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von w_ciossek » 28.10.2012, 00:03
Ich habe mir solche französischen Spindeln geschnitzt. Sie sehen wie gedrechselt aus, sie sind jedoch nur mit Schnitzmesser, Feile und Schleifpapier bearbeitet worden. Aus einen Holzstück aus Buche benötigte ich hierfür nur einen Tag. Doch was mich bei diesen Spindeln erstaunt, ist deren rückständige Bedienungsweise. Viele französische Videos zeigen hier eine recht mühselige Technik, wo sie wie ein Bleistift gedreht wird ohne einen Schwung auszunutzen. Da fragt man sich, wieso hat sie dann eine solche hochentwickelte Form, wenn man nach dieser Spinntechnik besser einen Schaschlikspieß drehen könnte. Ich selbst habe hierbei nach einer Weile trotz häufiger Übung sehr schnell heftige Schmerzen in den Fingern bekommen - das Drehen eines Schaschlikspießes war angenehmer und effektiver. Das Spinnergebnis war wie bei den Videos auch - sehr mager.
In Spinnkreisen zeigte ich diese Spindel als Negativbeispiel - als eine höchst uneffektive Spindel - aber ich habe mich geirrt. Es gibt effektivere Methoden, diese zu benutzen.
Als Standspindel genutzt, ähnlich einer Orenburgspindel, macht das auch wenig Sinn, da sie zuwenig Schwungmasse besitzt. Obendrein bremst dann die Reibung die Spindel. stuart63 gab hier in diesem thread einen Link unter youtube an, wo sie davon angetan ist, wie die Spindel "suspended" betrieben wird. Unter dieser Weise macht der Aufbau der französischen Spindel einen Sinn. Der Clou bei dieser Spindel ist am Schaftende eine spiralförmige Nut. Sie funktioniert nur dann, wenn sie zum Schaftende tiefer wird, so tief, daß sie die Stabmitte erreicht. Auf diese Weise wirkt sie wie ein Haken. Man braucht keinen Halbschlag mehr zu machen. Beim Drehen der Spindel legt sich der Faden automatisch da hinein und durch den Zug zieht sich der Faden wie eine Schlinge so fest an den Schaft zu, daß der Faden nicht mehr herauszuziehen ist und so die Spindel am Faden frei hängen kann. Nun kann man sie ganz bequem wie eine Fallspindel schnell drehen.
Sie kann mit der Spinngeschwindigkeit durchaus mit einer Tellerspindel konkurrieren, da der lästige Halbschlag und auch das Herumführen des Fadens um einen Wirtel entfällt. Ferner ist die Gefahr wesentlich geringer, daß sie einmal zu Boden fällt. Der kleine wirtelähnliche Knuppel am Schaftende ist gar nicht der Wirtel, sondern dieser sorgt für einen festen Halt für den Faden, wo man dessen Ende anbindet. Die französische Spindel, die der Orenburgspindel sehr ähnlich ist, ist dieser jedoch überlegen, weil sie reibungsfrei sich schnell drehen kann. Aus einen Stück Rundholz kann man sie leicht selbst bauen.
Doch eine Archillesferse hat sie. Es ist das Schaftende mit der Nut. Diese kann leicht brechen. Aus diesen Gründen gibt es auch Spindeln, wo dieser Teil aus Metall gefertigt ist, bzw. gibt es einen aufsetzbaren Teil aus Metall mit der gleichen Funktion wie diese spiralförmige Nut. Noch empfindlicher sind dann Spindeln, wo zwei Nute gleichzeitig vorhanden sind, nämlich eine für eine Linksdrehung und eine für eine Rechtsdrehung. Ich selbst habe nur eine Nut, wo man die Spindel nur im Uhrzeigersinn drehen kann. Durch achtsame Behandlung brauche ich kein Metallstück.
Zum Zwirnen muß ich dann entgegengesetzt drehen, da benutze ich wieder den Halbschlag, da das Zwirnen sowieso wesentlich schneller geht und je mehr Wolle man auf dem Schaft wickelt, um so mehr nimmt der Schwung zu, so daß ich letztenendlich beim Zwirnen die französische Spindel wie eine Fallspindel benutzen kann.
Nun, diese Spindeln sind noch verbesserungswürdig. Meines Erachtens besitzen sie zuwenig Schwungmasse. Ich habe einige meiner Spindeln so abgeändert, daß sie in der Knuppelgegend, also am unteren Schaftende, besonders dickbäuchig sind und zum anderen Schaftende sich stark verjüngen. So sind sie superschnell geworden und inzwischen spinne ich mit ihnen am liebsten.
Apropos superglatt: Meine habe ich auch superglatt geschliffen und mit feiner Schleifpaste so auf Hochglanz poliert, daß man sich darin spiegeln kann. Das macht bei mir sogar einen Sinn. Die Spinnfähigkeit wird gar nicht dadurch beeinträchtigt. Durch die Nut am Schaftende sitzt der Faden eh bombenfest. Ich wickle gern den Faden knäuelformig um den Schaft. Die französische Spindel ist da auch ähnlich wie eine Nostepinne (Wickeldorn) bedingt durch ihre Form. Am Schluß ziehe ich den Wollknäuel vom Schaft herunter, da kommt mir dessen glatte Oberfläche sehr entgegen.