Zweifädiger Feinspinnflügel (Beispiel Ashford)
Verfasst: 30.01.2022, 15:32
Meine Frau spinnt fast nur zweifädig und vorzugsweise dünn. Als in letzter Zeit aus dem „dünn“ noch „dünner“ wurde, kamen auch ihre optimierten Flügel und Spulen an ihre Grenzen. Ein neues Konzept musste geschaffen werden.
Neben dem Material und dem Können der Spinnerin hat auch das Spinnrad auf das Spinnergebnis einen wesentlichen Einfluss. Vom Rad her wird das Dünnspinnen durch Laufruhe, hohe Drehzahl (hohe Übersetzung), sanft und breit regelbaren Einzug und eine möglichst geringe Massenträgheit des Flügels und der Spule begünstigt. Die ersten drei Bedingungen waren bereits (fast) erfüllt, also widmete ich mich dem Reduzieren der Massenträgheit. Letztere setzt sich aus der Masse der rotierenden Teile des Spinnkopfs, der Verteilung dieser Masse quer zur Drehachse und der Drehzahl zusammen. Da eine relativ hohe Drehzahl gleichzeitig für das zufriedenstellende Spinnergebnis benötigt wird, waren das Abspecken und das Verkleinern nötig. Da ich glaubte zu bemerken, dass bei der Spulengröße Ashford Standard dünner Garn etwas einfacher gelingt, bin ich von dieser Spulengröße ausgegangen. Die Kapazität dieser Spule von etwa 120g ist zwar deutlich geringer als bei den bisher bevorzugten großen Spulen, für die Bedürfnisse meiner Frau aber immer noch sinnvoll nutzbar. Auf dieser Basis konstruierte ich einen neuen Flügel und eine neue Spule mit ungefähr gleicher Kapazität aber mit einem fünfstufigen sehr kleinen Wirtel für einen besseren Einzug. Während die Spule bereits in dem Spulenthread viewtopic.php?f=19&t=29948 ausführlich gezeigt wurde, geht es hier im Weiteren um den Flügel. Der Flügel besteht einerseits aus der Spindel mit dem Einzugsrohr und andererseits aus einem hölzernen Querbalken mit eingezapften Rechteckholmen aus Holz. Ich habe dafür gezielt Reste von neuseeländischer Silberbuche (eine Tradi-Trittachse und ein Knecht vom Traveller blieben von früheren Umbauten übrig) verwendet, damit die Gesamtoptik möglichst einheitlich bleibt. Nach dem Zuschnitt habe ich die Schlitze und Zapfen eingefräst und die Teile mit dem PU-Leim Soudal Pro 45P miteinander verklebt. Da der Flügel aus Gewichtsgründen für den Einsatz von Schiebehaken vorgesehen war, mussten die Holme einen gleichbleibenden Querschnitt haben. Daher war jede Nacharbeit an den Holmen nach dem Verleimen unerwünscht, und das bedingte eine erhöhte Genauigkeit der Schlitz-Zapfen-Verbindung und eine besondere Sorgfalt und Maßkontrolle beim Kleben. Diese Einheit wurde dann zentrisch und achsparallel mit einer Bohrung zur Aufnahme des Einzugsrohrs versehen. Danach wurde der Querbalken nach außen unter 17° verjüngt und mit seitlichen 20° Schrägen versehen. Diese Schrägen sorgen für einen freien Weg für das Garn, ansonsten würde es an der Kante des Querbalkens wahrscheinlich reiben. Nach dem manuellen Feinschliff und dem Verrunden sämtlicher Kanten kam zum Schluss der dreimalige Anstrich mit Leinos Hartöl Spezial und die abschließende Politur.
Auf den Fotos sieht man, dass gleich zwei Flügel gebaut wurden. Das gab die Art und Weise des Zuschnitts und des Fräsens so her, außerdem sollten beide vorhandenen Ashford-Räder mit je einem Feinspinnflügel ausgestattet werden.
Die Spindel und das Einzugsrohr werden getrennt voneinander hergestellt und anschließend miteinander über ein M5 Gewinde verschraubt. Für Achsparallelität sorgt eine 10 mm lange Passbohrung im Einzugsrohr mit einem Durchmesser von ¼ " (=6,35 mm). Beide Teile sind aus rostfreiem Edelstahl gedreht, das Einzugsrohr aus 1.4305 (Drehqualität, bitte nicht verwechseln mit 1.4301) und die Spindel aus „Grade 316“ (wahrscheinlich identisch, aber mir unbekannt, da aus GB). Nebenbei gesagt, war die Beschaffung von einem Stahlrundstab mit einem Durchmesser von ¼“ fast das schwierigste an dem ganzen Projekt. Für sehr wichtig halte ich die Nacharbeit am Einzugsrohr. Die Umlenkung des Garns vom Einzugsrohr durch die Querbohrung wäre ohne zusätzliche Maßnahmen zu scharfkantig und dadurch nur schlecht möglich. Daher habe ich das bereits quer durchbohrte Einzugsrohr unter 45° schräg in der Fräsmaschine eingespannt, und unter diesem Winkel noch einmal mit einem 8 mm Radiusfräser nachgebohrt, zuerst von der einen und dann von der anderen Seite. Nach dem Ausspannen wurden alle Kanten und Übergänge der Flächen mit einem in einer Minibohrmaschine eingespannten Zahnarztfräser freihändig verrundet und abschließend wurde in der Drehe poliert. Dazu nehme ich einen Streifen vom Schleifvlies, das ich durch die Einzugsöffnung und wechselweise durch das eine und das andere Querloch hindurch stecke. Vor der Einzugsöffnung halte ich es fest, und schalte die Maschine ein (hohe Drehzahl oberhalb von 2000 U/min erforderlich). Bei laufender Maschine bewegt man das Schleifvlies dann axial vor und zurück, bis innen alles absolut glatt ist.
(wird fortgesetzt)
Neben dem Material und dem Können der Spinnerin hat auch das Spinnrad auf das Spinnergebnis einen wesentlichen Einfluss. Vom Rad her wird das Dünnspinnen durch Laufruhe, hohe Drehzahl (hohe Übersetzung), sanft und breit regelbaren Einzug und eine möglichst geringe Massenträgheit des Flügels und der Spule begünstigt. Die ersten drei Bedingungen waren bereits (fast) erfüllt, also widmete ich mich dem Reduzieren der Massenträgheit. Letztere setzt sich aus der Masse der rotierenden Teile des Spinnkopfs, der Verteilung dieser Masse quer zur Drehachse und der Drehzahl zusammen. Da eine relativ hohe Drehzahl gleichzeitig für das zufriedenstellende Spinnergebnis benötigt wird, waren das Abspecken und das Verkleinern nötig. Da ich glaubte zu bemerken, dass bei der Spulengröße Ashford Standard dünner Garn etwas einfacher gelingt, bin ich von dieser Spulengröße ausgegangen. Die Kapazität dieser Spule von etwa 120g ist zwar deutlich geringer als bei den bisher bevorzugten großen Spulen, für die Bedürfnisse meiner Frau aber immer noch sinnvoll nutzbar. Auf dieser Basis konstruierte ich einen neuen Flügel und eine neue Spule mit ungefähr gleicher Kapazität aber mit einem fünfstufigen sehr kleinen Wirtel für einen besseren Einzug. Während die Spule bereits in dem Spulenthread viewtopic.php?f=19&t=29948 ausführlich gezeigt wurde, geht es hier im Weiteren um den Flügel. Der Flügel besteht einerseits aus der Spindel mit dem Einzugsrohr und andererseits aus einem hölzernen Querbalken mit eingezapften Rechteckholmen aus Holz. Ich habe dafür gezielt Reste von neuseeländischer Silberbuche (eine Tradi-Trittachse und ein Knecht vom Traveller blieben von früheren Umbauten übrig) verwendet, damit die Gesamtoptik möglichst einheitlich bleibt. Nach dem Zuschnitt habe ich die Schlitze und Zapfen eingefräst und die Teile mit dem PU-Leim Soudal Pro 45P miteinander verklebt. Da der Flügel aus Gewichtsgründen für den Einsatz von Schiebehaken vorgesehen war, mussten die Holme einen gleichbleibenden Querschnitt haben. Daher war jede Nacharbeit an den Holmen nach dem Verleimen unerwünscht, und das bedingte eine erhöhte Genauigkeit der Schlitz-Zapfen-Verbindung und eine besondere Sorgfalt und Maßkontrolle beim Kleben. Diese Einheit wurde dann zentrisch und achsparallel mit einer Bohrung zur Aufnahme des Einzugsrohrs versehen. Danach wurde der Querbalken nach außen unter 17° verjüngt und mit seitlichen 20° Schrägen versehen. Diese Schrägen sorgen für einen freien Weg für das Garn, ansonsten würde es an der Kante des Querbalkens wahrscheinlich reiben. Nach dem manuellen Feinschliff und dem Verrunden sämtlicher Kanten kam zum Schluss der dreimalige Anstrich mit Leinos Hartöl Spezial und die abschließende Politur.
Auf den Fotos sieht man, dass gleich zwei Flügel gebaut wurden. Das gab die Art und Weise des Zuschnitts und des Fräsens so her, außerdem sollten beide vorhandenen Ashford-Räder mit je einem Feinspinnflügel ausgestattet werden.
Die Spindel und das Einzugsrohr werden getrennt voneinander hergestellt und anschließend miteinander über ein M5 Gewinde verschraubt. Für Achsparallelität sorgt eine 10 mm lange Passbohrung im Einzugsrohr mit einem Durchmesser von ¼ " (=6,35 mm). Beide Teile sind aus rostfreiem Edelstahl gedreht, das Einzugsrohr aus 1.4305 (Drehqualität, bitte nicht verwechseln mit 1.4301) und die Spindel aus „Grade 316“ (wahrscheinlich identisch, aber mir unbekannt, da aus GB). Nebenbei gesagt, war die Beschaffung von einem Stahlrundstab mit einem Durchmesser von ¼“ fast das schwierigste an dem ganzen Projekt. Für sehr wichtig halte ich die Nacharbeit am Einzugsrohr. Die Umlenkung des Garns vom Einzugsrohr durch die Querbohrung wäre ohne zusätzliche Maßnahmen zu scharfkantig und dadurch nur schlecht möglich. Daher habe ich das bereits quer durchbohrte Einzugsrohr unter 45° schräg in der Fräsmaschine eingespannt, und unter diesem Winkel noch einmal mit einem 8 mm Radiusfräser nachgebohrt, zuerst von der einen und dann von der anderen Seite. Nach dem Ausspannen wurden alle Kanten und Übergänge der Flächen mit einem in einer Minibohrmaschine eingespannten Zahnarztfräser freihändig verrundet und abschließend wurde in der Drehe poliert. Dazu nehme ich einen Streifen vom Schleifvlies, das ich durch die Einzugsöffnung und wechselweise durch das eine und das andere Querloch hindurch stecke. Vor der Einzugsöffnung halte ich es fest, und schalte die Maschine ein (hohe Drehzahl oberhalb von 2000 U/min erforderlich). Bei laufender Maschine bewegt man das Schleifvlies dann axial vor und zurück, bis innen alles absolut glatt ist.
(wird fortgesetzt)