Damals, nach dem Krieg...

Typen, Spinntechniken, Fragen rund ums Spinnrad-Spinnen

Moderator: Claudi

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Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von Troll » 19.07.2012, 19:22

... wurden lt Verkäufer hiermit die Pullover gestrickt. Hab leider noch nicht herausgefunden, wie das geht, aber man kann damit wirklich gut spinnen!!!
Ich hab das Rad jetzt seit 4 Wochen, und nach einer gründlichen Reinigung und Unmengen von Öl läuft es recht gut.
Allerdings schaint da noch Verbesserungspotential zu sein - daher hier mal noch ein paar Fragen:

Wenn man "etwas schneller" spinnt, bebt das ganze Rad und das Laminat vibriert leicht sogar. Lustig, aber auf Dauer doch etwas nervig und sicher nicht gut fürs Rad. Wenn ich mit dem Knie etwas gegen den "Ast" über dem der Flügel hängt drücke, geht es wunderbar - aber auf Dauer... :totlach:
Wie kann ich das Schlachtschiff sonst noch ruhig halten?

Das Rad sieht nicht sehr handgearbeitet und nicht sehr alt aus - handelt es sich vielleicht um ein gängiges Fabrikat, für das man vielleicht Teile nachkaufen kann? (Die Metallteile des Flügels haben mehr Rost angesetzt, als ich wegschrubben konnte. Funktioniert trotzdem, aber für die mittelfristige Zukunft hätt ich das Ganze gern in flutschig...

Wie man auf den Fotos sieht, läuft der Antriebsriemen durch eine der beiden Rillen. Das tut er immer wieder, egal wie ich die Spannung einstelle. Was könnte falsch laufen? Man kann das Rad auch einfädrig benutzen, was meine Vorgängerin den Abnutzungs- und Rostspuren nach auch gelegendlich getan hat.

Ähm - wann ist es doch gleich sinnvoll, ein- bzw. zweifädrig zu spinnen? Meines Wissens nach war einfädrig eher für Wolle, oder so...?

LG,
Anne

PS: Das Rad ist trotz aller genannter "Besonderheiten" klasse - also verreist es bitte nicht allzusehr... :D
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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von stuart63 » 19.07.2012, 19:26

Ich kann jetzt leider keine Fachfragen beantworten, aber das Rad ist wunderschön!! :klatsch:

LG Katja
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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von Tulipan » 19.07.2012, 20:01

Das ist eine interessante Bauart, die ich so noch nie gesehen habe. Vielleicht hat da ein Drechsler mit der Bauform experiementiert.
Bei meinem zweifädigen Rad läuft je ein Antriebsriemen in beiden äußeren Rillen. Kann es sein, dass das Schwungrad ganz leicht gekippt ist, so dass der Antribsriemen auf eine Seite rutscht? Oder die Führung unter den Wirteln lenkt den Faden ab, dann ist es schlicht ein Konstruktionsfehler. Vielleicht rührt daher auch die Vibration.
Wenn du im kurzen Auszug spinnst, ist es egal ob ein- oder zweifädig. Bei langem Auszug geht das einfädige besser.

lG
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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von spulenhalter » 19.07.2012, 20:42

Troll hat geschrieben: ...PS: Das Rad ist trotz aller genannter "Besonderheiten" klasse - also verreist es bitte nicht allzusehr... :D
Ich fang mit dem letzten an - wollen wir es verreißen?

Also, ich würde sagen, nimm dieses Spinn- oder Strickrad ind die Hand, streichele es nochmals, geh zum Fenster und wirf es raus. :totlach:

Bevor du es aber rauswirst, sag mir Bescheid, welches Fenster es ist, dass ich es auffangen kann.
Du hast ein schönes Spinnrad erstanden. irgend etwas zwischen Bock und Ziege, auf alle Fälle zweifädig, aber alle zweifädigen kann man durch Nachrüsten einer Bremse auch einfädig spinnen.

Es ist auch schon wunderschön geputzt und gepflegt, so dass es optisch schon einen wunderschönen Eindruck macht.
Troll hat geschrieben:... wurden lt Verkäufer hiermit die Pullover gestrickt. Hab leider noch nicht herausgefunden, wie das geht, aber man kann damit wirklich gut spinnen!!!...
Der Verkäufer weiß wahrscheinlich nicht wie Stricken geschrieben wird und unter spinnen versteht er etwas, wie man Leute zum lachen bringt. Da ist eine kleine Bildungslücke.

Bleib beim Spinnen auf deinem schönen Spinnrad, dafür ist es gebaut.

Troll hat geschrieben:Wenn man "etwas schneller" spinnt, bebt das ganze Rad und das Laminat vibriert leicht sogar.,,
Das hört sich nach einer Unwucht an. Beim "schneller spinnen" kommen Spule und Flügel ganz schnell auf 600 und mehr Umdrehungen pro Minute und da macht sich eine Unwucht schon bemerkbar.
Folgende Reihenfolge zur Fehlersuche würde ich vorschlagen:
- Antriebsriemen runter - nur Schwungrad drehen
- Spule rausnehmen, beide Antriebsfäden auf den Wirtel
Fängt es an zu schwingen, dann mußt du suchen, wo genau ein Teil zu schwer ist und dann auf der gegenüberliegenden Seite ein Gewicht anbringen, z.B. Kupferdraht (Elektrokabel) herumwickeln.

Wahrscheinlich sitzt der Flügel nicht genau. Schauen, wenn keine Antriebsschur auf dem Wirtel ist, ob er immer an einer Stelle stehen bleibt.
Frage: Die Hacken sind auf beiden Flügeln gleichmäßig vorhanden, auch das könnte der fehler sein.
Troll hat geschrieben:...Das Rad sieht nicht sehr handgearbeitet und nicht sehr alt aus - handelt es sich vielleicht um ein gängiges Fabrikat, für das man vielleicht Teile nachkaufen kann?...
Das Rad ist mit Sicherheit handgefertigt, ein Meisterstück oder so etwas. Manchmal passen aber auch Teile von gänigen Spinnrädern, sonst erwartet dich ein netter Drechsler.

Troll hat geschrieben: ...Wie man auf den Fotos sieht, läuft der Antriebsriemen durch eine der beiden Rillen...
Ein sicheres Zeichen, dass das Spinnrad sehr viel genutzt wurde. Das Lager auf der Knechtseite ist wahrscheinlich um 2 - 4 mm nach unten ausgelaufen.

Probiere bitte einmal aus, ob auf der Knechtseite Spiel ist.
Über der Welle ist ein Stift, der diese sichert, dort ist bestimmt Platz.
Wenn ja, Schnitze dir ein dünnes Stöchen, was dort hineinpassen würde und lege es dann unter die Welle. Dann schaust du, was der Antriebsriemen macht.
Bestimmt steht das Schwungrad auch nicht richtig gerade. Achte auch darauf bitte.

Wenn die Fehler gefunden sind, dann machen wir weiter, immer stückchenweise.

Und nun viel Spass beim probieren mit deinem Schmuckstück
Gruß Mathias

---------------------------------------------------
Unmögliches erledigen wir sofort. Wunder, die dauern etwas länger

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von Troll » 19.07.2012, 22:08

Danke - mal wieder!
Gut, das morgen schon Fr. ist - ich glaub, ich bin am WE beschäftigt...
Nochmals Danke an alle!

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von thayet » 19.07.2012, 22:25

Fachlich kann ich nichts beitragen, aber das Rad finde ich total schön. Viel Spaß mit diesem Schätzchen :-))
Liebe Grüße
Julia

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von rigge » 20.07.2012, 09:57

Hi,
ein schönes Rad :]

Kontrolliere mal ob das Rad instabiel ist, alle Holme noch richtig fest sitzen oder ob zum Beispiel die beiden Holme wo das Antriebsrad aufgehangen ist bei Handdruck sich verstellt, das könnte ein Grund sein, das der Antriebsriemen sich zum Rand des Antriebrades hinbewegt, mit den Fuß das Rad antreten und gleichzeitig die Holme drücken, so kannst Du sehen wie die Holme den richtigen Stand haben müssen damit der Riemen mittig läuft.
Wenn es das währe müssen die Holme neu einkeklebt werden
Dann könntest Du auch noch schauen, das wenn Du den Spindelkopf ein Stück zu Dir zuziehst, ob da der Riemen mittig läuft.

Bitte noch mal ein paar Nahaufnahmen vom Oberen Teil Spinnflügen ;)

rigge

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von thomas_f » 20.07.2012, 10:50

Ein schönes Rad, wirklich :) Sicher kein Bauern-Nachkriegs-Selbstbau-Scheunenfund.

Vibrationen: Das sind anscheinend Resonanzschwingungen, die kleine Unwuchten bei bestimmten Frequenzen (Drehzahlen) verstärken, vgl. "Sopran zersingt Weinglas" oder "Soldaten im Gleichschritt zerstören Brücke" oder "russische Stollenreifen unterm Lada Niva heulen bei Tempo 40 bis 45 und bei Tempo 80 bis 90" ;) Kleine Unwuchten lassen sich beim Spinnrad nie ganz vermeiden, spätestens wenn etwas Wolle auf der Spule ist, kommen wieder welche dazu.

Als Bauteil, das diese Resonanz liefert, habe ich den weit auskragenden Spinnkopf in Verdacht, den "Ast". Das entspricht ja auch deiner Beschreibung. Was ist das eigentlich für ein Rad/Drehknauf o.ä. auf der Rückseite des Spinnkopfs? Möglicherweise kannst du da den Spinnkopf festklemmen, wenn du die Höhe verstellt hast? Also: erst lösen, dann nach Bedarf rauf- oder runterstellen, dann hinten wieder festziehen? Hilft das gegen die Resonanz?

Dass die Antriebsschnur nur in einer der beiden Rillen des Schwungrads läuft, ist ein Schönheitsfehler, mit dem sich leben lässt. Dass sie anscheinend am Spinnkopf ("Ast", sehr treffende Bezeichnung ;) ) schleift (stimmt das?), schon weniger. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass der Spinnkopf durch die Spannung der Antriebsschnur nach rechts weggebogen wird. Wenn meine Theorie von oben stimmt: ändert sich da was, wenn du den Spinnkopf mit der hinteren Schraube festklemmst?
Ähm - wann ist es doch gleich sinnvoll, ein- bzw. zweifädrig zu spinnen? Meines Wissens nach war einfädrig eher für Wolle, oder so...?
Zweifädig ist fast immer sinnvoll, wenn du mich fragst, und zwar unabhängig vom Material ;) Die Grenze liegt da, wo du schnelleren Einzug brauchst, als das Rad zweifädig leisten kann. Das wäre bei dicklichen Garnen und wenig Drall und bei manchen Formen des langen Einzugs der Fall.
(Die Metallteile des Flügels haben mehr Rost angesetzt, als ich wegschrubben konnte. Funktioniert trotzdem, aber für die mittelfristige Zukunft hätt ich das Ganze gern in flutschig...
Für die Funktion ist es wichtig, dass sich alles widerstandsarm dreht und dass der Faden nicht an den Haken oder im Einzugsloch gebremst wird. Ersteres lässt sich mit Fett verbessern, letzteres mit feinem Schmirgelleinen oder der Dremel. Oder sogar indem man viel spinnt ;) Die Haken kann man notfalls vorsichtig gegen neue derselben Größe auswechseln.

Wie gesagt ich finde es ist ein schönes Rad, viel Spaß damit -- Thomas

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von Troll » 20.07.2012, 17:27

Puh - das ist noch mal eine Menge!
An die Harken hab ich mich bisher nicht rangetraut, weil ich keine entsprechend kleinen zum eindrehen gefunden hab - und zum selber biegen und einstecken bin ich zu grobmotorisch. Was ist "Schmirgelleinen"???
Das mit der Resonanz könnte hinkommen - scheint bei manchen Frequenzen höher zu sein als bei anderen.

Ach ja - die Wolle von Brian hat sich damit schon mal wunderbar spinnen lassen (eine kleine Probe gewashen und gezupft - Die Wolle ist für meine Begriffe einfach perfekt!!! ) - ich bin echt glücklich, dass du du mir die nächste Wolle zugesagt hast!!!

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von thomas_f » 21.07.2012, 12:38

Was ist "Schmirgelleinen"???
Sowas wie Schmirgelpapier, nur mit Stoff statt Papier. Lässt sich besser um Ecken und Kurven biegen, ohne zu reißen.

Ich persönlich würde mir um ein bisschen Flugrost an den Häkchen und dem Einzug nicht soo viele Gedanken machen. Wenn dich das Rad vernünftig spinnen lässt, putzt du mit der Wolle genau die Stellen wieder blank, wo es drauf ankommt. Brians Rustikalwolle dürfte da in der Tat sehr geeignet sein ;) .

Stimmt denn meine Vermutung mit dem Feststellrad hinter dem "Ast"?

Beste Grüße -- Thomas

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von Troll » 21.07.2012, 18:16

Mit dem Rad ist sowohl der Ast am Holm befestigt als auch das Gewinde, mit dem man die Spannung auf dem Antriebsriemen regulieren kann. (... und eines Tages lern ich noch mal spinn - Schlau - sprechen, das könnte viel Zeit sparen )
Nachdem ich die Welle schon wieder geölt habe, ist mir aufgefallen, dass
1. die Spule ungeölt wirklich minimal ungleichmäßig dreht, also an einer Stelle minimal blockiert
2. sich das Problem mit mehr Öl mindern läßt. Allerdings ist alle 1/2 Spule voll alles auseinandermontieren und Welle ölen doch etwas lästig.
Kann man die Spule von innen ordentlich schleifen? Ich "muss" da sowiso mit Schleifpapier dran - die sind aus wunderschönem 2 farbigen Holz gearbeitet, aber im Vergleich zum Rad total grob und Speckig in der Maserung. (Wurden vielleicht nachträglich angefertigt...passen aber! )

Ich seh übrigens gerade, dass ich euch noch gar nicht den Clou schlechthin an dem Rad erzählt habe:
MAN KANN ES FAST VOLLSTÄNDIG AUSEINANDERNEHMEN UND ZUSAMMENSTECKEN!!!

Wirklich - das Ding ist fast Komplett ein Stecksystem!

Ok, damit einige Verbindunges richtig fest sind muss man die Enden mit Garn umwickeln, aber wenn das echt handgedrechselt ist...

Ansonsten hab momentan nicht viel Zeit zum ausprobieren und basteln, bzw will ich erst mal wieder Strickfutter haben - daher geht das hier jetzt eher langsam weiter.
LG,
Anne

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Re: Damals, nach dem Krieg...

Beitrag von thomas_f » 23.07.2012, 09:17

2. sich das Problem mit mehr Öl mindern läßt. Allerdings ist alle 1/2 Spule voll alles auseinandermontieren und Welle ölen doch etwas lästig.
Nicht-verharzendes Fett hält länger, es zieht nicht so schnell ins Holz ein. Wenn die Flügelachse da etwas angerostet oder sonstwie lädiert ist, kannst du sie mit feinstem(!) Schleifpapier oder/und Polierpaste zu glätten versuchen. Ist die Achse gerade?

Die Spule ist nur aus Holz, sonst nichts? Keine Ledereinsätze ums Loch herum?

Beste Grüße -- Thomas

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