aufrechten Charkas? Glatt noch mal probieren...

Ciao, Klara

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Re: Single-Garn

Beitrag von kaha » 26.02.2011, 20:33

Die Felge von nem Sportrad hat doch kaum Schwungmasse, oder? Die Dinger sind doch extra leicht, denk ich.

Was die Sache mit der Zwirnerei angeht: Deft ist doch eins mit Flügelbremse, oder? Also beim Moswolt, das ich habe, muss ich bewusst aufpassen, wenn ich angehalten habe und wieder neu "antrete", dass ich den Faden auch fest genug halte. Denn direkt beim Antreten ist der Einzug verdammt groß. Wenn ich da nicht dran denke, macht's "flupsch" und einige Zentimeter Garn sind unverzwirnt entschwunden.

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