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Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 05.01.2023, 20:49
von Glaskocher
Hallo Ihr Dickgarnspinner-und-innen!

Ich probiere gerade, Dochtgarn einer definierten Stärke zu spinnen. Ich habe ein Werkstück (Wolldecke, nadelgebunden) mit gekauftem Garn von 50g je 50m behonnen und will auf Eigenproduktion umsteigen.

Ich verarbeite derzeit ein gekauftes vorkardiertes Vlies vom Zwartbless-Schaf auf der Handspindel. Um zum Üben nicht zu viel Wolle zu verbrauchen nehme ich 10-20g je Testlauf. Bisher bin ich von 0,5g/m bereits auf über 0,8g/m gekommen. Ich haspele auf eine Keksdose und wiege mit einer Laborwaage.

Mir fällt auf, daß ich eigentlich immer ungewohnt viel Fasern ausziehen muß und immer noch zu leichtes Garn mache. Um ausreichende Stärke zu bekommen arbeite ich mit einer Mischung aus kurzem und langem Auszug, um möglichst viel Fasern ins Garn zu bekommen. Der Faden ist echt störrisch, was den Drall der Spindel angeht, da sie sich gefühlt ein Drittel der Zeit falsch herum dreht.

Gibt es noch irgendwelche Tricks, die zu einem stärkeren und eventuell sogar gleichmäßig starkem Faden führen? Ich habe nicht den "schwangeren Regenwurm mit Schluckauf", sondern immer mal wieder ein deutlich zu dünnes Stück im Faden, das mir das Gesamtergebnis in die Länge zieht. Vermutlich hilft da nur das große "Ü", sein kleiner Bruder und weitere Wiederholungen unter selbstkritischer Kontrolle. (...)

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 06.01.2023, 00:36
von kjetta
Vielleicht passt dein Werkzeug nicht zum Projekt?
Die Nordsamen und die Navajo haben Traditionen von dickem Dochtgarn. Die Navajospindel ist dir sicher bekannt, und die Nordsamen benutzen einen Spinnhaken. Zu bemerken ist, dass sowohl die Navajospindel und der Spinnhaken Stützspindeln sind.

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 06.01.2023, 10:16
von Glaskocher
Im Prinzip müßte ich das Spinnen mit dem Spinnhaken komplett neu lernen. Sie scheint das einhändige Dosieren der Fasern zu erfordern, weil die Andere Hand ständig am Haken ist. Die Spinnerin im Film hat es sicher bereits zu meisterlicher Übung gebracht, was ihre Arbeitsstunden am Gerät angeht. Sie hatte sich die Rohfasern zu recht schmalen Bändern vorgezupft, die sie dann einhändig in einer Art langem Auszug verspinnt.

Ich arbeite derzeit auf einer Kreuzspindel mit ca. 28 Gramm Eigengewicht. Die könnte etwas leicht sein, was das Drehmoment angeht, aber beim Aufwickeln habe ich immer genug Drall im Faden. Schwerere Spindeln sind verfügbar. Aber ich vermute das Problem eher im Auszug, da dort die Fasermenge dosiert wird.

Jetzt mal schauen, was ich von ihr lernen könnte:
Sie arbeitet aus wesentlich dünner gezupftem Vorgarn. Das müßte ich mal testen. Aber die Frage, wie ich das Vorgarn praktisch auf diese Stärke, möglichst gleichmäßig, bekomme bleibt. Da müßte ich dann einen weiteren Bearbeitungsschritt einschieben, von dem ich nicht weiß, ob ich ihn unterwegs machen kann, weil ich viel im Nahverkehr arbeiten will. Da ist das Abreißen von Streifen aus einem breiten Kardenband einfacher.

Ihre Technik zu haspeln ist interessant. Sie benutzt den Fuß und eine Hand als Haspel. Da braucht man kein anderes Werkzeug, als seinen Körper. Ich nutze momentan eine Keksdose mit 90cm Umfang.

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 07.01.2023, 17:55
von shorty
Ich denke dass sie im Grunde fast nicht mehr großartig auszieht sondern nur verdrallt

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 09.01.2023, 22:28
von Glaskocher
Ich vermute, daß sie die Länge der Streifen noch um das 3-8-fache verlängert. Insgesamt holt sie ja ca. 10-15m vom Stock herunter.

Kleines Update:
Wenn ich die vom Kardenvlies abgerissenen Streifen zunächst verstrecke und dadurch dünner mache, dann fühlt es sich an, alsob sie sich einfacher ausziehen lassen.

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 09.01.2023, 23:45
von shorty
die Frage ist auch, ists Kardenband was sie verspinnt
Bei einhändig kommen mir auch Rolags in den Sinn

definitiv arbeitet sie nicht mit dem Spindelgewicht als Zug

Wie auch immer viel Erfolg

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 12.01.2023, 20:14
von hirngespinst
Mir scheint eine Spindel von 28gr für dein Vorhaben arg leicht. Du schreibst, dass die Spindel oft zurückdreht, das würde ich dem relativ leichten Gewicht zurechnen.
Ich würde es mal mit einer schwereren Spindel versuchen, und Shortys Hinweis auf die aufgesetzten Spindeln dabei aufgreifen. Denn für dickes Dochtgarn hast du einfach das Problem, dass du einerseits genug Masse an der Spindel brauchst, damit sie entsprechend "Wumms" hat für den notwendigen Drall, andererseits willst du das Garn mit relativ wenig Drall verspinnen, und das ist mit dem Gewicht einer fetten Spindel schwierig, wenn die frei hängt. Aufgesetzt (evtl. sinnvoll auf dem Boden) müsste das aber eigentlich sehr gut gehen - also eine solide Spindel mit großem Wirtel und langem Schaft, die dir auch genug Raum bietet, um das Garn vernünftig aufzuwickeln.

Re: Dochtgarn wird nicht dick genug

Verfasst: 12.01.2023, 21:58
von Glaskocher
Der Drall ist nicht das Problem, da bleibt mindestens genug im Faden, bevor ich ihn aufwickele. Eher brauche ich noch 25% mehr Gewicht im Meter, um ans Ziel zu kommen. Da müßte ich nochmal weiter üben, um noch mehr Dasern auf einmal und auch ohne Dünnstellen zu ziehen. Derzeit versuche ich es damit, daß ich das Vorgarn dünner und gleichmäßiger ausziehe, bevor ich es verspinne. Das soll mir dann das finale Ausziehen erleichtern, weil ich den Eindruck habe, daß die Zugkraft beim Ausziehen irgendwo limitiert ist, wenn ich das Faserband nicht zu fest halten will, was dann das Ausziehen noch mehr erschwert...

Mit Rolags weiß ich nicht, ob ich damit anfangen will. Dafür müßte ich das Material erneut kardieren um daraus die Rolags zu rollen. Davor scheue ich noch zutück, auch weil das den Charakter der Wolle vom Zwartbless verändern (homogenisieren) würde. Bisher hatte ich nur in homöopathischen Dosen Kontakt mit Rolags.

Die Rohfaserportionen im Film sind recht lang, über 30cm schätze ich. Man kann daran aber nur schwer die Textur abschätzen, ob sie längs oder tangential ausgerichtete Fasern haben.