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Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 04.09.2013, 19:41
von wollwolff
Hallo Ihr Lieben,

danke Eurer Aufmerksamkeit. Sind den die technischen Ausführungen von unseren Garngeräten am Ende der Evolution?
Garnhaspeln, Knäuelwickler, Karden mit Trommelprinzip, Wollpicker in Schaukelprinzip, Spinnräder mit Flügel usw....., oder geht noch was ?

Ich meine schon, nur, man muss auch den Mut haben, mal neue Wege zu gehen. Und mein Kopf ist voll mit "neuen Wegen", inspiriert von
Alltagsbeobachtungen aus unserer Szene und von größten Techniker aller Zeiten Leonardo da Vinci.

Ich verfolge in meinem nun 11 jährigem Hobby.... Die Garn- und Spinntechnik..... und natürlich Leonardo da Vinci..... fest das erfolgreiche Prinzip:
Was da ist wird nicht kopiert, höchstens "evolutioniert", also aufbauend weiterentwickelt. Und Ihr gebt mir recht, den richtigen Weg zu gehen, danke dafür.

Wer mehr über mich und mein Hobby lesen möchte, bitte. In meiner Hompage unter "über mich" steht alles aufgeschrieben.

Wenn Ihr Ideen habt, lasst uns darüber diskutieren.

Schönen Abend noch und LG von Jürgen

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 12:49
von Asherra
Da ginge sicher noch was. Menschen sind von Natur aus faul, oder sagen wir mal "effizient". Wenn eine Veränderung Arbeit macht, aber keine spürbare Verbesserung bringt, dann passiert meistens gar nichts. Erst wenn der Druck zu groß wird, daß Veränderung unbedingt notwendig wird, dann tut sich was, und meistens auch ganz fix.

Beim Spinnen ist es schon auffällig, daß sich fast gar nichts ändert. Die Spindel, ob jetzt Wirtel oben oder unten, aufgesetzt oder frei hängend ist DAS Spinnwerkzeug schlechthin. Seit tausenden von Jahren großartig keine "Sprünge" in der Evolution, mal die Wirtelgröße oder die Spinntechnik an die am einfachsten zugängliche Faser angepaßt, aber sonst?
In der Antike gab es in Griechenland (nicht 100% sicher, müßt ich nachschlagen) Spindeln, deren Wirtel so geformt war, daß man das Garn nicht mehr abwickeln mußte, sondern die Spindel direkt auch als Webschützen verwenden konnte. Waren nur sehr schwer und frau brauchte ziemlich viele Spindeln, hat sich nicht durchgesetzt. War aber sehr innovativ.

Das Spinnrad tritt erst auf, als es schon Richtung Industrialisierung geht, mit Flachwebstuhl, den ersten Manufakturen, größeren Märkten und Handelsbewegungen wo Quantität wichtiger wird als Qualität. Aber nicht mal moderne Webstühle mit hohem Umsatz erzwingen Spinnräder. Die Ägypter waren sicher pfiffig genug, um auf die Idee eines Spinnrads zu kommen, aber nein, alles per Spindel.
Heute sind Spinnräder auch in den Anden zu haben, es will sie nur kaum jemand. Paßt nicht zum Lebensstil, Spindeln produzieren das gewünschte Garn schneller, also warum umstellen?

Damit ist die Spindel schlicht von sämtlichen Völkern in tausenden von Jahren als die effizienteste Lösung zum Spinnen gekört worden. Die geringen Veränderungen sprechen für mich nicht für mangelnde Kreativität (wilde Wollwölffe mit interessanten Ideen gab es sicher zu jeder Zeit ;-)), sondern dafür, was für ein absolut essentielles Werkzeug sie ist. Becher, Messer, Bogen, Webstuhl, Nadel... die Materialien ändern sich, mit der Industrialisierung kommen neue Formen und Techniken auf, aber vorher? Nur wenige Unterschiede. Der Topf hat mal einen ziemlichen Sprung gemacht vom Ledersack zu festem Gefäß, sonst sind die ganz grundlegend wichtigen Dinge für Menschen heute nicht viel anders als vor 10.000 Jahren.

Indizien für Faserverarbeitung sind eh schon recht rar in der Archäologie, ich bin mir nicht sicher, ob jemandes verrückte Idee, beim Spinnen was völllig anders zu machen auch wirklich als solche erkannt werden würde, selbst wenn durch Zufall jemand drüber stolpert.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 13:36
von shorty
Zum Lebensstil sicher nicht passend, aber schneller ?
Grübel.
Ich glaube es liegt eher am finanzierbaren und am Herstellungsaufwand.
Karin

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 18:28
von Sabine
Och, ich denke schon das es mit der Spindel schneller geht. Zwar vielleich nicht absolut, im Hinblick auf die Tatsache das man sie überall hin mitnehmen kann und bei jeder sich bietenden Gelegenheit, den ein oder anderen Meter dazu spinnen kann, irgenwie schon.

Also wann immer man von A nach B läuft und so weiter. Ein Spinnrad steht zu Hause und man muß sich extra daran setzten, sprich es kostet im Endeffekt zusätzliche Zeit. Isofern ist die Handspindel bestimmt schneller.

Und wer den Frauen in den Anden mal beim Spinnen zugeschaut hat, staunt vermutlich sowieso über das Tempo welches sie an den Tag legen. Ok, ich hab nur einen youtube Film gesehen. Gestaunt habe ich trotzdem.

Außerdem ist die Qualität des Garns von der Handspindel höher als die vom Rad. Also noch ein weiteres Argument für die Spindel.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 18:53
von shorty
Das mit der Qualität höre ich zwar häufig, kann ich aber nicht unbedingt bestätigen zumindest für mich.
Der Grund erschliesst sich mir da nicht. ( Kenne durchaus die Verbote aus dem späten Mittelalter, deute sie aber anders ;-) )
Wenn man Vergleiche macht, sollte man zumindest bestimmte Faktoren nahezu von ähnlichem Maß haben.
Rein rechnerisch z.B. den Zeitfaktor.
Mir ist die Aussage sämtliche Völker viel zu pauschal, nicht umsonst haben viele textilproduzierenden Länder schon recht lange auf Spinnrad umgestellt GBR z.B.
Und das war sicher keine Prestigefrage dort sondern eher ne Frage der Effizienz.
Es macht nen Unterschied, ob man Spinnen als Lohnarbeit betrachtet oder neben sonstiger Arbeit ( Hütearbeit usw) verrichtet hat, für den Eigengebrauch.
Das würde aber eher unter Lebensbedingungen passend fallen

Ich halte Spindeln für geniale Werkzeuge , mit einfachsten Mitteln zum Produkt zu kommen.
Was diesen Faktor angeht nicht zu toppen.
Was Effienz angeht unter gleichen Bedingungen wie Zeitfaktor usw... da habe ich allerdings große Zweifel.


Karin

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 19:17
von Asherra
Spindeln sind dann schneller und besser wenn man Garn mit sehr viel Drall braucht. Sie bringen mit einfachen Mitteln die höheren Drehzahlen. Es gibt high-tech Lösungen, ähnliches Tempo auch auf Spinnrädern hin zu bekommen, aber bis man mit so was wie dem Lendrum very fast flyer spinnen kann geht's ne Weile.

Aber klar, auch billiger, wesentlich einfacher herzustellen, und kann überall mit hin. Solange es um Eigenbedarf geht ist die Qualität eh oft wichtiger als reine Quantität, wenn man sich schon die Arbeit macht, dann gleich richtig. Also selbst wenn die Spindel nicht schneller wäre, solange sie die bevorzugten Garne besser hin bekommt als ein Rad, hat sie in der Subsistenzwirtschaft die Nase vorne. Ist auch nicht anders als bei uns, wenn jemand fragt ob wir nicht wissen, daß es Garn auch fertig zu kaufen gibt... ja, gibt es, ist aber einfach nicht das selbe.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 19:25
von Sabine
Das mit der Qualität habe ich auf Grund meiner Ergebnisse gesagt, das wurde mir auch schon das ein oder andere Mal von anderen bestätigt. Das das nicht bei jedem so ist, kann ich mir auch gut vorstellen. Die Verbote im Mittelalter hatten mit der Aussage nichts zu tun.

Wenn es darum geht womit ich mehr Meter herstellen kann, ist das Spinnrad sicher vorne. Einen direkten Vergleich habe ich noch nicht unternommen, gefühlt ist es auf jeden Fall so. Und wenn es darum geht Garn zum Broterwerb herzustellen und nichts anderes tut, dann ebenfalls.

Meist ist das allerdings nicht so. Zumindest meiner Kenntnis nach nicht. Und in diesen Fällen ist die Spindel, auf Grund der mobilität, effizienter.

Darum hatte ich ja schon in meinem ersten Post geschrieben, vielleicht nicht absolut.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 19:33
von wollwolff
Hallo Ihr Lieben,

das ist mal eine gründliche Diskussion. Ich bedanke mich gerne bei allen Beteiligten gestern-heute-morgen....

Tohooll!!!

LG Jürgen

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 20:04
von shorty
Asherra hat geschrieben:Spindeln sind dann schneller und besser wenn man Garn mit sehr viel Drall braucht. Sie bringen mit einfachen Mitteln die höheren Drehzahlen. .
Ist schon richtig, aber nicht die Drehzahl alleine ist der einzige Faktor für Produktivität.
Die höchste Drehzahl hilft nichts, wenn die Auszugsgeschwindigkeit nicht mithalten kann.
Diese begrenzt für mein Verständnis ebenso die Produktivität , egal ob mit Rad oder Spindel.
Den very fast in meiner Durchschnittgeschwindigkeit getreten , kann ich mit "Füttern" nicht das Wasser reichen.
Sprich auch bei ner Spindel die ebensolche 44000 Umdrehungen macht hätte ich das gleiche Problem. Ich bin zu langsam mit Ausziehen.

Wenn Spindeln grundsätzlich die höhere Produktionsmenge liefern würden, ausnahmslos, worin wäre dann der Vorteil für wollproduzierende Familien in GBR gewesen auf s Rad umzusteigen ?
Ist ja teurer , nimmt mehr Platz weg, nicht mobil....

Zur Qualität der Spindelgarne, woran macht ihr die fest? Einfach interessehalber.
Viele der Andengarne sind meines Wissens ( glaub in der Spinnoff war dazu mal ein Artikel.. grübel) für unsere Verhältnisse heillos überdrallt, und eher derber, ganz einfach weil dort Qualität zu großem Maße mit Langlebigkeit gleichgesetzt wird.
Nun soll auch hier ein Pulli nicht nach nem halben Jahr zerfallen, aber der Qualitätsanspruch ist dennoch bei vielen anders.

Könnt ihr gesponnene Wollen einem Arbeitsgerät zuordnen? ( jetzt nicht Eure eigenen mein ich)

Ich finde es ne spannende Diskussion und bin froh, dass es Leute wie Jürgen gibt die auch mal innovative Lösungen für Einzelfälle bieten, oder eben mal nen anderen Weg zu gehen versuchen.
Bin nicht contra Spindel nur gibts eben auch noch andere Mittel um zum Ziel zu kommen.
Die passen für den einen besser für den anderen weniger gut, wie bei allem.
Karin

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 10.09.2013, 22:46
von schafgarbe
Die Innovation hat es doch gegeben, mit der Industrialisierung? Da wurde Menge gewünscht und Standard und das gab es auch. Die meisten, die jetzt spinnen, besinnen sich doch eher auf Traditionen, da ist vielleicht nicht so viel Bedarf für Innovation, wenn man mal von dem Wunsch nach Reiserädern absieht, der ja auch prompt erfüllt wird.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 11.09.2013, 01:23
von Sabine
Asherra hat geschrieben:Spindeln sind dann schneller und besser wenn man Garn mit sehr viel Drall braucht. Sie bringen mit einfachen Mitteln die höheren Drehzahlen.
Mit dieser Aussage bin ich nicht ganz einverstanden. Auch wenn ich glaube sie richtig verstanden zu haben. ;-)

Bei der Handspindel kommt es eben nicht auf die Auszugsgeschindigkeit an, wieviel Drall auf das Garn kommt hängt hier nicht von der Drehzahl ab, sondern vom Spinner. Wobei das genaugenommen bei einem Spinnrad genauso ist, man muß halt den Faden entsprechend lange festhalten.

Wieviel Drall man dem Garn gibt, ist wiederum davon abhängig wofür man es braucht. Oder Geschmackssache.

Außerdem glaube ich das sich praktisch niemand von uns mit jemandem messen kann der als kleines Kind schon mit dem Spinnen angefangen hat.

Ich habe mal irgendwo eine Zeitangabe gelesen wieviele Stunden es, im MA, gedauert hat vom Wolle waschen bis zum fertigen Tuch und ich fand die Zeit erstaunlich kurz. Leider weiß ich nicht mehr wie lange das war und wo ich das gelesen habe. *schäm*

Was die Produktivität von Spinnrädern angeht, ich denke schon das sie in kürzerer Zeit mehr Meter herstellen können als jemand auf der Handspindel. Vor allem dann, wenn man den ganzen Tag nichts anderes tut. Wenn ich also 10 Räder in einen Raum stelle und 10 Spinner dran setzte, habe ich am Abend mehr Garn, als wenn ich 10 Spinnern 10 Handspindeln in die Hand drücke und ihnen sage, "Spinn wann immer Du die Hände dafür frei hast.".

Zur Qualität, mein Spindelgarn ist gleichmäßiger als das vom Rad.

Und ich kann die Herstellungsart der Garne nicht unterscheiden, wenn sie von anderen Spinnern kommen. Da bin ich mir fast sicher, auch wenn ich das noch nie versucht habe. Zumal das ja auch wieder verschiedene Ergebnisse bringt. Je nachdem wieviel Übung derjenige mit dem jeweiligen Werkzeug hat.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 11.09.2013, 09:46
von yetti
Vor einiger Zeit war in der Spin Off Zeitung mal ein Artikel über den Vergleich des Spinnens mit Spindel und Rad bei einer Veranstaltung ,ich glaube in Mexico, weiß ich leider nicht mehr so genau , weil nur schnell darübergelesen. Die südamerikanischen Spinnerinnen konnten sowohl schneller spinnen als auch viel feiner.Ich meine der Tenor war, dass sie die Notwendigkeit am Spinnrad zu spinnen nicht einsehen konnten.
lG Yetti

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 11.09.2013, 12:17
von shorty
Das Problem finde ich bei solchen Vergleichen ist, dass die wenigsten Spinnern von uns dies seit ihrer frühesten Kindheit in dieser Intensität ausüben.
Wie Sabine auch schon schrieb.
Ich denke nicht, dass es für die Andenspinnerinenn groß Vorteile bringen würde, das Spinnrad, einfach weil es nicht wirklich zu ihrer Art zu spinnen passt.
Es gibt ja letztlich auch ganz viele versch. Arten von Spindeln, und auch Beschleunigungstechniken, nicht alle lassen selbst bei viel Übung diese hohen Drehzahlen überhaupt zu.
Deshalb sehe ich Pauschalaussagen immer sehr kritisch.
Mit ner french z.B. erreicht man nicht die Geschwindigkeit wie mit schnellen Hochwirtelspindeln.

Zur Frage from Sheep to shawl, das klappt in ein paar Stunden problemlos.
Haben wir selber schon getestet.

Ich denke einfach ganz vieles bei dieser Frage ist Übungssache, daran liegts vermutlich auch, warum bei mir mein Spinnradgarn viel gleichmäßiger ist als meine Spindelei.
Letztlich ist es ein und derselbe Arbeitsvorgang. Drall abwägen und ausziehen, nur hab ich mit dem Spinnrad schlicht mehr Übung.

Ich kenne einige Spinnerinnen die feinstes Stickgarn spinnen. Geht aber mit Spinnrad ebenso.
Die Fadendicke ist meines Erachtens viel wesentlicher vom Material abhängig.

Mal andere Denkansätze da reinbringen finde ich spannend.
Gabs früher ja auch schon z.B. mit den Hunger oder Hochzeitsspinnrädern z.B. bei der die Arbeitsleistung sich zwar nicht wie erhoft verdoppelte, es aber geübten Spinnerinnen möglich war die Garnmenge um ein Drittel zu steigern. Hat sich zwar nicht flächendeckend durchgesetzt, evlt auch weil vielen dafür die Geschicklichkeit fehlt.

Von schweizer Baumwollspinnern ist übrigens in Sigrid Vogts Buch auch die Rede.
Diese lehnten das Spinnrad teilweise sehr lange ab, die Arbietsmenge pro Tag mit der Spindel lag bei 1538- 1922 Meter und ist damit ca die Hälfte was zu dieser Zeit mit Spinnrädern produziert wurde.


Für mich ists so, beide Systeme haben ihre Vor und Nachteile die nicht überall gleich zum tragen kommen.
Ich bin dennoch froh dass Leonardo sich da irgendwann mal Gedanken auch zu Spinnradtechnik gemacht hat und viele seiner Tüftlernachkommen auch.

Z. B. finde ich wenn auch kein riesen Schritt den Schiebehaken ne feine Sache, auch ein Woolee winder gehört eher zu neueren Dingen.
Beides konnte nur entstehen weil sich jemand mal Gedanken machte und ausgetretene Pfade verlassen hat.
Dafür bin ich dankbar.
Karin

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 11.09.2013, 13:40
von Asherra
Ok, es muß auch nicht immer "schneller" sein, nur "auch nicht schneller" reicht auch. In Historic Textiles wird ein afrikanisches Volk von Ziegenzüchter beschrieben, die bis heute mit Spinnstöckchen arbeiten. Da kann von "schnell" echt nicht die Rede sein. Die Ziegenhaare sind so erbärmlich kurz und glatt, da ist einfach jede Technik langsam, also wozu Streß machen.
Wäre vielleicht mal lustig nachzusehen, wie die Entwicklung der Spinngeräte mit der Veränderung der Faserqualität zusammenhängt. Grade in Wales gab es sehr früh schon sehr lang- und feinwollige Schafe, während es in anderen Ecken der Welt immernoch eher borstig mit kurzem Unterfell zugeht.

Oder die ganzen nicht-tierischen Fasern (irgendwie schieß ich mich immer auf Schafe und Ziegen ein, und vergeß, daß es da auch noch ganz viel anderes gibt). Die Ägypter haben Langflachs erst gespleißt und dann Drall drauf gegeben und nicht wie wir jetzt während des Spinnens ausgezogen. Die Spinner stehen in den Bildern und Modellen der Werkstätten auf Podesten, damit wohl mehr Länge pro Aufwickeln zustande kommt. Das waren dann keine langsamen Spindeln sonst geht ihnen der Drall aus, bis sie unten ankommen. Ist aber eine ganz andere Grundtechnik.
Während in China Hanf und Seide schon im 11.Jhd. auf dem Spinnrad landete und als Baumwolle aufkam das (teils wasserbetriebene) Rad wieder verschwand. Lange Faser = Rad, kurze = Spindel? je kürzer und glatter desto mehr supported?

Da liegt vielleicht irgendwo der Hase begraben, daß das Werkzeug selber gar nicht so viel vorgibt, sondern die verfügbaren Fasern. Eine Spindel kann schnell oder langsam, schwer oder leicht sein, aufsitzen oder frei hängen... eine Flexibilität, die sich an viele Fasern und Spinntechniken anpaßt.

Wobei 1 1/2 bis 2km echt nicht "langsam" ist. Wenn ich auf dem Rad 1km Garn an einem Tag produziert hab bin ich hinterher platt, von meiner Spindelei wollen wir gar nicht reden :O und ich spinn immernoch schneller als ich web oder strick :totlach: So wird das nix mit der Selbstversorgung.

Re: Nachdenkliches zur aktuellen Gerätetechnik

Verfasst: 11.09.2013, 14:18
von Vlasta
Asherra hat geschrieben: Da liegt vielleicht irgendwo der Hase begraben, daß das Werkzeug selber gar nicht so viel vorgibt, sondern die verfügbaren Fasern. Eine Spindel kann schnell oder langsam, schwer oder leicht sein, aufsitzen oder frei hängen... eine Flexibilität, die sich an viele Fasern und Spinntechniken anpaßt.
Bei den Fasern, die das Werkzeug vorgeben, würde ich auch ansetzen. Die meisten traditionellen Spinntechniken sind doch optimiert für _eine_ bestimmte Faser und _ein_ bestimmtes Garn, welches in dann einer bestimmten Weise weiter verarbeitet wird. Danach richtet sich die Art der Faservorbereitung und die ökonomischste Art des Verspinnens - egal ob mit Rad oder Spindel oder sonstwas.

Bei meinem alten Flachsrad kann ich mich schon glücklich schätzen, daß es nicht nur Leinengarn für die Hausweberei produzieren sollte, sondern auch das eine oder andere Wollfädchen zum Sockenstricken. Ich hab also zwei Spinnflügel und zwei Spulengrößen zur Verfügung, aber wie wir wissen, ist das für über 100 Jahre alte Flachsräder nicht selbstverständlich.
Und mit einer Spindel _kann_ man theoretisch verschiedene Garnstärken produzieren, aber so richtig gut Masse produzieren kann man bei einer bestimmten Faservorbereitung nur wenn ein bestimmtes Garn dabei heraus kommen soll.

Moderne Räder hingegen bestechen dadurch, daß sie super flexibel sind, von Super Bulky ArtYarn zu Cobweb Lace sollen sie alles können und am besten auch noch robust und tragbar sein, für Anfänger und Fortgeschrittene alles bieten.
Ich denke, daß in diesem Bereich weiter getüftelt werden wird. Ob man die Spinntechnik an sich noch verbessern/verändern kann??
Aber z.B. den Spulenwechsel und den Flügelwechsel weiter optimieren, da geht bestimmt noch was. Zwirnvorrichtungen ausfeilen...