Wolle auf Spinnrocken binden

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 14:46

Das ist aber nicht als Fallspindeln genutzt, sondern im Grunde ähnlich wie park and draft, also Drall geben ausziehen Drall geben ausziehen , immer im Wechsel, wenn auch sehr gekonnt.;-)

Der Zug wird nicht durch das Spindelgewicht beeinflusst , richtig frei hängen über ne längere Phase ohne Führhand tut die Spindel nicht.
Fallspindel stell ich mir anders vor.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von stuart63 » 28.10.2012, 15:24

Genau so eine bekomme ich übernächste Woche :]

LG Katja
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 15:25

Na da bin ich mal gespannt auf Deine Erfahrungsberichte ;-)
Hat denn zum Wollwocken noch jemand ne Idee?
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von stuart63 » 28.10.2012, 15:39

In Ö habe ich es auch noch nicht bewußt gesehen auf Bildern, Fotos etc. Den Flachs allerdings schon.
Ich glaube, bei uns war eher das Spinnrad im Einsatz. Man bekommt auch null Handspindeln auf den Flohmärkten und fast nie ein Spinnrad. Von Wocken gar nicht zu reden.
Habe also wenig zum Wollwocken beizutragen :O

LG Katja
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Klara » 28.10.2012, 15:40

shorty hat geschrieben:Ja das Bild kenn ich, nur eben leider nichts vergleichbares von hier.

Mich würd halt interessieren, warum nicht.
Vielleicht 'ne blöde Frage, aber: Hat denn jemand schon richtig gesucht? Ich denke, sich da wirklich gründlich durch Gemälde und Fotos in sämtlichen Archiven zu wühlen, wäre ein Doktorarbeits-würdiger Aufwand. Und ob eine solche rauskommt, ist mehr als fraglich - "leider nichts gefunden" macht sich nicht so gut...
shorty hat geschrieben:Vielleicht funzt das mit der französischen Spindel erst wenn ein wenig Wolle drauf ist, die dann als Wirtel fungiert...
Das schreibt Hentschel ja zum serbischen Mädchen. Aber irgendwie muss man ja mit der leeren Spindel anfangen, wozu Hentschel einen Wirtel vorschlägt (was eigentlich automatisch zur Hochwirtelspindel führen würde - weshalb ich nicht verstehe, dass die in Mitteleuropa angeblich so unbekannt war). Nur dass ich nie von einem Aufsteckwirtel zur "ty" gehört habe. Also zuerst in der Hand gehalten und dann im freien Fall? Oder überwiegend in der Hand gedreht - schon aus Sicherheitsgründen (volle Spindel im Kuhfladen wäre blöd) - und nur dann im freien Fall, wenn man mal kurz zwei Hände gebraucht hat, um Probleme im Wollvorrat zu lösen? Oder damit's auf dem Bild schöner aussieht?

Aber ich fürchte, dass bis zur Erfindung der Zeitreisemaschine die Fragen einfach unbeantwortet bleiben, weil spinnen viel zu alltäglich war, um Informationen drüber festzuhalten. Und so ohne weiteres vertraue ich auch keinen schriftlichen Dokumenten - es wird heute noch genug Blödsinn geschrieben, warum soll das früher anders gewesen sein? Und ob Maler immer alles so präzise festgehalten haben, vor allem, wenn sie selber keine Spinner waren?

Übrigens fällt mir gerade noch ein Vorteil zum Woll-Rocken ein: Wenn die linke Hand nicht mehr den Faservorrat halten muss, ist sie frei, um die Wolle auszuziehen. Ich glaube, ich muss mal nach einer passenden Astgabel suchen...

Ciao, Klara

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 15:52

Klara hat geschrieben: Vielleicht 'ne blöde Frage, aber: Hat denn jemand schon richtig gesucht? Ich denke, sich da wirklich gründlich durch Gemälde und Fotos in sämtlichen Archiven zu wühlen, wäre ein Doktorarbeits-würdiger Aufwand. Und ob eine solche rauskommt, ist mehr als fraglich - "leider nichts gefunden" macht sich nicht so gut...
Ciao, Klara
Ja vermutlich ein sehr hoher Aufwand.
Kann nur im winzigen hier ganz regional sagen, unter den vielen hundert Bildern, Postkarten usw die im Heimatmuseum im Ort lagern bzw. die mein Vater verwaltet ( der sammelt Bilder den Ort betreffend seit Jahrzehnten) hab ich noch kein einziges entdeckt.
Ist aber halt nur ein winziger Ausschnitt und nicht maßgeblich.

Kam mir halt nur so, weil diese Wockenbilder aus östlichen Ländern halt sehr präsent sind.

Karin
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Klara » 28.10.2012, 16:15

Meine Theorie dazu (so rein gefühlsmässig): Je industrialisierter das Land, und je weiter verbreitet Einkaufsmöglichkeiten für Garn und Faden (und je mehr Leute das Geld dazu hatten), desto früher sind Spindel und Spinnrad verschwunden. Wie schon mal erzählt, eine meiner Spinnfreundinnen hat mal ein bisschen in die Richtung geforscht: Im zweiten Weltkrieg waren auch hier im ländlichen Frankreich die Spindelräder (das war der übliche Typ - aber eher klein und mit Kurbel, zum Davorsitzen) schon auf den Dachboden verbannt und kamen nur wieder raus, weil's eben nichts mehr zu kaufen gab. Auch heute sagen mir manchmal ältere Herrschaften: "Ja, als Kind musste (!) ich auch." Öfter höre ich allerdings - auch von älteren Leuten: "Genau wie meine Oma!" (Grrrr!) Und sobald man nicht mehr MUSSTE, hat man keine Fasern mehr angerührt. Meine Oma in Tuntenhausen hatte während des Krieges, und wohl auch noch kurz hinterher, auch Spinnrad und Webstuhl - aber als ich sie kennengelernt habe, war beides schon weg und sie hat auch nie vom Spinnen oder Weben erzählt.

Und meines Wissens waren die östlichen Länder nicht gerade für tolle Einkaufsmöglichkeiten und reichen Mittelstand bekannt, weshalb noch mit der Hand gesponnen wurde, als Fotoapparate schon einigermassen verbreitet waren. Wie in von der Welt vergessenen Winkeln ja heute noch mit der Spindel (eher als mit dem Rad) gesponnen wird - Helène war auf einer geführten Wanderung im Atlas (Marokko), holt abends, nur so zum Spass ihre Spindel raus und spinnt ein bisschen, und der Führer überschlägt sich fast vor Begeisterung. Dass auch reiche Westler spinnen können, hätte er nie gedacht - das musste er seiner Mutter zeigen (die zumindest noch spinnen kann) und hat Helène zu sich nach Hause eingeladen.

Dass die Rocken nicht auf Flohmärkten zu finden sind, finde ich übrigens absolut logisch - wer hebt schon eine Astgabel auf und bietet sie zum Verkauf an? Und mehr braucht's nicht, ums in den Gürtel zu stecken. Ich könnt' mir sogar vorstellen, dass man das Ding schlicht weggeworfen hat, wenn die Wolle runtergesponnen war und man noch weiter zu laufen hatte und das Teil lästig fand (wahrscheinlich je nach Buschsituation zu Hause). Die schön geschnitzten Wocken sind, denke ich, stationär und gehören zu Spinnrädern.

Theorien aufstellen macht zwar Spass, aber ich will trotzdem eine Zeitreise-Maschine!

Ciao, Klara

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von wollgras » 28.10.2012, 16:28

Klara hat geschrieben:Helène war auf einer geführten Wanderung im Atlas (Marokko), holt abends, nur so zum Spass ihre Spindel raus und spinnt ein bisschen, und der Führer überschlägt sich fast vor Begeisterung. Dass auch reiche Westler spinnen können, hätte er nie gedacht - das musste er seiner Mutter zeigen (die zumindest noch spinnen kann) und hat Helène zu sich nach Hause eingeladen.
Etwas OT: meine türkische Freundin, der ich vor kurzem von meinem neuen Hobby erzählt habe, hat sich köstlich darüber amüsiert und lachend gemeint, dann müssten wir mal in das Heimatdorf ihrer Eltern fahren, dort würde man sicher noch ein paar Tipps bereithalten. Sie selbst kann nicht verstehen, warum ich Spinnen so interessant finde. Ihre Eltern sind, als sie jung waren, vom Dorf in die nächste Großstadt ausgewandert und haben es geschafft, mit einem Lebensmittelgeschäft gut über die Runden zu kommen. Spinnen ist für meine Freundin offenbar noch mit Dorfleben, Armut und Überlebenskampf verbunden, sie käme nie auf die Idee, sich damit zu beschäftigen, ist vielmehr froh, für wenig Geld Bekleidung, Teppiche etc. kaufen zu können, ohne viel Zeit in deren Herstellung investieren zu müssen.
Viele Grüße vom
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Elisabeth62 » 28.10.2012, 17:35

ich fürchte, dass bis zur Erfindung der Zeitreisemaschine die Fragen einfach unbeantwortet bleiben, weil spinnen viel zu alltäglich war, um Informationen drüber festzuhalten.

Ist in der Regel meist so, das Alltägliche wurde meist nicht aufgezeichnet, gemalt oder sonstwie konserviert, weils eben alltäglich war. Jeder wusste Bescheid wie es ging und wozu es da war, keiner musste fragen. Auf die Idee, daß andere sowas interessant finden könnten, kamen die wenigsten. Besondere Dinge, Ereignisse etc. hatten eher die Chance irgendwie und irgendwo erwähnt zu werden.
Und so ohne weiteres vertraue ich auch keinen schriftlichen Dokumenten - es wird heute noch genug Blödsinn geschrieben, warum soll das früher anders gewesen sein? Und ob Maler immer alles so präzise festgehalten haben, vor allem, wenn sie selber keine Spinner waren?
Das ist auch richtig, dazu bräuchte es eine fundierte Quellenkritik - was, wann, wo, von wem, etc.
Bei den Fotos aus den östlichen Ländern müsste man mal schauen, wer die gemacht hat, daraus könnte man dann schließen, warum, theoretisch...
Das wär ne Menge Archivarbeit.

Die Zeitreisemaschine wäre ideal, theoretisch.

Grüße Elisabeth

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Patella » 28.10.2012, 18:08

shorty hat geschrieben: Vermutlich ist es schlicht so, der Anteil an Bekleidungstextilien hat im Mittelalter nur nen Bruchteil ausgemacht, deshalb ist der Wollanteil meiner Meinung nach geringer.
Für Tisch und Bettwäsche war mengenmäßig viel mehr Meter zu spinnen als für den Wollpullover.
Wollpullover im Mittelalter???? Unglückliche Wortwahl. Sagen wir lieber Wolltuche/Stoff. Aber sonst ist die Überlegung nicht von der Hand zu weißen, daß viel Leinen geraucht wurde und somit viel Flachs gesponnen wurde. Aber die Oberbekleidungsstoffe waren aus Wolle und nur die Unterkleidung wie Hemd, Bruche und Unterkleid aus Leinen. Die 2-3 Lagen darüber alles Wollkleidung (Katrin Kania "Kleidung im Mittelalter"). England war im Mittelalter der Wolliferant Nummer eins. Und Tuchweber aus Flandern heiß begehrt. Die Wolltuchindustrie war sehr groß.
Auch die Tatsache das es heute keine mittelalterlichen Schafrassen mehr gibt, ist keine Rechtfertigung dafür, alles andere nur so lala zu machen weil es nie ganz A sein kann. Im Rahmen der Möglichkeiten kann man schon versuchen das Beste zu geben.

Jetzt wissen wir nur leider immer noch nicht was wir wie auf unsere Wocken binden sollen. Ich glaube ich teste mal aus.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von sanne » 28.10.2012, 18:49

Ich kann nur soviel dazu sagen das hier im Allgäu auch ein großes Flachsanbaugebiet war bis die Industrialisierung angefangen hatte. Jeder Hof hatte sozusagen seinen eigenen Flachs den er für den Eigenbedarf selber verarbeitet hat. Wieviel davon allerdings exportiert wurde weiß ich allerdings nicht, aber ich denke eher weniger da es doch eine arme Region war.

Und ob man Flachs mit einer Handspindel auch verspinnen kann bezweifle ich jetzt einfach mal bei der langen Stapellänge.

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von shorty » 28.10.2012, 18:53

Doch das geht schon, wenn mans kann wohlgemerkt.
Wir haben im Flachsspinnkurs schon gespötelt, ich hätte wohl keinen Mann abbekommen ob meiner Flachsspindelspinnkünste.
Am Rad dagegen fand ichs viel einfacher.
Mir ist trotzdem Wolle lieber ;-)

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von FrauHollunder » 28.10.2012, 19:46

So einen Wocken hat sich eine Dame im Spinnkreis aus einem kleinen Tannenbäumchen gemacht. Sprich Bis auf die unteren Äste alle anderen Entfernt, dann geschält, gut abgeschmirigelt und den Baum "verkehrt" herum als Wocken genommen. Die unteren Äste haben die Wolle OBEN gehalten. Sehr Rustikal aber es funzt.
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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von stuart63 » 28.10.2012, 22:05

Wer sich selbst treu bleiben will, kann nicht immer anderen treu bleiben

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Re: Wolle auf Spinnrocken binden

Beitrag von Klara » 29.10.2012, 11:51

Ich hab' ein Bild aus dem 16. Jh. aus Schlesien (ich denke, von einem Altarbild oder sowas), das ist für mich eindeutig Wolle im Rocken. Und eine Gravur (oder Holzschnitt - ziemlich grob jedenfalls) aus dem frühen 16. Jh., jetzt in der Pariser Nationalbibliothek (also ich behaupte einfach mal, aus Frankreich) einer Hirtin mit Spindel und Rocken, aber was das für eine Faser ist? Vielleicht Wolle, weil sie Schafe hütet (die auch kaum als solche zu erkennen sind, aber für Rinder zu klein und hornlos und für Ziegen die Schwänze zu lang).

Und dann habe ich noch ein älteres französisches Heftchen zum spinnen und weben lernen, leider ohne Jahr, aber ich schätze es mal auf kurz nach dem Krieg (Kaufpreis 6 F). Da wird die Wolle nach dem Waschen zum "Kardenband" gezupft (zeight Mabel Ross auch auf ihrem Video) und dann mit der wirtellosen Spindel im freien Fall versponnen (und ich versteh's immer noch nicht!). Am Schluss der einseitigen A6-Anleitung ist dann noch die Bemerkung, dass Leute, die gelernt haben, mit Rocken zu spinnen, damit weiterarbeiten können, auch wenn sie es Anfängern nicht empfehlen. Nur dass das Heftchen insgesamt so unbrauchbar ist, dass ich dem Autor kein bisschen vertraue.

In den World Spinning Traditions habe ich gestern noch ein bisschen geguckt, aber da haben die Spinner die Tierfasern alle als "Kardenband" ums Handgelenk gewickelt oder sonstwie verstaut. Dafür illustriert das Video sehr schön die Quellenproblematik: Die Filmerin hat keine Ahnung vom Spinnen, kommentiert Sachen nicht, die mir auffallen (dass z. B. die Peruanerin die Wolle - oder Alpakahaare - von einem Stück Leder wegzupft, also nicht mit geschorener Faser arbeitet) oder gibt sogar Falschinformationen und sagt "spinnen" wenn gezwirnt wird. Beim Video ist das nicht ganz so tragisch, weil man ja selber gucken kann - aber bei schriftlich festgehaltenem?

Zu den gespinidelten Pflanzenfasern: Wenn mich nicht alles täuscht, fällt der Goldmarie eine Flachsspindel in den Brunnen. Die Postkarte - ist zwar Hanf, aber egal - ist auch interessant: Nach der Handhaltung sieht's eigentlich mehr nach Andrehen einer Fallspindel aus, als nach Spinnen "mit Hakenstöckchen".
Patella hat geschrieben:Jetzt wissen wir nur leider immer noch nicht was wir wie auf unsere Wocken binden sollen. Ich glaube ich teste mal aus.
Also ich wüsste es schon: Entweder Leinen oder Hanf, so wie man eben Flachsrocken wickelt. Oder Wolle nach der Beschreibung von Hentschel: Ein Ast mit drei (oder mehr) Zweigen dran, die ein Körbchen bilden, gut gezupfte Wolle rein und ein Band drum rum, damit das Körbchen dichter wird. Was für eine authentisch sein sollende Darstellung zu rechtfertigen ist, richtet sich für mich danach, ob's in der Gegend Schafzucht gab oder nur Pflanzenfaser-Anbau. Das sollte sich ja rausfinden lassen.

Was sagen sie eigentlich zu dem Thema bei Flinkhand? Da finde ich Mittelalter-Fragen besser aufgehoben - hier geht's den meisten doch mehr um Spinntechnisches (zumindest mich interessieren vergangene Zeiten und fremde Länder in erster, zweiter und dritter Linie unter dem Gesichtspunkt: Warum wurde/wird das so gemacht, was könnte man sinnvollerweise (!) für hier und heute übernehmen).

Ciao, Klara

Edit: Dass die Schafrassen nicht mehr genau so sind wie im Mittelalter, würde mich herzlich wenig stören. So viel anders kann die Wolle ja nun auch wieder nicht gewesen sein, es gibt ja bei grober Unterteilung nur fein/kräuselig/kurz, glatt/grob/lang, einheitliches oder mischwolliges Vlies, weiss, braun, schwarz oder grau (und scheckig). Wenn die Schafe früher kleiner waren, oder alle Hörner hatten, oder die Herde mehr farbige Tiere aufwies als heute und die Tiere verschiedener voneinander waren als eine heutige homogene Herde - dann sieht man das ja nicht an der einzelnen Wollportion. Aber ich bin überzeugt, dass es auch im Mittelalter schon feinste Wollen gab (die Unterwolle von Soays, die ja als sehr alt und urtümlich gelten - ist feiner als die meisten Merinos heute - es ist nur eine Irrsinnsarbeit, die vom letzten Grannenhaar zu trennen). Also solange man nicht mit Industriekammzug oder Wensleydale (die sind eine neuere Hochzuchtrasse) auftaucht ist für mich alles okay...

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