wie funktioniert der lange Auszug?

Allgemeines zum Thema Spinnen (Spinnfasertypen, geschichtliches, ...)

Moderator: Claudi

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Klara
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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von Klara » 31.12.2011, 13:17

Also nach meiner Erfahrung (gerade gestern ausprobiert) ist das Problem beim langen Auszug mit zweifädigem Rad nicht der zu starke Einzug (im Gegenteil, ich war überrascht, wie weit ich den weg kriege), sondern das zu wenig schnelle Aufwickeln. Auch bei stärkerer Spannung des Antriebsriemens, also geringerem Schlupf und daher stärkerem Einzug kann ein zweifädiges Rad nicht schneller einziehen/aufwickeln als es der Umfangsunterschied zwischen den beiden Wirteln erlaubt. Beim einfädigen Rad kann das gebremste Teil dagegen stehenbleiben während das angetriebene Teil weiterdreht.

Wobei dieser Unterschied umso stärker zum Tragen kommt, je länger das Garnstück ist, das man auf einmal einziehen lassen will. Wenn man das Spinnrad die Arbeit machen und das Garn "aus der Hand knabbern" lässt, macht's gar nichts aus. Wenn man sportlich die ausziehende Hand erst einen Meter nach hinten zieht und diesen Meter dann gerne in Nullkommanichts und (fast) ohne zusätzlichen Drall im Einzugsloch verschwinden sehen möchte, braucht man meiner Meinung nach ein einfädiges Rad.

Jedenfalls, wenn ich nur ein zweifädiges Rad hätte, würde ich ihm für den langen Auszug eine Spulenbremse spendieren (wie das ganz einfach geht, habe ich schon ein paar Mal beschrieben - sucht mal nach Peter Teal, der hat das in einem "Journal" veröffentlicht).

Ciao, Klara

yetti
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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von yetti » 31.12.2011, 17:08

Also bei meinem zweifädigen Leichtlen Rad habe ich das Problem beim langen Auszug noch nicht gehabt.Sowohl Cashmir als auch Gotland,beides im Vlies und auch Baumwolle im Kammzug sind sehr schön zu spinnen. Der Einzug wird mit der Spannung des Antriebsbands reguliert.Je höher die Spannung ist,desdo schneller ist der Einzug.
viele Grüsse Yetti

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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von yetti » 31.12.2011, 17:11

P.S. Hatte ganz vergessen,bei kleinem Wirtel viel Drehung bei großem entsprechend weniger aber das Rad frisst das Garn direkt.

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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von shorty » 31.12.2011, 17:23

Klara hat das sehr schön beschrieben yetti.
Ist schon klar, dass der Einzug je nach Antriebsriemenspannung niedriger oder höher wird.
Je nach langer Auszugtechnik ( es gibt ja unterschiedliche) ist es aber so, dass wenn man den Einzug niedrig hält, man ein längeres Stück fertig verdrallten Faden nicht gut in einem Rutsch reinlaufen lassen kann,( dazu ist der Einzug nämlich dann zu wenig) weil beim zweifädigen die Spul und Flügelwirtel immer miteinander verbunden sind ( sich der Flügel nicht um eine evtl ruhende Spule dreht)
Das ist immer nur in dem Bereich möglich, als Spul und Flügelwirtel unterschiedlich groß sind.

Wenn Du Dir mit höherem Einzug die Fasern "rausknabbern " lässt und pö a pö zuführst geht das schon.

Aber nen guten Meter reinlaufen lassen bei minimalem Einzug , das geht deutlich besser wenn Spule und Flügel separiert arbeiten.
Karin
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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von Sanja » 01.01.2012, 14:09

Ich habe die ganze Zeit überlegt, wo für mich vom Empfinden her der Unterschied ist, konnte es aber nicht formulieren. Danke Klara, das war auf den Punkt und hat mir einiges nochmal bewusst gemacht. :gut:

Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr! :))
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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von Vivi » 01.01.2012, 15:23

Hallo Klara,

vielen Dank, dass du den Unterschied beim langen Auszug einfach mal so super auf den Punkt gebracht hast.
Ich selbst ziehe so aus, dass ich relativ schnell viel Garn auf einmal auf die Spule laufen lassen möchte.
Auf dem Video bei Tom sieht man das gut:
Vivi, Crazy Ella und der lange Auszug

Den langen Auszug habe ich mir an meiner alten Schwedin selbst beigebracht.
Kleines Einzugsloch, nicht optimal regelbare Riemenspannung und zweifädiger Antrieb.
Geklappt hat es trotzdem.
Aber in diesen zwei Stunden durfte mich keiner ansprechen. Und erst recht nicht fragen, was ich da mache.
Es sind einfach zwei Varianten, den langen Auszug zu spinnen.

Danke für die gute und kompakte Erklärung!

Liebe Grüße,

Vivi
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Re: wie funktioniert der lange Auszug?

Beitrag von Klara » 01.01.2012, 15:34

Bitte, gern geschehen!

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kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von Caitlyn » 09.04.2012, 10:33

Hallo liebes Froum,


ich hätte da mal ne vermutlich typische Anfängerfrage:

Ich habe schon festgestellt das einen langen und einen kurzen Auszug beim Spinnen gibt. Soweit so gut, aber was genau bewirken die? Macht es einen Unterschied mit welchem ich arbeite? Wenn ja, wann setzte ich welchen ein? Gibt es einen der eher für dünne, oder aber dicke Singels geeignet ist?

Danke für eure Mühe und liebe Grüße!

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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von desch » 09.04.2012, 10:40

Der kurze Auszug ergibt einen stabileren, festeren Single (zum Beispiel für Socken), der lange Auszug einen weicheren, fluffigen Single (zum Beispiel für feine Tücher).
Ich hab am Anfang sehr viel weniger Probleme mit dem kurzen Auszug gehabt und ich spinne auch heute so noch lieber, da mir der Faden seltener reisst und der Faden dünner und gleichmässiger wird.
LG s´Desch

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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von Caitlyn » 09.04.2012, 10:43

Vielen Dank für deine Antwort! Ich glaube ich muss mal den langen Auszug üben... *hüstel*


Ich glaube auch mal gehört zu haben das es, je nachdem ob man Kammzüge oder Batts verarbeitet, einen Unterschied gibt mit welchem Auszug man arbeiten soll. Stimmt das?

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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von desch » 09.04.2012, 10:47

Da fragt du mich was XD

Angabe ohne Gewehr *peng*
Beim langen Auszug ist es wohl so, dass die Faser eher quer zum Single eingezogen wird, von daher wäre der lange Auszug besser geeignet für Batts (und alle anderen Vliese) und der kurze Auszug besser für Kammzüge.
"Besser geeignet" im Sinne von: du kannst es natürlich auch ganz anders machen, wenn du so besser klar kommst :D
LG s´Desch

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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von Adsharta » 09.04.2012, 11:33

Stimmt langer Auszug geht besser mit Batts als mit Kammzug.
lg Adsharta

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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von Kattugla » 09.04.2012, 11:55

Beim langen Auszug besteht ja der Sinn darin, dass sozusagen "quer" zur Faser gesponnen wird, also die Fasern im Faservorrat in der Hand nicht in die gleiche Richtung zeigen wie der Einzug vom Spinnrad. Bei Rolags ist das zum Beispiel so, oder generell bei kardierter Wolle, wo die Fasern nicht gleichgerichtet sind. Auf diese Art kommt viel Luft ins Garn und macht es fluffig.

Beim Kammzug liegen die Fasern ja schon parallel, einzige Chance, dort analog zu oben Luft hineinzubekommen, ist das Spinnen über den Finger (spinning from the fold), zumindst bei feineren Fasern wie Merino und Co., ansonsten kann man das Ergebnis nur schwer kontrollieren, der Faden wird zemlich ungleichmässig (bei mir zumindest, soll ja Könner geben, die das auch mit Superfeinmerinokammzug hinkriegen).

Ich spinne mittlerweile sehr gerne im langen Auszug, vor allem meine selbstaufbereitete Fuchsschafwolle bedankt sich dafür mit für Landschafrassenverhältnisse ausgesprochen kuscheligem Garn. ;)
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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von Aodhan » 09.04.2012, 12:32

Ich spinne tatsächlich sehr gern aus der Falte - bei feinem Kammzug sehr viel lieber als längs. Das mach ich fast nur noch, wenn der Kammzug durchs Färben leicht angefilzt ist. Langen Auszug aus der Falte - wirklich gleichmäßig dünn wird der Faden (zumindest bei mir) da nicht, aber dafür wirklich schön weich. :]
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Re: kurzer Auszug, langer Auszug, was ist der Sinn dahinter?

Beitrag von ZILLY » 09.04.2012, 12:55

Oh wie schön,
auch meine Frage beantwortet,
ich haderte mit den vielen Ausdrücken noch
und schaue und schaue, da bin ich dann sehr froh, wenn solche Fragen / Antworten auftauchen.
winkt ZILLY
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