Seite 1 von 1
Frage zum Drall
Verfasst: 09.11.2010, 21:16
von AnnetteB
Hallo Zusammen,
ich bin ja nun seit gestern stolze Besitzerin einer Minstrel. Nun habe ich heute mal angefangen ein wenig Probe zu spinnen. Ich habe Eiderwolle genommen und es lief auch meiner Meinung nach gut. Weil ich nun ja schrecklich neugierig bin habe ich den das gesponnene Garn gehaspelt und es kräuselt und kringelt sich wie Nachbars früherer Pudel.
Ich bin ja nun völlig unerfahren, weiß aber dass durchs späterer Verzwirnen der Drall auch wieder etwas reduziert wird. Aber wie findet man den optimalen Drall und gibt es den überhaupt. Ist das ein Erfahrungswert, den man im Laufe der Zeit bekommt. Oder war eventuell das Spinnrad nicht richtig "eingestellt". Ich fand den Einzug nämlich schon eher, hmmmm, wenig....
Viele Grüße
Annette
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 09.11.2010, 23:04
von Anna
Hallo Annette,
ich habe auch ein Minstrel und spinne darauf vorwiegend sehr dünne Garne, auch Singles - mit eher wenig Drall.
Wie benutzt Du denn Dein Rad? Zweifädig oder einfädig mit der Bremse? Welche Spulen- und welche Spinnwirtel?
Ich habe bei meinem auch etwas herumprobieren müssen. (Als ich es neu hatte, habe ich mal damit navajogezwirnt und war auch über den starken Drall erschrocken. Zum Zwirnen benutze ich das Minstrel aber inzwischen gar nicht mehr.)
Gruß von Anna
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 01:43
von Aodhan
Wenn du - ganz unabhängig vom Rad - beim Zwirnen den schon verzwirnten Faden zwischen Fingern und Einzugsloch locker läßt und er dreht sich nicht ein, dann ist der Zwirndrall ungefähr richtig. Wie du das erreichst - ist wahrscheinlich Übungssache...
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 07:18
von shorty
Also allgemein zum Drall-
Für ausgewogenes Garn braucht man
viel Spinndrall- viel Zwirndrall = ausgewogen
wenig Spinndrall- wenig Zwirndrall = ausgewogen
Soll heissen, diese zwei Komponenten musst Du aufeinander abstimmen.
Hast Du beim spinnen schon recht flott getreten und ein bißerl zuviel Drall, darfst Du beim Zwirnen nicht langsam treten und schnell zuführen, denn dann ist im Verhältnis der Spinndrall zuviel.
Wenig Spinndrall und viel Zwirndrall ergibt ebenso überdreht.
Mit der Zeit bekommt man drin ganz gut Übung, wieviel Drall auch ein Material verträgt, letztlich ist es auch vom Verwendungszweck abhängig.
Vor dem Zwirnen brauchst Du im übrigen nicht haspeln, der Arbeitsschritt ist genaugenommen umsonst. Gehapselt wird erst das fertige Garn, von Ausnahmen mal abgesehen.
Wenn Du zu wenig Einzug hast, die Bremse in einfädigem Betrieb minimal anziehen, das erhöht den Einzug schon auf ein komfortables Spinnmaß.
Für zweifädigen Betrieb , Riemenspannung erhöhen
Wolle locker halten, nicht zurückhalten, sondern flüssig zuführen.
Ich mag es z.B. sehr, wenn das Spinnrad, wenig einzieht. Spinnräder die zu arg anreissen sind mir ein Greuel.
Du schaffst das, ist alles Übungssache
Karin
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 07:26
von Fiall
Sollte es denn ein Single werden? Haspeln tut man die Wolle vor dem Zwirnen eigentlich nicht (hab ich beim ersten Mal aber auch gemacht

. Ich halte es für normal, dass sich die Wolle derzeit kräuselt wie verrückt. Von zu viel Drall kann man jetzt noch nicht sprechen, da der Drall beim Zwirnen ja wieder raus genommen wird und je nach vorhandenem Drall wird mehr oder weniger viel gezwirnt, damit das Garn ausgeglichen wird.
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 07:37
von Michaela
Da der Drall beim Liegenlassen eines Singles auf der Spule (man zwirnt ja nicht immer sofort) einschläft, und man dann ein "überdreht" scheinendes Garn produziert beim Zwirnen, wenn es hinterher ausgeglichen sein soll (beim Baden wacht der Drall wieder auf und es kräuselt quasi noch nach in Spinnrichtung), hat mir folgender Tipp, den ich irgendwo im Internet las, sehr geholfen:
Wenn bei genauem Betrachten der Fasern im gezwirnten Garn die Faserrichtung halbwegs parallel zum Garn (in der Länge, also immer dem Faden nach) verläuft, dann ist der Drall in Ordnung und Spinn- und Zwirndrall haben sich ausgeglichen. Immer, wenn ich Bedenken habe, ob ich jetzt doch zuviel Zwirndrall drauf habe, weil der Single schon länger lag und es sich kräuselt, dann schaue ich immer mal wieder nach, wie die Fasern ausgerichtet sind. Am allerbesten ist das bei bunter Wolle zu erkennen, wo die Faserrichtung durch unterschiedliche Farben, die nebeneinander liegen, einfach zu erkennen ist.
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 07:46
von Susse
Hallo Ihr Lieben,
das Zwirnen wurde anfangs bei mir etwas "Stiefmütterlich" behandelt. So nach dem Motto "eher langweilig, muss schnell gehen". Entsprechend waren die Ergebnisse.
Jetzt hab ich gecheckt dass man grad mit dem Zwirnen viel erreicht und konzentriere mich wirklich drauf.
Ich bin ja noch Anfängerin und deshalb hab ich es mir angewöhnt bei gleicher Übersetzung, Einzug und Geschwindigkeit zu zwirnen wie ich vorher gesponnen hab. Das klappt sehr gut. Mein abgehaspeltes Garn hängt vor dem Entspannungsbad mit max. einer viertel Drehung - was sich nach dem Baden aber komplett gibt.
Hat viel Übung und Konzentration gebraucht - aber die Ergebnisse werden immer besser.
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 10:25
von thomas_f
Aber wie findet man den optimalen Drall und gibt es den überhaupt.
Wenn du allgemein den optimalen Drall beim Spinnen meinst: Der kommt ganz auf das Projekt an. Dickes, flauschiges Garn wird mit weniger Drall hergestellt: Der Flügel dreht sich relativ langsam, das Garn läuft relativ schnell ein. Für dünnes, festes Garn dreht der Flügel sich schneller und das Garn läuft im Verhältnis dazu langsamer ein. Welche Geschwindigkeiten und Fasermengen da in der jeweiligen Situation richtig sind, darin liegt (u.a.) die Handwerkskunst beim Spinnen. Fasersorte und -vorbereitung, Verwendungszweck sind logischerweise auch wichtig (Dicker Pulli? Dünner Pulli? Socken? Teppich? Sakko?). Als Anfänger versuche ich erstmal, für mich selbst ein "Mittelmaß" zu finden: Ein Spinnfaden von der Dicke einer Spaghetti (trocken, nicht gekocht

), stabiler, gleichmäßiger Drall. Schneide mir vielleicht ein Stückchen Garn raus, das mir gefällt, und klebe es auf ein Stück Karton, damit kann ich auch nach einer halben Stunde Spinnenlernen noch vergleichen ... Später versuche ich, "absichtlich etwas anderes" zu spinnen z.B. so dünn wie ich kann, ohne dass der Faden reißt. Dabei geht dann erstmal die Gleichmäßigkeit wieder über die Wupper, aber das ist ganz normal
Wenn bei genauem Betrachten der Fasern im gezwirnten Garn die Faserrichtung halbwegs parallel zum Garn (in der Länge, also immer dem Faden nach) verläuft, dann ist der Drall in Ordnung und Spinn- und Zwirndrall haben sich ausgeglichen.
Das ist eine sehr einleuchtende, einfache und praktische Erklärung, danke Michaela!
Schematisch sähe das dann so aus:
Beste Grüße -- Thomas
[Edith hatte mal wieder reichlich zu möppern, sorry]
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 10:44
von Sanja
Das ist absolut einleuchtend, wieso habe ich das für mich selbst noch nie so schön auf den Punkt gebracht?!?

Danke, Michaela, für den Augenöffner - und Thomas für die tolle Grafik!
Liebe Grüße,
Sanja
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 10:59
von thomas_f
Bitteschön, gern!

Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 13:29
von Klara
Und wer sich die Augen nicht verrenken will beim Suchen der einzelnen Fasern, der kann auch beim Spinnen 20 cm Faden miteiander verzwirnen, Ende verknoten, abreissen und irgendwo am Spinnrad befestigen. Da dient er dann als Muster für die weiteren Spulen und fürs verzwirnte Garn.
Ciao, Klara
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 14:05
von Sanja
Ja, aber der Tip von Michaela ist gut für die 90 von 100 Fällen, wo ich das mal wieder nicht gemacht habe.
Liebe Grüße,
Sanja
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 17:25
von Mary Clark
Aodhan hat geschrieben:Wenn du - ganz unabhängig vom Rad - beim Zwirnen den schon verzwirnten Faden zwischen Fingern und Einzugsloch locker läßt und er dreht sich nicht ein, dann ist der Zwirndrall ungefähr richtig. Wie du das erreichst - ist wahrscheinlich Übungssache...
Die Frau die mir das Spinnen zeigte ,zeigte mir auch wie man zwirnt laut ihrer Meinung muss der Faden etwas eindrehen und dann ist Drall OK.Zu Anfang habe ich dann auch öfter beim Zwirnen geschaut wie die Drehung ist das mache ich jetzt gar nicht mehr.Zwirne nur noch nach Gefühl und das Passt.
Liebe Grüße
Conny
Re: Frage zum Drall
Verfasst: 10.11.2010, 18:29
von Klara
Das Erstaunliche ist ja, dass auch wenn sich der fertige Strang - obwohl frisch gesponnen und verzwirnt (also alles innerhalb ein paar Stunden) verdreht - nach einem heissen Bad und unbeschwertem Trocknen hängt der Strang trotzdem entspannt und gerade.
Übrigens: wenn sich die Schlaufe nach links dreht, will der Zwirn mehr Drall, wenn sich die Schlaufe nach rechts dreht, ist es zu viel Zwirndrall - macht natürlich nur während des Zwirnens Sinn, das zu wissen. Beim fertigen Strang ist es zu spät.
Und in den peruanischen Anden gesponnene Wolle kringelt angeblich sowohl vor als auch nach dem Zwirnen wie wild (Quelle: askthebellwether), weshalb die Ponchos angeblich auch Jahrzehnte halten (wo ich das gelesen habe, weiss ich nicht mehr - vielleicht bei Abby Franquemont?), wieviel Drall zu viel Drall ist ist also wirklich Ansichtssache.
Ciao, Klara