Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

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Moderator: Rolf_McGyver

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Aodhan
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Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Aodhan » 06.02.2010, 14:42

Ich habe heute meine Handspindeln von Frau Wolf (siehe Threads dort) bekommen. Fotos folgen. Ich hatte auch ein längeres Telefongespräch, und da Frau Wolf noch in der Erprobungsphase ist, hat sie sich Feedback erbeten. Das möchte ich ihr auch möglichst fundiert geben, deshalb diese Erhebung.

Also: Ich habe zwei Wirtel und zwei Stäbe bekommen, die ich beliebig kombinieren kann. Die Laufruhe der einzelnen Kombinationen ist deutlich unterschiedlich, wobei ich noch nichts Konkretes sagen möchte, sondern am liebsten erstmal Meinungen hören. Eine Kombi (leichter Wirtel/schwerer Stab) trudelt ganz extrem, eine andere (mit leichtem Stab) läuft ganz super. Deckt sich das mit euren Erfahrungen? Was ist eurer Meinung nach bedeutsam, um eine möglichst große Laufruhe zu erreichen?

Weil: Wenn wir sozusagen eine "private Spindelbauerin" haben, die uns Spindeln in den allerschönsten Hölzern für ein erschwingliches Geld bauen kann (sie hat mir eine Karte mit einem Foto ihrer gedrechselten Holzeier mitgeschickt - Mädelz, da sind so unglaublich schöne Hölzer dabei... und die könnten wir alle als Wirtel haben!!! :freu: :freu: ), dann könnten wir ja gemeinsam dran arbeiten, dass die Spindeln nicht nur erstklassig aussehen, sondern auch laufen.

Also, über Feedback freue nicht nur ich mich!
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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von simone40 » 06.02.2010, 15:27

hmmmmm.... ich hab meine ja heute auch bekommen und da ich nicht gleich wußte ,welcher Stab zu welchem Wirtel ,hab ich die Waage genommen ,da ich ja das Gewicht der einzelenen Spindeln kenne und dann zusamengesteckt.
Was soll ich sagen .... die 2 Spindeln drehen absolut einwandfrei ,ich bin begeistert.
Ich hab das jetzt auch gar nicht anders probiert.
Die Karte hab ich auch und ich könnt von jedem Holzei ne Spindel haben ,so schön sind die :) :) :)
lg simone

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Arachne » 06.02.2010, 16:56

Also aus dem Bauch heraus würde ich sagen: schwerer Wirtel sollte kleinen Durchmesser haben (Schwungmasse nahe an der Nabe), leichter Wirtel kann größeren Durchmesser haben. Leichten Spindelstab würde ich zu leichtem Wirtel nehmen, schwereren zu schwerem Wirtel.

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Greifenritter » 06.02.2010, 19:54

Ich habe schon viele Spindeln gebaut und die Erfahrung gemacht, daß Spindeln mit möglichst wenig Gewicht in der Mitte und im Verhältnis dazu möglichst viel Gewicht am äußeren Rand der Wirtel (z.B. bei Holzrädern mit Verdickung am Rand oder einem Reifen um die Wirtel wie bei Golding) am ruhigsten laufen.

Deine Beobachtung ist also genau richtig: leichter Stab und schwere wirtel läuft besser als schwerer Stab mit leichter Wirtel.

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Asherra » 06.02.2010, 20:58

Zentrifugalkraft und Trägheit... grob gesagt (Physik ist schon ne Weile her), wenn die Masse der Spindel huptsächlich innen entlang der Drehachse liegt ist die Trägheit gering, sie läßt sich leicht anschubsen, hört aber auch schnell wieder auf zu drehen. Liegt das Gewicht auße ist die Trägheit hoch, man muß mehr Kraft aufbringen, um das Teil in Gang zu bekommen, wenn sie dann mal läuft, läuft sie lange.
Ein großer Wirtel (großer Durchmesser) hat am Rand eine höhere Geschwindigkeit als ein kleiner. Wenn dann noch viel Gewicht am Rand liegt wird die Zentrifugalkraft beim Drehen immer höher und die Spindel stabilisiert sich im Lauf (es sei denn, sie ist nicht im Schwerpunkt gebohrt, dann eiern alle).
Dadurch, daß ein großer, außen schwerer Wirtel weniger gestört werden muß (jedes Anfassen bringt die Spindel aus dem Gleichgewicht und verursacht neues Gewackel, wenn die Spindel kürzere Zeit dreht, als sie braucht, um sich wieder zu beruhigen, wackelt sie eben andauernd) dreht er insgesamt ruhiger. Weil man aber mehr Kraft braucht, um ihn anzudrehen sind die einzelnen Störungen evt. heftiger und die Spindel wird bei der selben eingesetzten Kraft langsamer laufen als eine kleine.
Damit: kurze Fasern, die sehr schnell viel Drall brauchen sind mit einer Spindel, die das Gewicht eher innen verteilt hat einfacher zu spinnen. Die Spindel braucht aber evt Unterstützung weil sie sonst eiert ohne Ende (daher gibt es so viele unterstütze Spindelformen für feine Garne). Längere Fasern, die nicht soo viel Drall brauchen, können mit mehr Gewicht am Spindelrand effektiver gesponnen werden, weil einmal anschubsen meist reicht, um die komplette Reichweite der Spinnerin weit Garn zu produzieren.

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von XScars » 07.02.2010, 01:26

huhu,

schön dass die spindeln so gut ankommen...

Ich fahr morgen zu Frau Wolf, wenn es ok ist würd ich euer feedback ausdrucken und mitnehmen, oder habt ihr da was dagegen?

:wink: Katrin

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von simone40 » 07.02.2010, 08:52

ich hab nix dagegen :-))
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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Greifenritter » 07.02.2010, 08:53

Von mir aus gerne.

@Asherra
Sehr schöne Erklärung.

CU
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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Anna » 07.02.2010, 10:58

@ Katrin: sag ihr auch von mir einen schönen Gruß und dass ich mich sehr über die Ebenholzspindel gefreut habe.
Sie ist wunderschön und läuft sagenhaft lange und ruhig. Gerne bald wieder!
Gruß von Anna
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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von XScars » 07.02.2010, 11:38

ok, dann drucke ich das nachher aus und nehms mit...

@anna, das freut sie bestimmt..

:wink: Katrin

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Dirgis » 07.02.2010, 13:13

Hi Katrin,
bei mir sind gestern auch noch 2 Ebenholz-Spindeln angekommen.
Habe meine gleich getestet, als Fuß- und Kopfspindel. Läuft in beiden Varianten schön gleichmäßig und lange, ich bin absolut begeistert! Als Kopfspindel ohne Haken mache ich einfach einen halben Schlag um die oberste Einkerbung des Wirtels (genau wie bei den Fußspindeln), und sie läuft schön ruhig - soweit ich das als Handspindel-Anfänger überhaupt beurteilen kann. :lol:
Ancara habe ich ihre Spindel heute morgen vorbeigebracht, sie hat auch gleich angesponnen und ist auch sehr zufrieden.
Liebe Grüße an Frau Wolf, das war bestimmt nicht die letzte Bestellung bei Ihr.
Ich fange schon an zu sparen und schaue mir die verschiedenen Holzarten auf der Karte immer wieder an! (Wie sieht es denn eigentlich mit Kreuzspindeln aus - könnten die eventuell auch irgendwann mal zu bekommen sein?)
Liebe Grüße,
Sigrid

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Ancara » 07.02.2010, 19:52

Als Sigrid mir heute morgen meine Spindel gebracht hat, habe ich gleich los gelegt. Ich bin begeistert.
Heute Abent habe ich Frau Wolf angerufen und ihr meine Begeistreung sofort mitgeteilt. Ich werde mir aufjedenfahl wieder eine Bestellen (Rosenholz)

Einfach toll.

Ancara

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Klara » 08.02.2010, 19:16

Theoretisch stimme ich Danny und Asherra voll zu - in der Praxis kann ich inzwischen aber auch Baumwolle mit Tracy Eichheims grosswirteliger (mit aussen liegendem Gewicht) Fallspindel spinnen. Weil man nämlich eine gut ausbalanzierte Kopfspindel durch Rollen am Oberschenkel schnell genug kriegt. Ich merke im direkten Vergleich aber auch, dass eine 2 3/4"-Spindeln von Golding deutlich schneller dreht als eine mit grösserem Wirtel von Tracy... Andererseits mag ich z. B. die Loki von Greensleeves (halbkugelige Form) nicht mehr so gerne, weil sie mir einfach zu früh zu drehen aufhört. Wenn ich heute Spindeln kaufe, dann nur noch mit grossem Wirtel und leichtem Schaft, vorzugsweise auch mit Ausschnitten innen am Wirtel oder beschwertem Rand.

Was ich ganz wichtig für gute Dreheigenschaften finde - zumindest bei Kopfspindeln, Fussspindeln drehen i. d. R. langsamer und vergeben mehr - , ist dass der Faden genau in der Mitte des Schafts befestigt ist - in der Drehachse der Spindel. Was bei Spindeln mit Häkchen bedeutet, dass das Häkchen SCHIEF sitzt - und dann muss man natürlich den Faden richtig rum einhängen. Hier: Häkchen ausrichten habe ich die Zeichnung eingestellt, die Tracy mir geschickt hat. Eine Kopfspindel ohne Haken kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Höchstens vielleicht noch mit einem umgekehrten T-Ausschnitt oben am Schaft - aber den muss man erst mal gut hinkriegen (ich glaube, einmal hab' ich's erfolglos probiert).

Ciao, Klara

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Asherra » 08.02.2010, 19:46

Eine Einkerbung am Schaft, nach schräg oben sollte auch bei einer Kopfspindel gut funktionieren.
Was ich allerdings nicht kapiert habe, laut "Women's Work" waren die Kerben an Woll- und Leinenspindeln jeweils spiegelverkehrt, angeblich, weil Leinen in "Wolldrehrichtung" nicht zusammen hält und umgekehrt. Ich spinn beides in die gleiche Richtung und bisher ist nichts auseinander gerutscht...

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Re: Laufruhe bei Handspindeln - was ist wichtig?

Beitrag von Aodhan » 08.02.2010, 19:58

Meine beiden Spindeln sind Fußspindeln (mit Kopfspindeln kann ich nicht) - und haben am Schaft (der... hmmm... etwas "bauchig" ist, also kein "gerades Stöckchen") relativ tief unten eine Einkerbung zur Fadenführung. Das funktioniert für mich nicht so gut. Der Faden hängt dadurch aussermittig, weshalb die Spindeln relativ stark zu eiern anfangen (am allerstärksten, wenn ich den leichten Wirtel mit dem wirklich schweren Schaft aus Ebenholz kombiniere). Ich habe das Problem für mich behoben, indem ich bei beiden Spindelschäften ganz oben (so anderthalb Zentimeter vor Schaftende) eine zusätzliche Rundum-Rille angebracht habe, in der ich jetzt meinen Halbschlag befestige. Jetzt laufen sie super. Hat natürlich den Nachteil, dass ich in den schönen glatten Ebenholzschaft unprofessionell eine Rille reingeritzt habe und die schöne, ausgearbeitete Vertiefung viel weiter unten nutzlos ist. ?(
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