Flachs spinnen - viele Fragen

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

sandri
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Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von sandri » 02.10.2011, 15:21

Ich brauche mal bitte versierte Hilfe:

Nachdem ich ja im freundlichen Auktionshaus ca 3 Kilo alten Flachs ersteigert habe bin ich nun in der Probierphase.
40 g sind fertig gesponnen. Das Zeug taugt nicht wirklich. Es sind Unmengen Spreuteilchen drin und auch kurze Faseren, die sich verknubbeln beim Spinnen, gehechelt wurde wohl nicht sehr gründlich.

Wie auch immer, die 40 g sind nun 2-fach gezwirnt, auf 100g umgerechnet komme ich auf eine Lauflänge von 500 m .

Den fertigen Strang habe ich ein Stündchen gekocht und dann Enfärber beigefügt. Die Wirkung war nicht so dolle was in mir den Verdacht weckt, dass Entfärber und Bleichmittel nicht das Gleiche ist.
Jetzt bleicht der Strang eben in der Sonne. Und fängt an zu glänzen, wenn auch die Bleiche noch sehr gering ist.
Jedenfalls ist die Konsistenz des Strangs nach dieser Prozedur immer noch paketschnurartig.

Wie wird Leinen weich und hell? Gesponnen wird mit viel Drall, oder? Aber dann ist es Paketschnur.
Und womit bleichen?

Weil ich mich so geärgert habe, habe ich den Rest des Zopfs nochmal frisiert und einen neuen Wocken gebunden. Der schaut jetzt glatt glänzend und seidig aus. Den grumpfligen Rest habe ich, weil ich ja nix wegwerfen kann, über das Kardiertier laufen lassen und soeben etwas dicker angesponnen.

Und jetzt brauche ich eueren Rat, damit ein brauchbares Ergenis zustande kommt.

Danke schon mal und liebe Grüße

Sandri

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von SaLue » 02.10.2011, 15:25

Ich weiß ja, welches Packerl Du da ersteigert ... habe keinen Rat, weil keine Ahnung von Flachs ... aber meine Neugier geht mal wieder mit mir durch ... zeig doch bitte mal, was Du gemacht hast :)

Grüßles
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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von sandri » 02.10.2011, 17:02

Also dann, Bilderflut...

Das Ausgangsmaterial, einer der 15 Zöpfe

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mühevoll zum Wocken gebunden

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und zweifädig versponnen (hier noch feucht, trocken glänzt es schön silbrig, ist aber strohig-kratzing)

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gesern Abend nochmal neu gebürstet und aufgebunden

Bild

das ausgekämmte Zeug kardiert (davon gibt es kein Bild) und heute relativ dick und trocken angesponnen (den ersten Strang habe ich mit einer Mischung aus Wasser und einem Schluck Bier angefeuchtet beim Spinnen)

Bild

Gestern war ich im Tiroler Alpbachtal zum Almabtrieb, dort hat eine uralte Bäuerin Flachs versponnen und auch 2 Tischdecken mit dabei gehabt. Eine aus feinstem Leinen gewebt, wie man es auch für Hemden verwendet, eine aus Werg gesponnen und gewebt. Sehr unregelmäßig, nicht glänzend, aber kuschelweich im Vergleich zu meiner Produktion ;( . Ich habe ihr eine Weile zugesehen, aber ich konnte nicht feststellen, was sie anders macht als ich. Ist doch das Material schuld?

?( LG Sandri

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von SaLue » 02.10.2011, 17:32

Erstmal: das sind tolle Bilder ... bin ganz hin und wech!!! :gut: :))

Mir ist eingefallen, dass hier irgendwie schonmal über Flachs gefachsimpelt wurde ... da stand auch was, das Leinen erst im Laufe der Zeit immer weicher wird ...

In diesem Posting stand:
Fiall hat geschrieben:Kannst du zwirnen wie jedes andere Garn (oder als Single verwenden). Und das mit der Paketschnur ist schon richtig. Leinen ist anfangs recht hart und wird mit Nutzung über die Jahre immer weicher. Göga hat nen Pulli aus Leinen, der ist mittlerweile schön schmusig, weil er entsprechend oft in der Waschmaschine war. :)
Grüßles
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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Adsharta » 02.10.2011, 17:37

Also in Büchern wie "Bäuerinnen erzählen" etc. wird immer wieder erwähnt, daß die fertig gewebten Teile in der Sonne gebleicht wurden. Immer wieder naß gemacht und dann wieder in die Sonne gelegt. Ich hatte da so ein Buch über Niederösterreich und durch die Bank hat das jede Bäuerin so erzählt. Ich könnte mir schon vorstellen, daß es mit dem Strang auch so geht oder du machst es dann, wenn es ein Endprodukt ist.
Und ja, daß es immer weicher wird, je öfter gewaschen, habe ich auch schon gehört.
lg Adsharta

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Klara » 02.10.2011, 17:53

Wenn ich mich richtig erinnere, hat die grüne Wiese unter dem nassen Leintuch beim Bleichen auch noch einen Sinn. Ich denke nicht, dass man einen Strang in der Sonne bleichen kann - da bleiben immer Fäden im Schatten (ausser man wickelt den ganzen Strang sorgfältig Faden neben Faden auf eine Haspel (wie wird blocking reel genau übersetzt?) und dreht dann regelmässig weiter. Ist aber alles Theorie, ich habe noch nie Flachs gesponnen.

Ciao, Klara

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von sandri » 02.10.2011, 17:59

:)) Ich habe das Stränglein ja schon ein paar mal gewaschen gestern. Der Erfolg ist nicht sichtbar.

Das mann das fertige Produkt bleicht habe ich auch gelesen. Aber die lausigen 200 Meter kann ich schlecht auf meinen großen Webstuhl aufziehen.
Ich werde den Probestrang verstricken, wenn er trocken ist und dann die Bleiche an der Sonne fortsetzen, bis mir jemand einen Tipp für ein geeignetes Bleichmittel gibt. (Ich habe den Strang ganz weit aufgefächert und wende ihn regelmäßig, aber nicht auf der Wiese)
Heitmanns Enfärber bringt jedenfalls nicht die gewünschte Wirkung.
Bilder von den weiteren Experimenten folgen kommende Woche.

LG Sandri, die LG schon großmütig ein neues Trachtenhemd versprochen hat und nun in Zugzwang kommt. :fear:

Bild

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von marie-claire » 02.10.2011, 19:10

Meine Grosstante arbeitete in einer Bleicherei und sie erzählte wie sie jeden Morgen die Leintücher im Tau auf der Wiese ausbreiteten.

Ich habe naturflachs gekriegt von einer Fabrik in der Normandie. Ich kämmte ihn weil da sehr lange Fasern waren, gemischt mit kleinen. Die langen sind auch hart nach dem Spinnen. Die kurzen habe ich gesponnen und gestrickt, sie sind nun weich. Ich vermute die kurzen Fasern werden schneller weich als die langen.

Sonst würde ich den Strang mehrmals auf etwas schlagen, auch in der Waschmaschine waschen damit er gut geschüttelt wird. Ich denke es braucht Zeit.

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von sandri » 02.10.2011, 20:30

?( Geduld gehört nicht wirklich zu meinen Tugenden.
Aber in diesem Fall nützt es nichts, ich werde mich also wohl oder übel in Geduld fassen

LG Sandri

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Fiall » 02.10.2011, 21:04

Ich hab bereits angefangen mein gesponnenes Leinen zu verweben und muss sagen, dass es sich verwebt schon wesentlich weicher anfühlt, als im Strang. Den Stoff würde ich vom Anfassgefühl als "ganz normales" Leinen bezeichnen. Kuschelweich ist Leinenstoff aber auch eigentlich nicht. Kratzig aber auch nicht.

Göga hat vor Jahren mal nen Leinenpulli gekauft. Der war anfangs schon recht "hart". Über die Jahre ist er aber tatsächlich kuschelweich geworden.

Hast du denn von der Bäuerin auch nen gesponnenen Strang in der Hand gehabt, der dann kuschelweich war?

Ich find deinen gesponnenen Strang optisch sehr schön und der gekämmte und aufgebundene Flachs sieht klasse aus!

Normale Bleiche funktioniert nicht? Ich mag die Farbe des ungebleichten Leinens ja, hätte aber vermutet, ich werfe das Ganze in Chlorbleiche und gut ist...
GLG,

Veronika

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Richi » 02.10.2011, 21:06

justsocks hat auf Ravelry geschrieben dass sie es mit Oxi dings Pulver gekocht hat und es danach heller und weicher war. (Post 748)

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von sandri » 02.10.2011, 21:37

Danke Richi, das probier ich doch mal aus nächste Woche.

LG Sandri

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Tulipan » 03.10.2011, 09:30

Das Bleichen dient auch dem Abbau von Lignin, also der holzigen Bestandteile des Leinens. Aus Wasserstoff und Sauerstoff entstehen bei der Rasenbleiche mit Hilfe des Sonnenlichts aggressive Sauerstoffverbindungen, v. a. Wasserstoffperoxid. Chlorbleiche funktioniert also nicht.

Zu den Hintergründen des Bleichens:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bleichen
v.a. die Kapitel "Geschichte" und "Sauerstoff und Peroxide"

lG
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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von Gabypsilon » 03.10.2011, 09:35

Ich habe eine geerbte sehr alte handgesponnene und -gewebte Leinentischdecke, die war zuerst dunkelgrau, wird aber im Lauf der Zeit (bei mir ist sie seit 20 Jahren in Betrieb :D ) beim Waschen ein bisschen heller, und auch ein bisschen weicher. Bleichen mag ich sie nicht, weil sie bestickt ist und die Strickgarnfarben dann auch weg sind. Auf jeden Fall ist das Material so solide, dass ich die Tischdecke bis ans Ende meines Lebens benutzen und noch in einem ordentlichen Zustand weitervererben kann :D :D
Liebe Grüße
Gabi

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Re: Flachs spinnen - viele Fragen

Beitrag von versponnen » 03.10.2011, 09:51

liebe sandri..flachs braucht ruhe geduld, übung..mehr nicht..

ich verspinne und verwebe es sehr gerne...
und lerne in der faser zu sein..es muss gut vorgearbeitet, gehechelt sein..die bleiche ist ein kompliziertes thema..

auch da hilft üben...

meine flachsfärberei klppt diesmal nicht, aber mit indigo schon sehr gute ergebnisse gehabt.

liebe grüße wiebke

bei der handspinngilde habe ich mal vor jahren meinen start mit eigenem flachs erzählt...

lies selbst nach...wer einmalgepackt ist, den lässt es nicht los..

-----------
ich habe gerade weiche tücher für die küche gewebt..
nun sind harte handtücher dran, die im gebrauch dann geschmeidig werden, aber ich verwebe auch gerne fertiges leinenwebgarn.

nur mut!!! halte durch!

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