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Erbstück
Verfasst: 01.11.2019, 22:17
von Lotharine
Hallo,
Bei uns ist heute dieses Spinnrad eingezogen. Kann irgendwer etwas dazu sagen, was das für eines sein könnte oder was es sonst dazu zu sagen gibt?
Es stand die letzten ca. 40 Jahre als Deko, wurde aber wohl davor in der Familie noch benutzt.
Auf den ersten Blick kann ich keinen Aufdruck oder sonstige Beschriftungen erkennen.
Der untere Teil (Trittbrett??) scheint mir nachträglich angebracht worden zu sein, sieht jedenfalls irgendwie selbstgebaut aus.
Oben an der Halterung der Spule ist mit Heftpflaster etwas "repariert" worden.
Ich kann natürlich auch noch Detailbilder machen, wenn das weiterhilft, ich weiß nur leider nicht, welche Details da relevant sind.
Ich würde gerne wissen, was ich hier nun eigentlich im Wohnzimmer zu stehen habe und was die ersten Schritte sein könnten, um so ein Spinnrad wieder in Betrieb zu nehmen.
Danke schon mal für jede Art von Hilfe

Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 09:28
von Glaskocher
Ich kann Dir zwar keine Soforttipps geben, aber für die Anderen um einige weitere Fotos bitten. Der Tritt macht einen funktionsfähigen Eindruck und scheint korrekt montiert zu sein. Ein erster Test ist, ob das Rad sich leicht drehen läßt und der Tritt dabei auf und ab geht. Wenn das beim Anschubsen des Raden der Fall ist, dann können wir an der Seite ein OK geben. Das aktuelle Bild zeigt übrigens die Rückseite eines zweifädigen Spinnrades. Man sitzt "hinter" dem Gerät und spinnt rechts (im Bild) am Spinnkopf, wo die Antriebsfäden um die Spule und den Spinnflügel herum gehen.
Mache mal je ein Detailbild vom Spinnkopf von oben und aus allen vier Himmelsrichtungen und teste, ob sich die Spule leicht drehen läßt. Auch der "Spinnflügel", eine Art zweizinkige Gabel mit Häkchen sollte sich recht leicht um die Achse der Spule drehen lassen. Die Achse der Spule und des Spinnflügels ist übrigens am einen Ende hohl, um den Drall an den da durch gehenden Faden weitergeben zu können. Sie hat im Bereich des Spinnflügels ein zweites Loch zur Seite, wo der gesponnene Faden wiedr heraus kommt und über die Haken auf die Spule gelenkt wird. Unter dem Langloch im zentralen Brett, das Alles zusammen hält müßte eine Schraubenmutter zu sehen sein, mit der der Spinnkopf bewegt und der Antriebsfaden gespannt werden kann.
Lasse dem Heftpflaster zunächst mal sein Geheimnis. Falls das Spinnrad mit dem "Flicken" funktioniert, dann ist es für's Erste gut. Ansonsten könnte sich dort eine Bruchstelle verbergen.
Ich hoffe, Dir zumindest einen kleinen Schritt weiter helfen zu können.
Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 10:11
von Lotharine
Danke für die ersten Hinweise

Ich habe jetzt noch mal einige Fotos gemacht und hoffe, dass die weiterhelfen.
Das Rad dreht sich, allerdings nicht sehr leichtgängig, es schafft knapp mal eine Runde. Es kann aber natürlich sein dass ich den Riemen falsch aufgelegt habe.
Der Tritt geht dabei aber auf und ab - das werte ich dann schon mal als gutes Zeichen
Die Spule lässt sich sehr leicht drehen, der Spinnflügel etwas zäher, aber der "hängt" ja auch am Rad. Ohne den Riemen laufen sowohl Rad als auch Spinnflügel leichter.
Das Loch im Spinnflügel, durch das der Faden nach außen läuft, habe ich gefunden.
Der Spinnkopf (ist das der obere Teil mit Spinnflügel und Spule usw?) lässt sich verstellen, indem der "Knauf" am oberen Ende des Langbrettes gedreht wird. Nachdem ich das gerade ausprobiert habe, sitzt der Riemen auch etwas lockerer und Rad und Spinnflügel drehen sich leichter
Der "Riemen" ist übrigens ein doppelt genommenes Stück Band, das ich am ehesten als Paketschnur bezeichnen würde.
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Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 10:20
von Rolf_McGyver
Hallo Lotharine,
Bilder aus allen Richtungen von der MOA ('Mother of All' / Spinnkopf, das Teil, das mit Heftpflaster geflickt ist mit der Spule, den Wirteln und dem Einzugsloch) wären sehr hilfreich. Unter dem Pflaster verbirgt sich wahrscheinlich eine defekte Lederhalterung, die lässt sich rekonstruieren.
Dann wäre gut zu wissen, ob das Gestell wackelig ist oder noch fest zusammenhält, das lässt sich aber auch einfach richten, falls dem nicht so ist. Im einfachsten Fall muss es einfach fester zusammengesteckt werden.
Auch wenn sich das Schwungrad leicht dreht wäre gut zu wissen, ob auch dieses noch gut zusammenhält oder in sich wackelt und wie stark der Höhen- und Seitenschlag ist. Einige mm sind da noch ok. Ansonsten sollte das Schwungrad geleimt oder eventuell gerichtet werden.
Die Funktion der Antriebsschnurverstellung ist auch noch ein kritischer Punkt, die muss am zweifadigen Spinnrad gut funktionieren um den Einzug fein regulieren zu können. An dem nach (im Bild) rechts oben stehendem Griff kannst Du drehen, die MOA verschiebt sich und damit lässt sich dann die Spannung der Antriebsschnur verstellen. Da ist i.d.R. ein Holzgewinde im Spiel, dessen Zustand und Leichtgängikeit man prüfen sollte. Ein Bild von der Grundbrettunterseite auf die MOA-Halterung kann auch noch Aufschluss auf mögliche Baustellen geben.
Am Tritt kannst Du beurteilen, ob das Spinnrad immer als Deko rumstand oder ob mit ihm gearbeitet wurde. Das gibt auch noch eien Indiz auf die Spinnbarkeit.
Konkrete weitere Anweisungen zur Reparaturen werden wir Dir dann gerne geben können. Da tummeln sich hier für alle Bereiche die Spezialisten.
Es ist ein guter Weg in das neue Hobby, sich anhand eines 'alten Rades' mit den Einzelteilen und der Funktionsweise eines Spinnrads zu befassen. Das Forum und auch die Startseite spinnradclub.de gibt Dir da viel Informationen. Ob Du Dir dann später mal ein modernes Rad zulegst, wird sich zeigen. Kannst Du auf einem alten Rad spinnen, wirst Du auf jedem Rad spinnen können.
LG Rolf
P.S.: oops das hat sich überschnitten, Bilder sind ja schon da...
Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 10:29
von Rolf_McGyver
Du musst die Bilder nicht mehr vor dem Einstellen verkleinern, vielleicht erscheinen sie dann auch richtig gedreht. Ansonsten schicke die Originalbilder bitte an
webmaster@spinnradclub.de, damit wir dem 'Drehproblem' nachgehen können.
Danke und LG Rolf
Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 11:21
von Lotharine
Hallo Rolf,
Danke für die Hinweise

. Ich werde nachher versuchen, alle gestellten Fragen der Reihe nach zu beantworten und fehlende Fotos nachzureichen.
Zu den Fotos wird mir beim Hochladen angezeigt, dass die Dateigröße maximal 1MB sein darf und die Pixelgröße 800 x 800. Und da meine mit dem Handy aufgenommenen Bilder (viel) größer sind, habe ich sie verkleinert, was offensichtlich dazu führt, dass alle Bilder die im Hochformat aufgenommen worden sind, automatisch gedreht werden. In meiner Galerie auf dem Handy werden sie noch richtig herum angezeigt...
Ich versuche es nachher noch einmal mit dem Hochladen und sonst schicke ich die betroffenen Bilder per email.
Danke!
Lotharine
Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 12:43
von Lotharine
Hallo noch einmal,
Ich habe noch ein paar Detailfotos gemacht, die ich versuche anzuhängen.
Das Gestell ist nicht wackelig. Es ist ja an vielen Stellen nur zusammengesteckt, da merkt man teilweise schon, das sich die Einzelteile verdrehen lassen, aber insgesamt macht es auf mich einen festen Eindruck.
Auch das Schwungrad macht einen soliden Eindruck. Es hat etwas Spiel in der Halterung, beim Drehen bleibt es aber gut "in der Spur" und nutzt den Spielraum also nicht aus.
Etwas Sorgen macht mir die Optik des Schwungrades, an den Leimstellen scheint es auseinander zu gehen, zumindest sehe ich an allen 4 Leimstellen Spalte von bis zu 2mm. Außerdem sind ein paar Löcher sichtbar, die mich Holzwurmbefall befürchten lassen...
Ganz rund scheint das Rad nicht zu sein. In der Höhe hat es ca. 3mm Spiel zur Seite schätzungsweise weniger als 2mm.
Das Holzgewinde für die Verstellung der Antriebschnur funktioniert offenbar gut. Ich kann es jedenfalls gut verstellen.
Den Tritt brauche ich nicht kontrollieren um zu wissen, dass es benutzt wurde
Einerseits gibt es zum Spinnrad einen separaten Spulenhalter, auf dem noch Spulen mit gesponnener Wolle sind und das Spinnrad ist an den oft angefassten Stellen ganz typisch verschmutzt, außerdem hat mein Mann gerade noch ein paar historische Fakten zum Spinnrad in Erfahrung gebracht:
Das Rad wurde vom Urgroßvater meines Mannes als Einzelbau in Auftrag gegeben und war ein Geschenk für seine Tochter (die Großmutter meines Mannes). Die hat das Spinnrad dann auch genutzt, ob ihre Kinder das auch getan haben, wissen wir nicht. Für die noch lebenden Töchter (heute 75 - 80 Jahre alt) können wir es ausschließen.
Vielen Dank weiterhin für eure Hilfe und Hinweise!
Lotharine
PS. Fotos muss ich nach wie vor verkleinern und sie drehen sich leider auch immer noch auf die Seite, ich schicke die Originalbilder dann noch mal separat per email.
20191102_084535.jpg
Re: Erbstück
Verfasst: 02.11.2019, 15:28
von Rolf_McGyver
Lotharine hat geschrieben: ↑02.11.2019, 12:43
...
PS. Fotos muss ich nach wie vor verkleinern und sie drehen sich leider auch immer noch auf die Seite, ich schicke die Originalbilder dann noch mal separat per email.
Ich bestätige: Da ist was faul und reagiert anders als in meiner Testumgebung.
Wir sind dran an der Ursachenfindung.
LG Rolf
Re: Erbstück
Verfasst: 03.11.2019, 21:35
von Rolf_McGyver
Es ist geschafft, der Bildupload funktioniert jetzt wieder, wie er soll.
Vor dem Upload sollten die Bilder allerdings korrekt gedreht sein. Die Bilder, die Du mir per Email geschickt hast, habe ich mit dem Bildbetrachter des Windows-Bildbetachters gedreht, dass sie dort und in der Dateivorschau richtig gedreht sind und dann hochgeladen. Sie wurden automatisch kleingerechnet auf 800px maximale Seitenlänge, 4MB sind auf 100kB geschrumpft.
Ich muss demnächst mal die Anleitung überarbeiten...
LG Rolf
Re: Erbstück
Verfasst: 04.11.2019, 19:17
von Sina
Der Flügel hat ein sehr kleines Einzugsloch. Das ist nur für dünne Fäden geeignet. Also kein Art Yarn beispielsweise.
Was mich noch interessieren würde, welchen Durchmesser hat das Antriebsrad?
Die Frage ist auf welche Übersetzung das Rad kommen kann.
Re: Erbstück
Verfasst: 06.11.2019, 07:42
von Lotharine
Der Durchmesser des Schwungrades liegt zwischen 37 und 38 cm.
Das Einzugsloch hat etwa 5mm.
Bis ich bei Art Yarn ankomme, wird es wohl noch etwas dauern
Momentan schaffe ich es nicht mal das Rad gleichmäßig in Schwung zu halten, weil immer wieder der Riemen abspringt. Neben fehlender Übung und nicht optimaler Einstellung, liegt das möglicherweise auch daran, dass Schwungrad und Wirtel/Spule etwas versetzt zueinander sind.
Auf alle Fälle rutscht der Antriebsriemen immer auf eine Seite des Schwungrades und wenn ich versuche, es in Bewegung zu halten, springt er ganz ab. Wenn ich die MOA höher schraube, bekomme ich das Schwungrad nicht mehr mit dem Tritt gedreht.
Ich vermute, dass ich einen "Arm" (rechts auf dem Bild) etwas höher bekommen könnte, vielleicht mit einem Keil, damit der ganze Antrieb mehr in einer Flucht ist...
Re: Erbstück
Verfasst: 06.11.2019, 18:56
von Rolf_McGyver
Wenn die Antriebsschnur runterspringt ist das nicht so gut
Das sieht alles ein wenig schief aus oder ist das perspektivisch vom Foto? (mit dem Bild-Hochladen hat es jetzt wohl geklappt)
Daher nochmals die Frage zu Seitenschlag des Schwungrads und dessen Stabilität. Zur Beurteilung sollte die Schnur abgenommen sein.
Hast Du schon versucht die Lagerholme des Schwungrads zu drehen (180°) bzw. links mit rechts zu tauschen? Verändert sich die Horizontalposition des Schwungrads dadurch wesentlich. Gibt es eine Kombination , bei der das Schwungrad gerade sitzt? Wenn lange die Schnur unter Spannung steht, können sich die Holme verbiegen.
Ist die Holzmutter der MOA (von unten) gerade so weit angezogen, dass sich die Spannung gerade noch verstellen lässt? Ist das zu lose, zieht die Antriebsschnur die MOA schief.
Dann solltest Du das Geheimnis des Pflasters lüften. Der scheinbar dicke Knubbel ist suspekt und könnte den Flügel mit Spule aus der Position drücken. Ist die andere Seite aus Holz oder Leder? Das kann ich auf den Fotos nicht genau erkennen.
Bitte berichte.
LG Rolf
Re: Erbstück
Verfasst: 07.11.2019, 21:35
von Sina
Das Antriebsrad ist, wie vom Bild her vermutet, wirklich klein.
Es ist von der Übersetzung ein langsames Rad und vermutlich wirst Dir, eher früher als später, das Rad zu langsam sein.
Die Geschwindigkeit ist für den Anfang ok, aber der Einlass ist für "dicke Regenwürmer" (mal vorsichtig gesagt) suboptimal.
Wenn Du kein Naturtalent bist könnte es mühsam werden die dicken Fäden durchzuziehen.
Später wenn Du dünner spinnen kannst wird es zu lahm.
Und das später kommt früher als Du jetzt denkst.
Ein zusätzliches Problem ist dass Anfänger nicht unterscheiden könnten ob das Rad Mucken macht oder ob es an den eigenen Fähigkeiten liegt.
Wenn Du es reparieren willst: viel Spass.
Aber das Rad macht weder jetzt noch später viel Sinn. Außer hübsch aussehen.
Langsames Rad und dünn spinnen passt einfach nicht gut zusammen.
Re: Erbstück
Verfasst: 08.11.2019, 11:35
von anjulele
Das ist ein Flachsrad, das ist nicht für dickere Wollgarne konzipiert. Flachs wird dünn gesponnen. Wenn du im richtigen Winkel mit dem Fuß auf dem Tritt stehst, musst du ziemlich schnell treten. Eine langsamere Geschwindigkeit nutzt dir bei Wolle, die du dicker spinnst gar nichts, weil das Rad das nicht aufspulen kann. Es verdreht sich vor dem Einzugsloch.
Es macht für Anfänger nicht viel Sinn, sich mit so einem altem Rad abzumühen. Für jedes andere neue Hobby schafft man sich eine vernünftige Ausstattung an - warum muss es beim Spinnen so eine alte Gurke sein? Du fängst auch nicht an zu malen und wühlst deine alten Pinsel und Farben aus der Schulzeit hervor?
Wenn du spinnen kannst, ist das Rad (wenn es denn rund läuft) gar nicht so schlecht. Aber bis dahin dauert es einfach noch ein wenig.
Re: Erbstück
Verfasst: 09.11.2019, 08:18
von Fenlinka
Um die Spule/Flügel und Svhwungrad in Flucht zu kriegen kannst du auch mal versuchen vorsichtig die MOA und die Holme die das Schwungrad halten etwas zu drehen. Nicht mit Gewalt bitte. Das ist ein Problem das mein Symphonie auch manchmal hat. Etwas drehen und wieder fest rein drücken, bzw die Holzmutter unter der MOA etwas fester ziehen nach dem Ausrichten kann manchmal nen ziemlichen Unterschied machen. Bei meinem grossen rad ist es etwa nen cm den ich so die Flucht verschieben kann.
Fenlinka