Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

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Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von ehemaliger User » 13.05.2009, 10:26

Wenn man, vor allem in der Umgebung von Kindern, spinnt, kommt unweigerlich die Bemerkung: Wie bei Dornröschen
Ich frage mich nun aber woran sich Dornröschen wohl gestochen hat. Im Märchen heißt es "an einer Spindel". Hm, ist eine Spindel unten so spitz, gibt es solche?? Anschließend werden dann nicht aber alle (Hand-)Spindeln, sondern alle Spinnräder verbrannt.
Auf Bildern sieht man oft Dornröschen neben einem Spinnrad mit Wocken stehen, den fasst sie dann an. Ich habe aber noch nie einen Wocken gesehen, der aus einer umgedrehten Pfeilspitze gemacht worden ist :eek:
Weiß einer von Euch Rat??? Irgendwo muss es ja herkommen, dass man sich an einer Spindel stechen kann...

PS Ich bin mir nicht sicher, ob das Thema hier richtig angesiedelt ist, wenn nicht bitte verschieben!
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Re: Dornröschen

Beitrag von frieda » 13.05.2009, 10:40

Ich vermute mal, daß es sich dabei eher um ein Spindelrad als um ein Flügelrad gehandelt haben wird, an dem sie sich gestochen hat.

Wenn man sich z.B. mal das hier ansieht (was nun natürlich ein sehr moderner Typus ist) http://www.wollwolff.de/admin/news_images/Mod11.jpg respektive http://www.wollwolff.de/admin/produkte_ ... odica4.jpg dann sieht man, daß die Spindel selber ziemlich spitz ist.


Grüßlis,

frieda
Zuletzt geändert von frieda am 13.05.2009, 10:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Dornröschen

Beitrag von Don Mesdos » 13.05.2009, 10:41

Ja , Dornröschen hatte wohl ein SADO MASO vom Or..on Versand, das war mit Stachelnieten dekoriert.

Es ist ein Märchen, und im Original hatt sie sich wohl an einer Handspindel gestochen, und da ist die Spitze so spitz dass sie sich in den Boden bohren muss, damit die Wolle auf dem Weg zur Feldarbeit nicht verschmutzt.
Die Spitze kann man so spitzt machen wie man will.

Wie gesagt es ist nur ein Märchen und ziemlich sicher durch Generationen verfälscht und verfremdet...

lg Paul
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Re: Dornröschen

Beitrag von ehemaliger User » 13.05.2009, 10:49

Hallo Zähnchen,
ich mußte grad schmunzeln.Genau dieselbe Frage stell ich mir jedesmal wenn meine Kinder mal Dornröschen im Fernsehen angucken.

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Re: Dornröschen

Beitrag von shorty » 13.05.2009, 10:50

Die Zeichnungen zu den Märchen stammen alle aus neuerer Zeit , sind also deutlich jünger als das Märchen selbst.
Die Märchen wurden ursprünglich ja mündlich überliefert und von den Gebrüdern Grimm einfach nur mal festgehalten.
War bestimmt eine unten angespitze Spindel.
Hans hier von den Hachinger Spinnern hat auch eine unten mit einem Metallspitz zum spinnen draußen im Gelände.
Liebe Grüße
Karin

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Re: Dornröschen

Beitrag von TrashQueen » 13.05.2009, 11:02

Hm, aber das passt ja nicht zu der Beschreibung, dass sich Dornröschen in den Finger stach... Alte Räder hatten bevor es Spulen gab diesen bereits zitierten Spinndorn. Die landläufig am weitesten verbreitete Erklärung ist, dass sich Dornröschen an ebendiesem spinndorn gestochen hat.
Dazu passt auch, dass die 13. Fee nicht im Freien sponn, sondern auf dem Dachboden.

Wird nicht sogar explizit von einem "Spinnrad" gesprochen?
*grübel*
Mal Projekt Gutenberg fragen...

LG,
TQ

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Re: Dornröschen

Beitrag von TrashQueen » 13.05.2009, 11:05

OK, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil:

Dornröschen
In dem Schloß steckte ein verrosteter Schlüssel, und als es ihn umdrehte, sprang die Türe auf, und da saß in einem kleinen Stübchen eine alte Frau mit einer Spindel und spann emsig ihren Flachs. "Guten Tag, du altes Mütterchen", sprach die Königstochter, "was machst du da?" "Ich spinne", sagte die Alte und nickte mit dem Kopf. "Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?" sprach das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte sie aber die Spindel angerührt so ging der Zauberspruch in Erfüllung, und sie stach sich damit in den Finger.
:)

LG,
TQ

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Re: Dornröschen

Beitrag von ehemaliger User » 13.05.2009, 11:45

Na klar haben sich Märchen im Lauf der Zeit verfremdet. Aber die Sache mit der Spindel ist ja echt elementar.
Dass Dornröschen sich an einem Alltagsgegenstand wie einer Spindel stach (auch wenn sie sehr angespitzt war) heißt für mich: Die Prinzessin wusste halt nicht wie`s geht, wie auch, waren ja alle verbrannt und hat die Spindel nicht von der Seite sondern von unten angefasst. Pech gehabt.
Die Sache mit dem Spinndorn als Vorläufer der Spule am Spinnrad interessiert mich, wie sah sowas aus? Ich habe leider kein Bild finden können.
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Re: Dornröschen

Beitrag von shorty » 13.05.2009, 11:47

Noch was zu den Spindeln mit sehr spitzem Ende.
Ich könnte mir vorstellen, dass es sich auch um eine supported Spindel handeln könnte.
Der Reibungswiderstand bei einer richtigen Spitze dürfte evlt auch deutlich geringer sein, als bei einem stumpfen Ende.

Aber wie sagt man bei uns in Bayern wos gwies waos ma ned :-)))
Karin

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Re: Dornröschen

Beitrag von Greifenritter » 13.05.2009, 11:53

Zähnchen hat geschrieben: Die Sache mit dem Spinndorn als Vorläufer der Spule am Spinnrad interessiert mich, wie sah sowas aus? Ich habe leider kein Bild finden können.
zum Thema Spindelräder und Quillen geht es hier weiter:
Spindelräder und Quillspindeln für Spinnräder

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Re: Dornröschen

Beitrag von Greifenritter » 13.05.2009, 14:56

Also:

Der Vorläufer der heutigen Flügelspinnrades war das Spindelrad.
Näheres darüber findest Du hier auf unserer Spinnradclub-Homepage links im Menü:

Beschreibungen -> Spindelräder
Heute gibt es für viele moderne Spinnräder sogenannte Quillen oder Quill-Spindeln (siehe Bild unten) und auch Spindelräder findet man durchaus noch.

Allerdings sind die Spitzen dieser nicht so extrem, daß man sich wirklich dran stechen kann. Bei der Ashford-Quille zumindest nicht und bei den Spindelrädern die ich bisher gesehen habe auch nicht. Man kann sich beim vorbeirennen dran verletzen weil sie hart dünn und vorstehend sind, aber richtig stechen eher nicht.
Ich denke bei den alten Spindelrädern war es ähnlich.

Handspindeln sind früher meist spitz gewesen (wie Galvan oben schon schrieb) und auch heute sind die für den Gebrauch auf der grünen Wiese oder die, die gelagert betrieben werden unten stark angespitzt. Da kann man sich durchaus stechen. Da man die Spindel andreht und zum andrehen einfängt geht das oft recht schnell, gerade wenn es an Übung fehlt. Ist mir selbst schon passiert (wenn auch nicht mit so tragischen Folgen, war nur ein kurzer Autsch-Effekt ;) )

Dazu kommt, daß die Spindelräder auch erst realtiv Spät in unseren breiten Einzug hielten und kaum in Gebrauch waren. Sie waren bekannt aber nicht gerade beliebt, anders als im Orient aus dem sie eigentlich stammen.
Soviel ich weiß ist das Märchen von Dornröschen viel älter, existierte also vor den Spindelrädern.
Grundlage dafür war denke ich schon eine Handspindel.

Der Dachboden ist auch kein Argument fürs Spinnrad, denn das wurde laut der mir bekannten Fassung des Märchens ja dort versteckt, es handelte sich also nicht unbedingt um den Ort an dem für gewöhnlich gesponnen wurde.

Allerdings passen Künstler (Geschichtenerzähler, Schriftsteller, Zeichner, Maler, ...) bei Ihren Umsetzungen Dinge gerne an ihre Zeit oder ihrer Vorstellung an. Da gibt es eine große Anzahl an unsinnigen Darstellungen von Handarbeitenden Frauen und den Gerätschaften die sie benutzen (siehe Manese). Weder die Gebrüder Grimm noch die zeichner die deren Märchen illustrierten werden des Spinnens mächtig gewesen sein. So wurde wohl aus der Spindel ein Spinnrad und da man dann auf Anhieb keine Spitze fand wurde der angeblich spitze Wocken daneben montiert, auch wenn es Unsinn ist.


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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von ehemaliger User » 13.05.2009, 16:31

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung und die Links. Jetzt habe ich wieder was dazu gelernt. Das Spindeln früher wirklich so spitz waren wusste ich nicht. Gibt es dafür einen Grund, drehen sie sich besser oder so? Und wieso waren Spindeln die draußen genutzt wurden eher spitz als die die drinnen genutzt wurden?
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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von frieda » 13.05.2009, 16:51

Weil die Spindeln gelegentlich mal runterfallen. Und wenn die unten spitz sind, dann bohren sie sich in den Boden und fallen nicht um. So wird das Garn davor geschützt, direkt im Dreck zu landen.

Grüßlis,

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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von yasmin » 13.05.2009, 17:24

Der Lendrum-Dorn ist ganz schön spitz und auch mit einer Kappe versehen.

Bild
grüße,
yasmin

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Re: Dornröschen sticht sich am Spinnrad?

Beitrag von Greifenritter » 14.05.2009, 12:44

Zum Dorn vom Ashford gibt es auch einen Korken, aber wirklich stechen kann man sich dran nicht, eher stoßen.

@Zähnchen
Schau mal im Menü links unter Beschreibungen -> Spindeltypen und klicke dann bei einer beliebigen Spindel auf den Stab:
http://www.spinnradclub.de/geraete/spin ... elstab.htm

Wie frieda und Galvan schon schrieben sind die Unteren Spindelenden meist angespitzt gewesen damit die Spindel beim herunterfallen im Boden stecken bleibt und nicht zur Seite fällt wodurch das Garn schmutzig werden könnte.
Bei gelagerten Spindeln sorgt die Spitze dafür, daß weniger Fläche aufliegt und sich die Spindel so länger dreht (wie bei einem Kreisel)
Die obere Spitze dient bei Fallspindeln dazu den halben Schlag leichter runterschieben zu können, bei gelagerten (wie bei der Quille oder dem SPindelrad) dazu den Faden über die Spitze abgleiten zu lassen und dadurch zu verdrillen.

CU
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