Wie verspinnt man reine Seide?

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von ehemaliger User » 28.03.2011, 10:18

Ich bräuchte dringend Hilfe von einem erfahrenen Spinner, denn mittlerweile bin ich echt verzweifelt. ;(

Wie schafft ihr es, Maulbeerseide (aus dem Kammzug) zu verspinnen? Ich versuch es seit Monaten zwischendurch immer wieder mal, bevor ich aus Frust aufgebe und mir was anderes vornehme... :l
Dabei meine ich mit meiner Frage nicht mal, wie ihr es schafft, Seide "schön" zu verspinnen, sondern "überhaupt".
Mir rutscht alles aus den Fingern, irgendwie hält das nicht zusammen, auch nicht mit schwach angezogener Bremse und starkem Drall (höchste Übersetzung beim Prelude)..

Ich habe es auch schon versucht, 'seitlich' aus dem Kammzug zu spinnen, sonst spinne ich meistens 'vorn' raus (das ist wohl der kurze Auszug).
Ich spinne erst seit etwa 8 Monaten, aber bisher hat eigentlich alles irgendwie geklappt, was ich verspinnen wollte, nur eben Seide nicht.. Gemischt mit anderen Fasern funktioniert es allerdings schon, auch mit hohem Seidenanteil (z.B. je 50% Seide-Merino).
Ich habe schon in anderen Threads gelesen, dass wohl die meisten lieber Seide gemischt verspinnen, aber jetzt frage ich mich, ob Seide pur überhaupt geht; vielleicht mit einem anderen Auszug, oder nur auf der Handspindel?

Ich würde so gern damit ein Seidentuch weben, daher würde ich die Seide lieber nicht mischen, sonst wird es wieder ein 'warmer Schal'...

Vielleicht hat jemand schon Erfahrungen gesammelt, wie es funktionieren könnte?
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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von shorty » 28.03.2011, 10:23

Seide pur geht hervorragend, spinnt sich nur ganz anders als Wolle.
Ich spinne direkt von vorne aus dem Kammzug heraus, mit relativ viel Drall und meist sehr dünn.
Manch einer tut sich leichter mit Spinning from the fold, was übersetzt so viel heisst, wie aus dem Knick oder der Falte spinnen.
Dazu reisst man ein Stück Seidenkammzug ab, legt ihn halbiert so um die Finger und spinnt von der Knickkante vorne.Ganz grob :-)
Ich mach das zwar nicht, andere haben damit aber gute Erfahrungen gemacht.
Ansonsten ist das einfach Übungssache ;-)
Ich spinne reine Seide sehr gerne, ein traumhaftes Material :-)
Karin
Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen.

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Woelfin » 28.03.2011, 10:26

Hallo Lunitari,
Seide lässt sich auch pur gut verspinnen. Versuch mal möglichst langsam zu arbeiten bis das Gefühl für diese doch recht glatte Faser kommt. Ob vorne aus dem Kammzug oder geknickt aus der Seite, es geht beides. ISt glaub ich Geschmackssache.
schöne Grüße
Heike

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Michaela » 28.03.2011, 10:34

Ich habe schon einige Meter Seide pur aus dem Kammzug versponnen, Maulbeerseide, die mich anfangs noch auf dem alten Rad fast wahnsinnig machte... sie war aalglatt und flog durch die Gegend, weil sie sich statisch auflud. Auf dem langsameren Rad habe ich sie dann vor allem aus der Falz versponnen - ein Stück Kammzug abreißen und die Mitte über den Finger falten, daraus den Anfang machen. Und habe mir einen abgestrampelt, damit das lief. Jetzt auf dem Tom empfinde ich Seide als gar kein Problem mehr, die letzten Male habe ich sie einfach von vorn aus dem Kammzug im eher länglichen Auszug versponnen. Rad schön schnell, Einzug erstmal schön fein, und dann nachgeben und einziehen lassen, wenn der Faden stabil ist, dann wieder nach hinten ausziehen. So klappt es bei mir recht gut. Ich habe die Seide nicht allzu dünn versponnen, Nähgarn kaufe ich dann lieber ;)

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von simone40 » 28.03.2011, 10:55

ahh, jetzt weiß ich wie man das nennt :] :Spinning from the fold. So mach ich es
Ich spinne gerade reine Maulbeerseide mit der Handspindel. Es ist eben ganz anders ,aber macht total Spaß.Anfangs bin ich auch verzweifelt .


Bild
lg simone

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Fiall » 28.03.2011, 11:03

Ich gestehe, ich verspinn reine Seide auch suuupergerne und hatte den Dreh recht schnell raus. Spinne meist gleich aus dem Kammzug und nicht übern Finger, wobei ich mir gerne stapellange Stücke abreiße zum Spinnen.

Möglicherweise zieht das Prelude auch mit schwacher Bremse noch stärker ein? Ich wunder mich nämlich, wie dir die Seide sonst aus den Fingern rutschen soll. Da muss dann ja doch entsprechender Zug auf den Fasern sein. Ich hab den Einzug generell gern so sanft eingestellt, dass ich quasi "schieben" muss, damit der Faden einzieht, weil ich es hasse, wenn das Rad mich drängelt. *g*

Ich hab das Symphonie noch nicht einfädig getestet und kann von daher nix zur Bremse bei den Kromskis sagen. Zweifädig ist sanfter Einzug jedenfalls kein Problem.
GLG,

Veronika

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Asherra » 28.03.2011, 11:27

Ich mag Seide, weil sie so schön stabil ist, da kann ich meiner dünner-spinn-Gier voll nachgeben ohne daß ständig was reißt.
Als Einstieg würd ich vielleicht ein, zwei Hankies empfehlen. Die haben die lange Stapellänge, falls man das überhaupt so nennen kann, und die Festigkeit der Faser, kleben aber recht fest zusammen. Damit hab ich gelernt, wie dünn ein Seidenfaden sein kann und trotzdem noch so reißfest, daß ich mir eher die Finger kaputtschneide, als daß der Faden bricht.
Und diesen Faden hab ich dann mit Kammzug "nachgemacht", so dünn wie Nähseide, mit Drall wie Sau. Seide schluckt unendlich viel Drall, braucht ihn auch weil sie keine Schuppenstruktur hat, die dem Faden Stabilität geben könnte. Also dicke, weiche Seidensingles stehen auch bei mir noch irgendwo in den Sternen, 30WPI ist so ziemlich das dickste, was bisher geht.
Und beim Spinnen den Kammzug ruhig halten und mit der ausziehenden Hand die Fasern nach vorne führen. Wenn du statt dessen den Kammzug nach hinten ziehst gibt es ein zerknuddeltes Vogelnest aus Fasern.
Ah, da fällt mir ein, bei Seide ist auch das Spiel meiner Hände viel ausgeprägter. Ich klemme auch bei anderen Fasern wenn ich auf den Drall warte das Büschel in meiner Hand fest. Wenn ich dann wieder ausziehe lass ich locker. So ist der Zug des Spinnrads immer irgendwo zwischen den Fingern aufgefangen und nie direkt voll auf der Faser, das ist so ein Wechselspiel, hinten vorne hinten vorne, wie die Hände abklemmen und los lassen. Bei Seide brauch ich das mehr, weil wenn Zug frei auf den Kammzug kommt flutscht es weg wie gebuttert.

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von ehemaliger User » 28.03.2011, 11:30

Wow, so viele Antworten *freu*

Erstmal dankeschön für die vielen Tips, ihr habt mir echt Mut gemacht. :) Ich mag das Material nämlich sehr, und den Glanz, und die Weichheit der Fasern. Wäre daher echt schön wenn ich sie endlich mal verarbeiten könnte...

"From the fold" spinne ich fast nie, weil ich meistens ungewaschenes Alpaka spinne und es dann schrecklich knubbelt (zumindest bei mir), ich spinne meistens vorn raus bei Bändern, und bei den selbstkardierten Vliesen teile ich sogar Stränge ab damit es nicht zu sehr 'seitlich' gesponnen wird..

Jetzt da ich weiß dass es mit der Seide grundsätzlich geht, werde ich heut nachmittag nochmal dransetzen, vielleicht sogar in die Sonne auf der Terrasse, und mir dafür mal echt Zeit nehmen.. :)
Wenn es klappt stell ich ein Bild ein, wollte eh schon mal wieder ein Bild posten von den Alpaka-Eskapaden ;)
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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Nordpolarbaer » 28.03.2011, 11:38

Hast Du es immer mit dem gleichen Material versucht?
Ich hatte auch auf meinem Traub mit doch recht ruppigem Einzug von Anfang an wenig Probleme mit reiner Seide. Vielleicht liegt es auch an Deinem Kammzug und Du mußt mal einen anderen versuchen.
LG

Astrid


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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von tabata » 28.03.2011, 11:57

Ich creme mir die Hände mit Lanolincreme ein, warte 5 Minuten und spinne dann mit viel Drall und hoher Geschwindigkeit.

Manchmal hilft es auch die Finger etwas nass zu machen, mein Sohn nimmt immer die Zunge :P
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http://www.ravelry.com/projects/tabatateddy

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Klara » 28.03.2011, 12:03

Asherra hat geschrieben:....
Und beim Spinnen den Kammzug ruhig halten und mit der ausziehenden Hand die Fasern nach vorne führen. Wenn du statt dessen den Kammzug nach hinten ziehst gibt es ein zerknuddeltes Vogelnest aus Fasern.
...
Bei mir ist egal, ob ich nach vorne oder nach hinten ziehe. Das zerknubbelte Vogelnest bildet sich, wenn die Hände zu nahe beisammen sind. Die Hände müssen (bei jeder Faser) zum kurzen Auszug ungefähr die Faserlänge voneinander entfernt sein, und bei Seide können das 20 - 30 cm sein. Was anfangs total ungewohnt ist - weshalb viele Leute die Faserlänge durch über den Finger spinnen halbieren. Die gute Nachricht ist, dass ein zerknubbeltes Vogelnest kein Problem ist - da Seide so glatt ist, kann man sie auch aus dem Gewirr nochhalbwegs glatt ausziehen.

Ciao, Klara

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von sisasarah » 28.03.2011, 12:52

Ich finde auch, dass die Vogelnester bei diesen weichen, glatten Fasern nicht so schlimm sind, da man auch daraus noch ganz gut spinnen kann (mit ein bisschen zuppeln).
Um sie aber zu minimieren halbiere ich den Kammzug (am Anfang hab ich ihn sogar gedrittelt).
Außerdem versuche ich darauf zu achten vorne das Ende des Kammzugs über seine ganze Breite abzuarbeiten.
Also den Faden mal mehr links, mehr rechts oder in der Mitte entstehen zu lassen, bzw. wander ich immer von einer Seite zur anderen.
Ansonsten fällt mir auch nicht mehr ein als viel Drall und ganz wenig Einzug für den Anfang und sich Zeit lassen sich an dieses erstmal ganz andere Spinngefühl zu gewöhnen.
glg
Sarah

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Fiall » 28.03.2011, 14:45

Stimmt, wenn mir der Kammzug zu dick ist, halbiere ich ihn auch, weil sich durch die Länge der Fasern dann doch mal gern was zusammenknautscht (zumindest bei mir). Hatte auch schon Kammzüge, die von allein in mehrere Teile zerfielen und den Eindruck erweckten, als wären sie aus mehreren Kammzügen zusammengewickelt worden. Die hab ich dann konsequent auseinandergewickelt, weil mich das beim Spinnen enorm gestört hat.
GLG,

Veronika

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von Aodhan » 28.03.2011, 15:56

@ Lunitari

Ich kann deinen Frust gut verstehen. Ich hatte den auch lange. An Seide hab ich echt lange "genagt", bis die ging. Die toupierten Vogelnester in der Hand hatte ich auch zur Genüge... :rolleyes:

Zwischenzeitlich hab ich mir damit geholfen, den Seidenkammzug in kurze Stücke zu teilen, und die dann noch mehrfach aufzuspalten. Und die schmalen Fitzelstränge, die ich dann hatte, hab ich zusätzlich noch aus der Falte gesponnen. Also mit allen Tricks gearbeitet, die hier schon aufgelistet wurden. Irgendwann wurde es dann. Seide wird nie meine Lieblingsfaser werden, aber es kommt halt ein so unglaublich toller Faden dabei raus... Das lohnt die Mühe und die Übung schon!
"If more of us valued food and cheer and song above hoarded gold, it would be a merrier world." - J.R.R.Tolkien

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Re: Wie verspinnt man reine Seide?

Beitrag von anjulele » 28.03.2011, 19:44

Den Zug kann man auch reduzieren, indem man den Faden hin und her über die Haken laufen lässt. Hier irgendwo ist ein Foto davon. (Vielleicht kann das jemand in diesen Beitrag kopieren?) So lässt sich Seide auf alten (Flachs-) Rädern verspinnen, die weder Flügelbremse noch andere Wirtel haben. Ob das auch mit etwas ruppigeren Rädern geht, habe ich nicht ausprobiert. Seide spinne ich am Liebsten dünn.

LG
anjulele

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