14 Jahre Wollknäuelwickler - meine Story

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wollwolff
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14 Jahre Wollknäuelwickler - meine Story

Beitrag von wollwolff » 08.01.2017, 13:02

Hallo Ihr Lieben!

Ich möchte hier über die Entstehung, Pannen und Weiterentwicklung meines Wollknäuelwickler berichten.

Es begann in einem Fachgespräch am Kaffeetisch bei Spinnfreundinnen, L und M. Ich hatte bis dato keinen Schimmer, wie sich ein Knäuel bildet, bilden muss.
Es wurde mir der Ablauf an einigen vorhandenen Wicklern detailliert gezeigt, ich notierte auch die von L und M beobachteten Schwachstellen und der Wunsch
kam auf, einen neuen Wickler zu konstruieren, derdie festgestellten Schwächen berücksichtigt.
Nun kamen auch die Kosten ins Gespräch und unter der Berücksichtigung vorliegender Kapitalknappheit einigte ich mich mit M auf schönen Motiv-Pullover,
bat aber auch um Geduld und Toleranz, bis alles stimmt.

Holz als Basis, robust und mit wartungsfreien Lagern versehen, machte ich mich an den Entwurf.
Heraus kam ein reibradgetriebener Taumelwickler ohne Anlaufscheibe für das bildende Garn. Viele Details zeigten sich als für die Dauer ungeeignet, die
Transportsicherheit musste auch beachtet werden und-und-und..

1. Entwicklungsstufe

So war die Gelenkbildung für die bei 45° Taumelachse mit Klemmknoten aufwendig gelöst und auch der Reibabgriff an der Vorgelegelagerung mar mit Fixmass mit U-Scheiben nicht die praxistaugliche Lösung.
Die Fadenführung beim Erstwickler als "Schweineschwänzchen" auszubilden zeigte sich schnell als ungeeignet für die Anführung in Bezug auf den wachsenden
Knäueldurchmesser mit dessen ständig ändernder Tangente auf den "Knäueläquator".

Recht schnell entstand so die jetzt noch eingesetzte Doppelstäbchenführung, wobei das Garn immer im konstanten Winkel auf den Knäuel läuft. Auch das sanfte Anlegen der Doppelstäbchenführung an den sich bildenden Knäuel und der mitschleppender Dauerkontakt zeigten sich als richtige Weg.

Die Vorgelegelagerung mit dem beschrieben Fixmass für den Reibabgriff wich auch bald. Die Lösung hier mit einer Einstellbarkeit mittels Kontermutter und Gewindestift wies auf eine richtige und wichtige Möglichkeit.

Für die Knäuelbildung zeigte die anlaufscheibenlose Wickelachse viel mehr Wickelvolumen, als angesetzt, also Luft nach oben. Ein Extremknäuel von 300g entstand.

Ich bekam meinen Pullover und der erste Wollknäuelwickler fing an zu arbeiten und wickelt noch heute. Bis auf eine Störung, aber die war standortbedingt:
Im warmen Wohnzimmer bildete sich Kondensat in der Wickelachslagerung und erzeugte mit dem im ZZ-Lager platziertem Schmierstoff einen wachsartigen
Widerstand, wo die Wickelachse blockierte. Mit Feinölspray konnte die Achse wieder bewegt, das Kondensat entfernt und sicher geschmiert, werden.

2. Entwicklungsstufe

Ich konnte nun wöchentlich etwa einen Wickler bauen. Hin und wieder meldete sich eine Kundin mit Fragen, welche aber bedientechnisch gegründet waren.
Immer wieder verstand man nicht, dass der Fadenlauf immer durch die Finger laufen und nicht direkt von der Haspel erfolgen kann. Dies ist aber dem
Prinzip Taumelwickler ( ****im Gegensatz zu Satellitenwickler) geschuldet. Ziepen und Rucken beeinflussen die Knäuelbildung stark.
**** Hierüber habe ich zurückliegend schon einmal berichtet.

Auch war der Transport immer ein Problem. Nicht nur die Anlieferung, wo trotz gepolsterter Verpackung gerne eimal die filigrane Doppelstäbchenführung verbog, bzw.
sich verstellte. Alles aber kleine Störungen, die die Kundin vom Telefon aus selber korrgieren konnte.
Um diese Störung abzustellen, änderte ich die Ausführung der Doppelstäbchenführung von fest auf anschraubbar und legte sie lose dem verpacktem Wickler bei.
Es zeigte sich auch, dass die Gelenkklemmung der 45° - Stellung der Wickelaufnahme Probleme in der Praxis machte. Ein Sturz vom Tisch stoppte jegliches Wickeln.
Einige Kundinnen schafften die " Reanimation" anderen blieb nur die Inspektion hier.

3. Entwicklungsstufe
Mit der Gebrauchszeit änderte sich der Reibkontakt an der Zentralachse, es entstand eine kleine Druckfurche. Diese konnte rel. einfach selbst durch axiales Verschieben der Zentralachse neu justiert werden. Der sich auf dem Abgriff abgesetzte "Schlaglochschmutz" konnte auch selbst erkannt und mit Wattestäbchen und Alkohol entfernt werden. Anders war es aber mit dem Einstellpunkt - Konterschrauben am Vorgelege. Hier versagte oft die Handwerkstechnik des Kunden.
Um diese mechanische Komplexakte nicht weiter auszubauen, entschied ich zum aktuellen Schritt, der gestalterischen Fix-45°- Grundbasis mit Schlitzaufnahme und-verstellung der Transmissionen.
Diese neue Wicklerbasis ist übersichtlich und recht selbsterklärend.
Auch konnte die Bauteilzahl verringert werden. Das rel. aufwendige Messing Gegengewicht wurde durch eine Edelstahkugel ersetzt. All diese Massnahmen
dienten unmittelbar dem Wickeleinsatz und letztlich ermöglichte all dies, den Wicklerpreis im 3. Jahr konstant zu halten.

Ich bin stolz auf meinen kleinen Turbo!

LG von Jürgen ^..^
wowi1.jpg
wowi2.jpg
wowi3.jpg
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Wowi16b.jpg
Wowi16c.jpg
Anbei einige Fotos mit dem Meilensteinen. Wowi 1-2-3 zeigen die ursprüngliche Ausführung
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Elianne
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Re: 14 Jahre Wollknäuelwickler - meine Story

Beitrag von Elianne » 19.01.2017, 19:10

Ich schätze Deine Dokumentationen sehr, auch die Einwandbehandlungen sind fast immer amüsant, danke Dir!
Don't misunderstand lack of talent for genius...

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