Schadet ölen den Kugellagern?

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wollgras
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Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von wollgras » 11.01.2014, 19:06

Ich habe mich hier durch etliche Beiträge zum Ölen gelesen, komme aber nicht weiter.

Der Anlass: ich könnte ein fast neues Lendrum mit Zubehör zum (fast) normalen Neupreis kaufen. Dieses Rad ist so in Deutschland nicht erhältlich, ich spare mir also Wartezeit, evtl. Zoll und andere mögliche Versandprobleme. Jedoch hat die Vorbesitzerin, die das Rad selbst erst seit ein paar Wochen besitzt, es "gut geölt", auch die Kugellager, diese allerdings wohl nur von außen.

Meine Fragen: kann das Ölen von Nachteil für die Lager sein (bei harzfreiem Öl)? Manche schreiben, dass Kugellager auf keinen Fall geölt werden dürfen. Muss ich deshalb mit Problemen rechnen?
Ich vermute, dass es sich um verkapselte (heißt das so?) Kugellager handelt. Kommt hier das Öl überhaupt hinein und kann Schaden anrichten?
Für Hinweise bin ich dankbar!
(Außerdem ist auch am Fast Flyer an einem Wirtel ein kleines Stück Holz angebrochen. Das wird noch geleimt und deshalb gibt es einen preislichen Abschlag).
Viele Grüße vom
wollgras

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DeJe
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Re: Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von DeJe » 11.01.2014, 20:54

Nein, normalerweise brauchst du dir da keine Gedanken machen. Allerdings ist die Frage, handelt es sich um abgedichtete Kugellager oder nicht!? Bei abgedichteten Kugellager bekommt man nur mit Gewalt Öl rein. ;) Außerdem sind diese im Normalfall dauergeschmiert.
Es würde mich wirklich wundern, wenn das Lendrum mit offenen KL ausgestattet wäre. Das wenig Öl richtet definitiv um Faktoren weniger Schaden an als die ganzen Wollfusseln die dann reinkommen... ;)

Davon ab, die Kugellager sind nicht wirklich der Bringer und kosten nicht die Welt. Wenn sie also in 5 Jahren defekt sind kann man sie problemlos für relativ kleines Geld tauschen.

Gruß,
DeJe
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Re: Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von spulenhalter » 11.01.2014, 22:32

Da schließe ich mich den Ausreden meines Vorredners voll an.

Ölen kein Problem, vielleicht oberhalb von 10 000 Umdrehungen, aber so schnell laufen die Spinnräder nicht. Und Kugellager sind leicht zu bekommen und zu wechseln.
Gruß Mathias

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Unmögliches erledigen wir sofort. Wunder, die dauern etwas länger

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Re: Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von wollwolff » 12.01.2014, 12:04

Hallo Ihr Lieben!

Kugelllager oder besser RILLENKUGELLLAGER werden in Massen hersgestellt und es gibt sie in mehreren Ausführungen
( hier der Beitrag nur über die Normallager, welche für Spinnrader eingesetzt werden).

Auf dem Kugellager steht eine Ziffer, z.B. 608 für ein D22/d8mm Lager oder 6000 für ein D26/d10mm Lager.
Das ist dann ein offenes Lager, man sieht die Kugeln im Käfig.

Dahinter steht dann eine Kennzeichnung: z.B. 608Z, das ist dann ein einseitig bzw. ZZ ein beidseitig mit einer STAUBDICHTSCHEIBE
abgedecktes Lager. Die Scheibe ist im Außenring des Lagers eingestemmt und zum Innenring verbleibt ein ca. 2/10 mm Luftspalt.

Durch diesen Spalt können Wollflusen rutschen und nur durch diesen Spalt dringt eine Ölangabe ein.

Prinzipiell sind alle ZZ - Lager mit einer Fettfüllung auf Lebzeit gefüllt. Bei Ölangabe wir das Fett verdünnt und über die eindringenden
Wollfasern eine Art Kitt ( Fett +Öl+ gequetschte Wolle) hergestellt, der seine Schmiereigenschaft dann nach und nach verliert und das
Lager dann letztlich zerstört.

Empfehle bei ZZ : Nicht ölen, Faserschmutz ( in Ringfom vor Spalt bildend) gelegentlich abreinigen mit Nadel und Bürste.

Eine andere Kennzeichnung ist RS bzw. 2 RS. Hier ist eine elastische Dichtscheibe außen im Ring eingestemmt und am Innenring
mit einer reibenden ringartigen Dichtlippe gasdicht dichtend.
Durch diesen RS Dichtring ist das Lager absolut wartungsfrei = Nicht ölen und auch nicht Wollfusseln entfernen.

Die RS- Lager sind etwas schwergängiger durch die Reibung.

Zur Qualität:
Alle preiswerten Rillenkugelager (RIKULA) sind qualitativ in der Gruppe mit gröberen Toleranzen usw. mit evtl. erhöhten Rollgeräusch angesiedelt. Es handelt sich nahezu ausschliesslich um Importware ( Fernost, Ural usw.). Der Einsatz in dynamisch
schlichten Apparaten ist durchaus i.O..

Markenrikula , z.B. FAG, NTN, INA, SKF u.v.a.m. haben enge Toleranzfelder und bestimmen eine erwartete Güte eines ruhigen belastbaren langen Lebens.

Zum Preis im Vergleich:

Importlager würden z.B. 1 Euro kosten, das gleichartige Markenlager aber dann 5x soviel.

Ein offenes Lage würde 1 Euro kosten, ein ZZ Lagen dafür dann 1,50, ein 2RS- Lager aber 3 Euro


Zum erwähnten Lendrum:

Die Marke ist im kanadschen / englischen Raum angesiedelt. Hier wird mit Inch, Zoll gearbeitet. Also vor Ersatzlagerkauf unbedingt beachten, ob die Lagermaße in Zoll sind und gründlich nachmessen.

LG Jürgen

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Re: Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von Erdrauch » 12.01.2014, 12:12

Hallo Wollwolff,

Deine fachlichen und auch für einen Laien verständlichen Ausführungen haben mich tief beeindruckt!
In Zukunft werde ich erst einmal diesen Post erneut durchlesen, bevor ich ein Kugellager irgendwo einbauen will.

Vielen, vielen Dank!

Gruß, Erdrauch

:gut: :gut: :gut:
Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Bertold Brecht

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Re: Schadet ölen den Kugellagern?

Beitrag von wollgras » 12.01.2014, 13:32

Vielen herzlichen Dank für Eure Ausführungen, sie haben mir sehr weitergeholfen!
Ich kann zwar keine Kugellager austauschen, oder zumindest habe ich es bisher nicht gemacht, aber es scheint ja nicht allzu schwer zu sein - vorausgesetzt, man hat das Wissen und das richtige Werkzeug dazu, und kann die passenden Lager besorgen. :D

Dann komme ich ja vielleicht doch bald zu dem Rad, um das ich seit vielen Monaten gedanklich herumschleiche.


(Hier gibt es gerade Internetprobleme, ich hoffe, ich fabriziere keinen Doppelpost)
Viele Grüße vom
wollgras

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